Mittwoch, 17. August 2022
Von Mutter Anna zu Mutter Maria
Bistum Speyer bietet zum dritten Mal in der Nacht auf Mariä Himmelfahrt eine Wallfahrt an
Spirituell und ziemlich sportlich: Am Vorabend von Mariä Himmelfahrt brechen rund 80 Pilger von der Annakapelle bei Burrweiler zu einer mehr als 30 Kilometer langen Wanderung auf. Ziel ist der Dom in Speyer, wo die Pilger am Pontifikalamt mit Bischof Karl-Heinz Wiesemann teilnehmen.
Der blutrote Mond ist gerade über dem Rheintal aufgegangen, als die Pilgergruppe nach dem Pilgersegen von Domkapitular Franz Vogelgesang aufbricht. Nur der Mond, der bald von Wolken bedeckt ist, und Taschenlampen beleuchten den steilen Abstieg.
In der Ebene legen die Pilger an Tempo zu, die Zeit vergeht wie im Flug. Bald ist der Bahnhof in Edesheim erreicht, wo es einen kleinen Impuls gibt, und weitere Pilger dazustoßen. In den Dörfern, an denen die Gruppe vorbeizieht, wird es ruhig. Schneller als gedacht kommt Freimersheim in Sicht, wo von zwei bis drei Uhr ausgiebig gerastet wird.
Auf dem Weiterweg nach Freisbach wird der Weg anspruchsvoller. Die Gespräche verstummen, die Pilger konzentrieren sich auf ihre Schritte und nehmen die Natur mit allen Sinnen wahr. Um 6 Uhr trifft die Gruppe in Harthausen ein. Dort gibt es Frühstück, liebevoll von Gemeindemitgliedern zubereitet. Die letzte Etappe bis nach Speyer nutzen viele noch einmal für intensive Gespräche.
Das ist auch einer der Gründe, warum Thomas Kirsch (57) aus Altlußheim so gerne pilgert: „Man trifft neue Leute, mit denen man über Gott und die Welt sprechen kann.“ Das Pilgern hat er während einer Zwangsauszeit im Job für sich entdeckt. 500 Kilometer auf dem Jakobsweg habe es gedauert, bis der Funke übergesprungen ist, aber dann war er vom Pilgerfieber infiziert.
Jeder Teilnehmer hat seine eigenen Beweggründe. Martina Burdack (40) aus Kirchheimbolanden war einfach neugierig, ob sie diese lange Tour schaffen würde. „Ich hatte keine konkrete Vorstellung“, sagt sie. Sie habe sich einfach darauf eingelassen und es nicht bereut. Eine Wiederholung könne sie sich vorstellen, dann aber mit weniger unnützem Gepäck.
Christian Müller (55) aus Speyer ist zum dritten Mal dabei. Anfangs sei er aus sportlichen Gründen mitgelaufen. Heute laufen er und sein Bruder für ihre Mutter, die im Hospiz liegt.
Peter Walter aus Dannstadt ist Pilger aus Leidenschaft und mit fast 80 Jahren ältester Teilnehmer. „Es hat mir letztes Mal gut gefallen, das ist mal was anderes“, sagt er. Weite Strecken schrecken ihn nicht. Am Morgen vor der Nachtwanderung war er schon 20 Kilometer wandern, erzählt er.
Jüngster in der Gruppe ist Simon Groß (13) aus Mannheim, der seinen Vater Peter (55) begleitet. „Ich wollte mit, weil ich Lust hatte“, sagt er und nein, müde sei er nicht.
Sylvia Guntermann aus Edenkoben ist heute 58 Jahre alt geworden und hat gerade ein Ständchen gesungen bekommen. „An meinem Geburtstag laufe ich immer zur Marienandacht nach St. Martin“, erzählt sie. Die Nachtwanderung habe sie jetzt gereizt, und sie ist glücklich, es geschafft zu haben, auch wenn ihr „ziemlich viel weh tut“ und sie sich mehr Pausen gewünscht hätte.
Peter Steiger aus Otterstadt macht die anstrengende Tour zum dritten Mal mit. „Das Bedürfnis nach Pilgern ist eben da“, sagt er, „und 30 Kilometer durch die Nacht zu laufen, hat schon einen Reiz. Besonders freut er sich, dass dieses Mal viele junge Leute dabei sind.
Auch Maria (63) und Klaus (61) Hoffelder aus Schifferstadt sind zum dritten Mal dabei. „Es ist schon sehr anstrengend“, geben die beiden zu. Aber auch beim dritten Mal habe die Tour ihren Zauber nicht verloren. Sie freuen sich auf den Einzug in den Dom durchs Hauptportal. „Das ist schon beeindruckend“, stellen sie fest.
Wenig später ist es dann auch so weit. Die Gruppe erreicht nach rund 34 Kilometern Wanderung den Dom. (Christine Kraus)