Donnerstag, 24. November 2022
Viel positive Resonanz

Die Reform des kirchlichen Arbeitsrechts führt zu weitreichenden Änderungen in katholischen Einrichtungen. (Foto: kna)
Katholische Bischöfe liberalisieren kirchliches Arbeitsrecht
Viele Mitarbeitende in katholischen Einrichtungen in Deutschland müssen ihrem Arbeitgeber künftig keine Rechenschaft mehr über die private Lebensführung ablegen. Die deutschen katholischen Bischöfe beschlossen am 22. November eine weitreichende Liberalisierung des kirchlichen Arbeitsrechts für die rund 800 000 Beschäftigten: Eine homosexuelle Partnerschaft oder eine zweite Ehe gelten demnach nicht mehr als Kündigungsgrund. Bislang sind weitgehend zustimmende Stimmen zu hören, aber auch einige kritische Rückfragen.
Die religionspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Lamya Kaddor, begrüßte einen „wichtigen Schritt hin zu einem inklusiven, fairen und zeitgemäßen Arbeitsrecht“, mahnte aber auch weitere Schritte der Gleichstellung von trans- und intergeschlechtlichen Mitarbeitenden an. Die religionspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Sandra Bubendorfer-Licht, sieht in der Reform ein „wichtiges und dringend notwendiges Signal“. Ihr Kollege Thomas Rachel (CDU) sprach von einem „Fortschritt“ und „mehr Rechtssicherheit“.
Die Caritas als größter katholischer Arbeitgeber sieht einen „Paradigmenwechsel“ und lobte längst überfällige Reformen. Von einem „überfälligen Schritt“ sprach auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) bezeichnete die Reform als „Meilenstein“: „Nun muss niemand mehr seine sexuelle Identität verstecken.“ Zugleich forderten die drei Organisationen eine zügige Umsetzung der neuen Grundordnung.
Zwar hat die Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) die Neuordnung mit erforderlicher Mehrheit beschlossen. Die konkrete Umsetzung jedoch obliegt den Ortsbischöfen in den 27 Diözesen. „Die spannende Frage ist natürlich, ob die neue Grundordnung in allen Diözesen umgesetzt wird“, kommentierte so auch der Berliner Theologe Georg Essen auf Twitter.
Aus einigen Bistümern kamen dazu bereits Rückmeldungen. In Münster, Trier, Paderborn, Aachen und Hamburg etwa sollen die neuen Bestimmungen zügig in Kraft treten. Andernorts fällt die Reaktion verhaltener aus. Das Erzbistum Köln erklärte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), den Beschluss und dessen konkrete Umsetzung zunächst prüfen zu wollen.
Schon bei der letzten Reform des Arbeitsrechts 2015 gab es weitgehende Zustimmung unter den Bischöfen, jedoch auch einige Gegenstimmen. So hatten die Bischöfe von Eichstätt, Passau und Regensburg die Neuordnung zunächst, anders als in den übrigen 24 deutschen Diözesen, nicht umgesetzt.
Verhalten äußerte sich die Initiative #OutIn-Church, die die öffentliche Debatte um das kirchliche Arbeitsrecht zu Jahresbeginn maßgeblich angestoßen hatte. Die Neuordnung sei „bestenfalls ein Teilerfolg“, sagte Rainer Teuber, Leiter der Museumspädagogik und des Besucherservices am Domschatz Essen sowie Mitorganisator von #OutInChurch. Zwar werde vielfältige sexuelle Identität nicht mehr als Kündigungsgrund angesehen, zugleich spreche der Text aber weiterhin von einem binären Modell von Mann und Frau. Auch die kirchenfeindliche Betätigung, die künftig einzig als Kündigungsgrund gelten soll, sei offen für Interpretationen, so Teuber. Gerade für Mitarbeitende im pastoralen Dienst blieben Rechtsunsicherheiten bestehen. „Ich hätte mir mehr Mut gewünscht“, sagte er. (kna)