Redaktion der pilger

Dienstag, 08. Juli 2025

Kirche und Corona-Pandemie: Kaum Aufarbeitung

Ein Gottesdienst in Pandemie-Zeiten im Speyerer Dom (2020). Bilder: pilger-Archiv, Landry

Waren die Kirchen während der Corona-Pandemie auf Tauchstation? Eine intensive Debatte hat bislang nicht stattgefunden. Falls der Bundestag eine Enquetekommission beschließt, könnte das Thema wieder aktuell werden.

Kontaktlose Weihwasserspender und berührungsfreie Opferstöcke: Was ist in den Kirchen von der Corona-Pandemie geblieben, die allein in Deutschland mehr als 180.000 Tote gefordert hat? Bei Bischofskonferenz, Bistümern oder Landeskirchen hat es kaum eine gezielte öffentliche Aufarbeitung gegeben. Doch das Thema könnte wieder aktuell werden, wenn der Bundestag am Donnerstag eine Enquetekommission beschließt.

Fest steht: Die Kirchen waren stark betroffen: Ihre Gotteshäuser und Schulen, Krankenhäuser und Altenheime waren potenzielle Hotspots von Infektionen und zugleich zentrale Ziele staatlicher Coronamaßnahmen. Jesu Verheißung "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind..." war nicht so einfach zu befolgen.

Zugleich standen Glauben und Werte auf dem Prüfstand: Haben sich die Kirchen für weltweite Gerechtigkeit eingesetzt, etwa bei Impfstoffen? Gab es religiösen Trost bei massenhaftem Tod, Krankheit und Einsamkeit? Wurden Sakramente, Gottesdienste und Seelsorge als hilfreich empfunden? War Impfen eine moralische Pflicht, wie die katholischen Bischöfe erklärten? Die Frage, ob die Kirchen "systemrelevant" waren, wurde schon während der Corona-Phase heiß diskutiert.

Erwartungen an Religion gering

Die Erwartungen an Kirchen und Religion waren offenbar relativ gering. Laut dem im März 2023 veröffentlichten Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung setzten die Bundesbürger vor allem auf Familie (90 Prozent) und Wissenschaft (85 Prozent). Religion hingegen war nur für weniger als ein Drittel der Befragten wichtig. Allerdings führte der Glaube zu sozialem Handeln. So gaben drei Viertel der Befragten an, sich während der Pandemie mehr für andere engagiert zu haben. Religiöse Menschen waren überproportional häufig vertreten.

Die Zahl der Gottesdienstbesucher ging während der Pandemie - auch wegen ausfallender Messfeiern und Vorsichtsmaßnahen - deutlich zurück - und ist seitdem nur langsam wieder angestiegen. Der Religionssoziologe Detlef Pollack glaubt aber nicht, dass die Zahlen von vor der Pandemie wieder erreicht werden. "Die Menschen haben an vielen Stellen erlebt, dass sie viele Dinge, die sie über Jahre hinweg gemacht haben, gar nicht so sehr brauchen."

Ein Rückblick

Im Frühjahr 2020 ging Deutschland in den Lockdown. Am 22. März 2020 traten bundesweit Kontaktverbote in Kraft. Alle Bundesländer bis auf NRW verboten öffentliche Gottesdienste; die NRW-Landesregierung setzte auf Absprachen mit den Religionsgemeinschaften, die dann von sich aus auf die Zusammenkünfte verzichten. Ausgerechnet in der Karwoche und an den Ostertagen (5. bis 11. April 2020), also den höchsten christlichen Feiertagen, fielen öffentliche Gottesdienste aus. Viele Gotteshäuser blieben geschlossen.

Wurden strenge Auflagen anfangs klaglos akzeptiert, entwickelte sich schon bald eine Debatte darüber, ob die Kirchen solche Grundrechtseinschränkungen einfach hinnehmen sollten. "Wir werden dafür Sorge tragen, dass kein Leben gefährdet ist", versicherte einerseits der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. Wie er drängte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, aber die Politik schon bald zu Öffnungen.

Es waren Einzelpersonen, die juristisch gegen die Gottesdienstverbote vorgingen und den Kirchenleitungen vorwarfen, sich dem Staat gebeugt zu haben. Im April 2020 war es dann das Bundesverfassungsgericht, das Gottesdienstverbote als einen schweren Eingriff in das Grundrecht der Religionsfreiheit bezeichnete. Sie müssten befristet sein und ständig auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft werden. Wenig später betonte Karlsruhe, Gottesdienste dürften nicht pauschal verboten werden, wenn hohe Sicherheitsanforderungen erfüllt würden.

Vorschläge der Bischöfe

Am 17. April 2020 präsentierte die Bischofskonferenz dem Bundesinnenministerium Vorschläge für die Wiederzulassung von religiösen Zusammenkünften und skizzierte Sicherheitsmaßnahmen. Am 30. April einigen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten darauf, dass Gottesdienste unter strengen Auflagen wieder stattfinden könnten.

Das vorsichtig-tastende Vorgehen der Kirchen blieb umstritten. Rückblickend führt Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa im KNA-Interview das Agieren von Bistümern und Gemeinden auch auf die Erfahrungen mit der Missbrauchskrise zurück. Was wäre gewesen, wenn die Kirchen sich systematisch über die staatlichen Abstandsregeln hinweggesetzt hätten, fragte sie zurückschauend. Wenn ein Gottesdienst zum Super-Spreader-Ereignis mit Todesfällen geworden wäre? "Das gesellschaftliche Verständnis wäre wohl nicht sehr groß gewesen."

Auch Peter Frey, damals ZDF-Chefredakteur und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, erklärte im Februar 2021, die unzureichende Aufarbeitung der Missbrauchsfälle und ein Status unter quasi permanentem Verdacht hätten die Handlungsfähigkeit der Kirchen eingeschränkt. Deshalb habe man sich der Politik weithin gebeugt.

Kirchen auf Tauchstation?

Insgesamt beschrieb der Journalist eine Kirche, die auf Tauchstation gegangen sei: "Eine Kirche der geschlossenen Türen gab wenig Hilfe, wenig Begleitung", analysierte er. Auch seien die Bischöfe kaum mit eigenen Positionen hör- oder und sichtbar gewesen, etwa in Talkshows. Andererseits hätten kirchliche Kitas, Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser und Beratungsstellen der Gesellschaft geholfen, die Krise zu überstehen, betonte Frey. Schärfer formulierte es die ehemalige Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU). Die evangelische Theologin warf den Kirchen Versagen vor. "Die Kirche hat in dieser Zeit Hunderttausende Menschen allein gelassen. Kranke, Einsame, Alte, Sterbende." Auch Kristina Schröder, CDU-Politikerin und ehemalige Bundesfamilienministerin, kritisierte, dass die Kirchen damals zu wenig benannt hätten, was die staatlich angeordneten Schutzmaßnahmen für die Sterbenden, die alten Menschen in Heimen, die Kinder und Jugendlichen bedeutet hätten.

Große Kreativität

Der Trierer katholische Bischof Stephan Ackermann widersprach: Viele Haupt- und Ehrenamtliche hätten sich "mit großer Kreativität" bemüht, in Kontakt mit Gläubigen zu bleiben. Auch die ehemalige Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz, Schwester Katharina Kluitmann, betonte im Februar 2025 im Kölner Domradio: "Ich habe unglaublich viel christliches Engagement gesehen bei Menschen, die niemals von sich selbst sagen würden, dass sie Christen sind." (Christop Arens, kna)

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