Redaktion der pilger

Mittwoch, 08. Oktober 2025

Alte Schrift, neue Nähe: Was Opas Briefe heute erzählen

Inzwischen können immer weniger Menschen problemlos Sütterlin lesen. Foto: gopixa/AdobeStock.com

Wer versucht, Handschriften aus dem Familiennachlass zu lesen, steht oft vor einem Rätsel. Denn unsere Vorfahren haben in alter deutscher Schrift geschrieben. Fachleute helfen - und decken zuweilen Unbekanntes auf.

Wo genau war Uropa im Krieg stationiert? Wie lautet der Mädchenname der Großtante? Wie haben sich Omas Eltern kennengelernt? Wer in die eigene Familiengeschichte einsteigen will, muss häufig eine Hürde überwinden: Viele Dokumente aus der Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg sind in einer alten deutschen Schreibschrift verfasst.

Ihr bekanntester Vertreter ist Sütterlin, eine Variante der sogenannten Kurrentschrift. Wer nicht Geschichte studiert hat, kann die in der Regel kaum lesen. Hilfe gibt es in Kurrentübersetzungsbüros oder Sütterlinschreibstuben, wo Fachleute alte Handschriften entziffern - oft kostenlos.

Zum Beispiel in Dortmund. Jeden ersten Dienstag im Monat bietet das Westfälische Schulmuseum eine "Sprechstunde für alte deutsche Schreibschriften". Die Besucherinnen und Besucher kämen mit ganz unterschiedlichen Sachen, sagt Museumsleiter Michael Dückershoff: alten Poesiealben, Feldpostbriefen aus den beiden Weltkriegen, Geburtsurkunden, Kochrezepten.

Alte Briefe erzählen von der Liebe
Immer wieder übersetzen die Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen auch Liebesbriefe. Eine Frau brachte zum Beispiel aus dem Nachlass ihrer Eltern fünf Briefe ihres Vaters an ihre Mutter mit, wie Dückershoff berichtet.

Im Zweiten Weltkrieg seien deutsche Frauen aufgerufen gewesen, den Soldaten an der Front zu schreiben. So sei eine Brieffreundschaft zwischen den beiden entstanden, die auch hielt, als der Vater in Kriegsgefangenschaft war. Persönlich lernten sie sich erst kennen, als er wieder in Freiheit war, und heirateten schließlich.

Dass ihre Eltern sich über das Briefeschreiben angenähert hatten, habe die Besucherin gar nicht gewusst, sagt der Museumsleiter. Fünf Briefe des Vaters übersetzten er und sein Team im Schulmuseum. Das habe zwar länger als die halbe Stunde gedauert, die sie sich normalerweise pro Person Zeit nehmen. An dem Tag sei aber wenig los gewesen.
Nazis schafften deutsche Schriften ab

Auch bei handfesten Rechtsfragen konnte die Sprechstunde schon helfen - etwa wenn bei einem Grundstücksstreit die aktuellste Verkaufsurkunde aus dem 19. Jahrhundert stammt. Vor der Erfindung und Verbreitung der Schreibmaschine sei in den Amtsstuben alles per Hand geschrieben worden, sagt Dückershoff: und zwar in Kurrentschrift. 1911 wurde Sütterlin als vereinfachte Variante entwickelt, um Kindern das Schreibenlernen zu erleichtern.

Nur 30 Jahre später schafften die Nazis die deutschen Schriften ab, diffamierten sie als "Juden-Lettern" und verbreiteten das lateinische Schriftsystem. Vermutlich sollte so sichergestellt werden, dass die Menschen in den besetzten Kriegsgebieten ihre Anweisungen lesen konnten. Viele junge Soldaten verfassten ihre persönliche Korrespondenz trotzdem in der Schrift, die sie als Kinder gelernt hatten.

Übersetzungsdienste gibt es auch online
Nach dem Krieg kam Sütterlin zurück - zumindest ansatzweise. Bis in die 1960er-Jahre hinein lernten Mädchen und Jungen an vielen Schulen neben der lateinischen wieder die alte deutsche Schreibschrift, jedoch eher als Schönschreibübung denn für den Alltag. So auch Dückershoff. Der 62-Jährige und sein Team lesen ihre Übersetzungen während der Sprechstunde vor. Die Besucherinnen und Besucher müssen sich selbst Notizen machen. Mit nach Hause nehmen dürfen sie zudem ein Alphabet in Kurrentschrift - so können sie sich noch einmal selbst ans Entziffern wagen.

Solche Alphabete sind auch online leicht zu finden. Wer Uromas Tagebuch trotzdem nicht zu entschlüsseln weiß, kann sich zum Beispiel an die Sütterlinstube Hamburg wenden. Gegen eine freiwillige Spende übersetzen Ehrenamtliche alte Schriftstücke, die bequem online eingereicht werden können. Eine weitere Möglichkeit sind Internetplattformen und Apps, wie etwa die von "Transkribus". Mitglieder in der dahinter stehenden Genossenschaft sind vor allem Universitäten und wissenschaftliche Einrichtungen, aber auch das Bistum Passau. (Anita Hirschbeck, KNA)

Internet: www.suetterlinstube.org

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