Mittwoch, 27. Mai 2015
Auf dem Weg der Ökumene

Mit Hoffnungen verbunden: Bischof Karl-Heinz Wiesemann und Kirchenpräsident Christian Schad unterzeichnen den „Leitfaden für das ökumenische Miteinander im Bistum Speyer und in der Evangelischen Kirche der Pfalz“. Foto: Landry
Speyerer Kirchentag endet mit Unterzeichnung des Ökumenischen Leitfadens
Einmalig in Deutschland: Zum ersten Mal haben ein katholisches Bistum und eine evangelische Landeskirche einen gemeinsamen Leitfaden zur Ökumene erstellt. Er wurde zum Abschluss des Ökumenischen Pfälzer Kirchentags (ÖKT) am Pfingstsonntag von dem Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann und dem pfälzischen Kirchenpräsidenten Christian Schad unterzeichnet. Zuvor hatten 22000 Christen in Speyer zwei Tage lang fröhlich sich, ihre Kirchen und ihren Glauben gefeiert.
Für die Besucher standen fast 200 Angebote bereit: Gottesdienste, Kurzpredigten, Musik, Tanz, Theater, Jugendprogramm und Diskussionen. Auf der Kirchenmeile in der Speyerer Innenstadt stellten auch karitative und diakonische Einrichtungen sowie andere kirchliche Dienste ihre Arbeit vor. Das schöne Pfingstwetter begünstigte die heitere und gelöste Stimmung. Katholiken und Protestanten kamen ebenso miteinander ins Gespräch wie Christen mit Kirchendistanzierten.
„Unglaublich, was unsere Kirchen alles zu bieten haben“, sagte ein Kirchentagsbesucher angesichts des vielfältigen Angebots auf der Kirchenmeile zwischen dem Speyerer Dom und der Gedächtniskirche der Protestation. Doch er fügte auch hinzu: „Es ist traurig, dass sich im täglichen Leben immer weniger Menschen für die Kirchen und den christlichen Glauben interessieren.“
Beim Abschlussgottesdienst mit etwa 4000 Besuchern im Domgarten sprach Kirchenpräsident Schad – auch auf dem Hintergrund dieser und ähnlicher Erfahrung – von einem „großen Gemeinschaftserlebnis“, aus dem die Christen Kraft schöpfen könnten für die Ökumene vor Ort. Er ermutigte die Besucher, am Pfingstmontag in ökumenischer Verbundenheit weiter zu feiern.
In zahlreichen Orten geschah das auch. Etwa in Ludwigshafen. Hier verteilten im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes Dekan Alban Meißner und seine evangelische Amtskollegin Dekanin Barbara Kohlstruck an Vertreterinnen und Vertreter aller Ludwigshafener Gemeinden „Eine Ökumenische Rahmenvereinbarung“, die den Ökumenischen Leitfaden herunterbricht auf die regionale Ebene.
Das Kirchentagsmotto „Aufstehen zum Leben“ werde ökumenisch Weiterwirken, wenn Christen immer wieder von neuem aufeinander zugingen, so Kirchenpräsident Schad. Und Bischof Wiesemann unterstrich: „Der Weg unserer Kirchen in die Zukunft muss durch und durch ökumenisch geprägt sein. Nur so können wir als Christen in unserer Welt glaubwürdig bleiben.“ Der ökumenische Kirchentag habe geholfen, Verständnisschwierigkeiten zwischen den beteiligten Konfessionen und zwischen kirchlich Engagierten und eher Fernstehenden zu beheben.
Dass in der Ökumene jedoch noch ein weiter Weg vor den christlichen Kirchen liegt, machte während des Speyerer Kirchentages Kardinal Karl Lehmann deutlich. Er nannte „drei Brennpunkte“: Das Fehlen vollwertiger gemeinsamer Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen, die kirchliche Anerkennung und seelsorgliche Begleitung konfessionsverschiedener Ehen sowie die fehlende gegenseitige Einladung zum evangelischen Abendmahl und zur katholischen Eucharistie.
Eine nüchterne Analyse. Das bewegende gemeinsame Familienfest der Christen über Pfingsten in Speyer war jedoch ein Signal gegen jede Resignation. Bischof Wiesemann verwies auf die im gemeinsamen Glauben an Jesus Christus begründeten geistlichen Grundlagen als verbindendes und tragendes Fundament. Dass neues Interesse am spirituellen Reichtum der Kirchen wächst, zeigte nicht zuletzt die große Resonanz auf die „Exerzitien im Alltag“, mit denen sich zwischen Ostern und Pfingsten rund 800 Christen aus allen Teilen von Bistum und Evangelischer Kirche der Pfalz auf den Ökumenischen Kirchentag vorbereitet hatten. Für viele war dies ein tiefes Erlebnis. Auch beim Kirchentag selbst fanden die spirituellen Angebote großen Zuspruch – nicht nur die Taizéandachten in der Krypta des Domes.
In vielen Diskussionen und Gesprächen wurde deutlich, dass die Kirchen durch viele gesellschaftliche, politische und wissenschaftliche Entwicklungen herausgefordert werden. Der Ökumenische Kirchentag versuchte zumindest punktuell Antworten zu geben – in Veranstaltungen zur weltweiten Gerechtigskeitsfrage, zum Klimawandel, zur Gestaltung der Arbeitswelt. Eine große Rolle bei dem Christentreffen spielte auch die Flüchtlingsarbeit. Diese Arbeit sei eine Chance für die Kirchen, zusammenzuarbeiten, um wirklich helfen zu können, sagte Pastor Jochen Wagner, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) der Region Südwest, die den Kirchentag zusammen mit Bistum und Landeskirche veranstaltet hat. Kirchenpräsident Schad forderte den Staat auf, die Asylverfahren zu erleichtern und zu beschleunigen. Bischof Wiesemann sagte, die Kirchen müssten zusammenstehen, um ein deutliches Signal für eine Willkommenskultur in Deutschland zu setzen. (Norbert Rönn/epd)
Herzlicher Dank!
Der Ökumenische Kirchentag in Speyer ist zu Ende. Was wir in diesen Tagen an Gemeinschaft erlebt haben, kann und soll uns zur Kraftquelle werden für die Ökumene vor Ort. Das Kirchentagsmotto „Aufstehen zum Leben“ wird ökumenisch weiterwirken, wenn wir immer wieder von Neuem aufstehen – und aufeinander zugehen.
Dass wir diesen Ökumenischen Kirchentag miteinander feiern konnten, verdanken wir vielen Menschen. Ein herzliches „Dankeschön“ sprechen wir allen aus, die sich vielfältig engagiert haben und mitgeholfen haben, dass dieses Glaubensfest gelingen konnte.
Kirchenpräsident Christian Schad,
Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann und
Pastor Dr. Jochen Wagner für die ACK