Mittwoch, 30. Juli 2025
Ein behutsamer Reformer
Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann wird am 1. August 65 Jahre alt
In seinem Bischofswappen trägt er die Harfe von König David, der sie zum Gotteslob spielte. Karl-Heinz Wiesemann ist ein Mann der leisen Töne. Der Speyerer Bischof will die Menschen zusammenführen in einer lauten Zeit, in der sich immer mehr von ihnen von den Kirchen abwenden. Dabei versteht er sich als Suchender, der neue Wege erprobt, um den christlichen Glauben in die Zukunft zu tragen. Am 1. August wird der gebürtige Ostwestfale, der seit 2008 an der Spitze des Bistums Speyer steht, 65 Jahre alt.
Wiesemann, der in Herford geboren wurde, ist ein nachdenklicher und ausgleichender Oberhirte, der konsequent an seiner Vision von Kirche arbeitet. Diese müsse „ein Segensort für die Menschen“ sein, sagt der Bischof, der die Verantwortung für rund 437000 katholische Christinnen und Christen in der Pfalz und Saarpfalz trägt. Gottesdienste, neue Gemeindeformen sowie Bildungs- und sozial-karitative Angebote könnten deren Leben bereichern.
Die Menschen will der Bischof für ein Mitmachen in der Kirche gewinnen. „Vielen von ihnen liegt das Christentum am Herzen“, sagt er. Als 96. Bischof von Speyer - einem der ältesten deutschen Bistümer mit dem Kaiserdom als Unesco-Welterbe - steht Wiesemann in einer mehr als 1500 Jahre langen Tradition. Nach mehreren beruflichen Stationen in seinem Erzbistum Paderborn ernannte ihn Papst Benedikt XVI. Ende 2007 zum Nachfolger von Bischof Anton Schlembach. Mit 47 Jahren war er damals Deutschlands jüngster Ortsbischof.
In der katholischen Deutschen Bischofskonferenz erweist sich Wiesemann als ein bedächtiger Reformer, der versucht, zwischen Konservativen und Modernisierern zu vermitteln. Ohne Kompromisse werde dies nicht gehen, ist er überzeugt. Er war „Jugendbischof“, leitete den Vorsitz der Glaubenskommission. Seit 2021 ist er stellvertretender Vorsitzender der Liturgie-Kommission und Mitglied der Ökumene-Kommission.
Deutlich bezieht der Speyerer Bischof Position - und wird für seine offene und den Menschen zugewandte Art geschätzt. Er sprach sich für die Zulassung verheirateter Priester in der katholischen Kirche aus und ermöglichte die Segnung von homosexuellen Paaren und wiederverheirateten Geschiedenen in seinem Bistum. Auch begrüßt er die immer drängenderen Rufe in seiner Kirche nach Frauen im Priesteramt. Vor allem will Wiesemann die Aufklärung von sexuellem Missbrauch vorantreiben. Das Ausmaß des Skandals griff ihn an - sieben Monate lang nahm er 2021 krankheitsbedingt eine Auszeit.
Wiesemann ist ein Fürsprecher der katholischen Reformbewegung „Synodaler Weg“. Die Beteiligung von Laien auch in Leitungspositionen sei unabdingbar, betont der Bischof, der in seinem Bistum die Zahl von 346 Pfarreien auf 70 reduzierte. Eine „geistliche Kultur der Synodalität“ müsse sich entwickeln, auch um mehr Eigeninitiativen in den Kirchengemeinden zu ermöglichen.
In pfälzisch-liberaler Tradition ist Wiesemann ein Ökumeniker, der das Zusammenwachsen der Kirchen fördert. Sechs Jahre lang leitete er die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) auf Bundesebene. Er würdigt, dass das Bistum Speyer und die Evangelische Kirche der Pfalz sich partnerschaftlich immer mehr vernetzen, etwa in der Notfall- und Krankenhausseelsorge oder der Hospizarbeit. Gemeinsam mit der pfälzischen Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst sprach er sich mehrfach gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus aus.
Die Kirchen müssten „das Gemeinsame in die Welt“ tragen - Synergien nutzen und nicht das Trennende betonen. „Christentum ist immer universal“, sagt Wiesemann, „wir dürfen nicht nur im eigenen 'Club' denken.“ Die Pfälzer lösten Probleme gerne bei einem „Schoppen Wein“, führt er an. Dabei gelte ganz vorbildlich: „Wir werden es irgendwie hinbekommen.“ (Alexander Lang, epd)