Redaktion der pilger

Donnerstag, 14. November 2013

Blick auf ein großes Lebenswerk

Der heilige Bernhard kniet vor dem Marienaltar: Farbstudie von 1848 aus der Werkstatt von Johann Baptist Schraudolph für das Fresko in der oberen Zone der Ostwand des Nordquerhauses im Speyerer Dom. Foto: Domschatz im Historischen Museum der Pfalz; Peter Haag-Kirchner

Historisches Museum der Pfalz zeigt Entwürfe der Dom-Fresken

Zweifellos sind sie sein großes Lebenswerk: Die Fresken im Dom zu Speyer, mit denen Johann Baptist Schraudolph Mitte des 19. Jahrhunderts das romanische Gotteshaus ausmalte. Über sie wurde vor allem in letzter Zeit immer wieder gesprochen und geschrieben, auch gestritten. Hier nun stehen sie einmal nicht im Mittelpunkt, und doch geht es um sie: Das Historische Museum der Pfalz in Speyer zeigt derzeit in einer kleinen, aber exquisiten Ausstellung eine mehr als repräsentative Auswahl von Entwürfen zur Ausmalung des Domes – rund 70 Bleistiftzeichnungen und Ölgemälde von den insgesamt 160 Studien zu den großen Fresken. Sie sind zum ersten Mal seit 80 Jahren wieder einmal öffentlich zu sehen – und zwar noch bis 9. Februar des nächsten Jahres.
Zum Hintergrund: König Ludwig I. von Bayern ließ von 1846 bis 1853 den Dom zu Speyer durch den Historienmaler Johann Baptist Schraudolph und den Ornamentmaler Joseph Anton Schwarzmann „ausmalen“. Einerseits verfolgte der König damit ein politisches Ziel, den Dom als Symbol der Einheit des Reiches zu etablieren und das monarchische Prinzip zu befestigen, andererseits wollte er den Glauben des Volkes beleben und stärken. Letzteres war auch Absicht des Bischofs von Speyer Nikolaus von Weis, der mit seinen engsten Vertrauten Konrad Reither und Wilhelm Molitor das theologische Bildprogramm entwickelte.
Die Dom-Fresken stießen zunächst auf Zustimmung, aber bald auch auf Ablehnung als oberflächlich, naiv, kitschig, vor allem – so ein Hauptargument der Kritiker – zerstörte die Flut von Bildern und Ornamenten die Wirkung des Innenraums der romanischen Kathedrale, ganz zu schweigen von den heftigen Eingriffen in die Bausubstanz. In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde dann die Ausmalung entfernt. Lediglich die 24 Fresken des so genannten Marien-Zyklus blieben erhalten. Acht Bilder aus dem Querhaus – die vom Erzmärtyrer Stephanus, von Papst Stephanus und von Bernhard von Clairvaux – sowie die Marienkrönung der Apsis wurden abgenommen. Sie sind jetzt im Kaisersaal des Domes zu sehen.
Bis zur Fertigstellung der Fresken an den Wänden des Dom-Innenraumes war es ein langer Prozess: Nachdem das Bildprogramm festgelegt war, wurden Skizzen und Vorzeichnungen angefertigt, dann endgültige Entwürfe in Form von Ölgemälden, die bereits einen fertigen Eindruck der späteren Fresken wiedergaben. Im Wesentlichen waren die ersten Skizzen die Arbeit von Johann Baptist Schraudolph, während für die Ausfertigung der Farbentwürfe und vor allem der Fresken ein ganzer Stab von Mitarbeitern tätig war. Die Entwürfe wurden dem Bischof und dem König vorgelegt, die auch hin und wieder Änderungen anordneten.
Einen tiefen Einblick in diesen Prozess bietet jetzt die interessante und gut präsentierte Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz. Vor allem wird nicht nur die Entstehung des „nackten“ Bildes gezeigt, sondern – zumindest bei einigen – die gesamte Komposition mit der Ornamentik, den beigeordneten Heiligen und gegebenenfalls den Inschriften. Sehr schön ist dies zu sehen bei einigen Doppelbildnissen aus dem Marien-Zyklus und aus der Bernhards-Reihe. Unter den Entwürfen befinden sich auch zahlreiche Bilder der zerstörten Fresken, so viele Darstellungen von Heiligen, die beiden Bilder von der Vision Bernhards und der Steinigung des Stephanus sowie die Bilder in der Vierungskuppel mit dem biblischen Opferszenen und im Vierungsturm mit den vier Evangelisten.     
Die Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz leistet einen wichtigen Beitrag zur neuen Sicht und differenzierteren Bewertung nicht nur der Ausmalung des Speyerer Doms, sondern dieses Kunststils überhaupt, als Zeugnis von Kunst und Frömmigkeit des 19. Jahrhunderts. Außerdem vervollständigt sie den Blick auf die Bilder, die im Dom erhalten sind. Johann Baptist Schraudolph selbst hatte verfügt, dass die Entwürfe allesamt in Speyer verbleiben sollten, „damit, wenn seiner Zeit ein Wandgemälde beschädigt werden sollte, dasselbe nach dem Carton und der Farbenskizze wieder hergestellt werden könnte.“ Dass nur 100 Jahre später sein Lebenswerk nahezu ganz zerstört würde, daran dachte Johann Baptist Schraudolph nicht einmal in seinen schlimmsten Träumen.
Sicher würde heute damit wesentlich behutsamer umgegangen werden, ein solcher  „Bildersturm“ wäre nicht mehr möglich, der Respekt vor dem malerischen Können und vor allem vor diesem großen Zeugnis von religiöser Kunst und Frömmigkeit würde dies verhindern. Deshalb ist es um so besser und notwendiger, dass heute eine Neubesinnung und Neubewertung stattfindet, die letztendlich zu einer größeren Achtung vor diesem Werk führt. Die sehenswerte Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz ist ein höchst beachtlicher Beitrag dazu. (kh)

Die Ausstellung „Johann Baptist Schraudolph.
Die Entwürfe zur Ausmalung des Speyerer Doms“
ist noch bis zum 9. Februar 2014 zu sehen
im Historischen Museum der Pfalz,
Domplatz 4, 67346 Speyer.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr.
Eintritt: 7 Euro, ermäßigt 5 Euro;
Katalogbuch: 12,90 Euro.
Telefon Besucherservice 06232/620222;
Internet: www.museum.speyer.de

 

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