Mittwoch, 27. August 2025
Verpflichtende Musterung - freiwilliger Dienst an der Waffe
Regierung legt Gesetzentwurf für die Wehrdienstreform vor
Junge Männer in Deutschland könnten bald wieder zur Musterung einberufen werden, allerdings ohne Pflicht zum Wehrdienst. Einen entsprechenden Gesetzentwurf brachte die Bundesregierung an diesem Mittwoch auf den Weg. Bereits ab nächstem Jahr soll in Anlehnung an das in Schweden praktizierte Modell an alle jungen Männer und Frauen ein Fragebogen versandt werden. Männer müssen ihn ausfüllen, für Frauen ist das freiwillig. Abgefragt werden soll dabei das Interesse am Dienst in der Bundeswehr. Geeignete Kandidaten und Kandidatinnen werden dann zur Musterung eingeladen.
Ab 2028 sollen alle 18-jährigen Männer zu einer verpflichtenden Musterung - auch wenn sie sich nicht für den freiwilligen Wehrdienst entscheiden. Ziel ist es nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium, eine Einschätzung über die gesundheitliche Eignung deutscher Männer im wehrfähigen Alter zu erstellen. Im Spannungs- oder Verteidigungsfall würde die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht nach aktueller Rechtslage ohnehin automatisch wieder in Kraft treten. Damit könnten alle wehrfähigen Männer zwischen 18 und 60 Jahren eingezogen werden, sofern sie den Kriegsdienst nicht verweigert haben.
Pistorius: Aufwuchs der Bundeswehr nötig
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bezeichnete den Gesetzentwurf zur Einführung eines neuen Wehrdienstes als „Riesenschritt nach vorne“. Nach der Kabinettssitzung sagte er, der Gesetzentwurf mache deutlich, dass ein Aufwuchs der Bundeswehr notwendig sei. Jeder aus der jungen Generation werde sich anders als bislang entscheiden müssen, was er zur Sicherheit seines Landes beitragen wolle. Die Debatten, die es in den Familien, an den Arbeitsplätzen, in den Schulen und in den Universitäten geben werde, seien gewollt und seien notwendig.
Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, André Wüstner, mahnte eine ehrliche Debatte um das Thema Wehrpflicht an. Dem Sender Phoenix sagte er, „wir dürfen den Menschen im Land nicht suggerieren, der Aufwuchs geht freiwillig“. Sowohl in der Bundeswehr als auch in großen Teilen der Wissenschaft sei man überzeugt, dass es allein mit Freiwilligkeit nicht gelingen werde, den notwendigen Aufwuchs bis auf mindestens 260 000 Soldatinnen und Soldaten hinzubekommen. Deswegen, so Wüstner, „werden wir in den nächsten Monaten und vielleicht auch im nächsten Jahr noch harte Debatten um das Thema Pflichtdienst führen“.
Unterdessen fordern Sozialverbände in der Debatte um einen freiwilligen Wehrdienst einen breiteren gesellschaftlichen Dialog. Ein Dienst in einem Altenheim oder einem Krankenhaus sei ein ebenso sicherheitsrelevanter Dienst wie der an der Waffe, erklärte etwa Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. Deutschland brauche eine „Gesamtresilienzstrategie“ gegen das herrschende Unsicherheitsgefühl.
Pflichtjahr für ausländische Jugendliche
Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter regte zudem an, einen gesellschaftlichen Pflichtdienst insbesondere für ausländische Jugendliche attraktiver zu machen. „Ein Anreiz könnte sein, nach so einem Dienst die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten“, sagte Kiesewetter dem Nachrichtensender Welt TV. Gleichzeitig könne ein Gesellschaftsjahr die Integration der jungen Menschen fördern. Für den Wehrdienst müsse hingegen die bereits erlangte deutsche
Staatsbürgerschaft die Voraussetzung bleiben, so Kiesewetter. (Birgit Wilke, kna)