Freitag, 17. Juni 2022
Müde, aber tatkräftig

Der Rollstuhl gehört jetzt zu seinem Alltag: Papst Franziskus, hier im Gespräch mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Petr Fiala. (Foto: imago/ZUMA Press)
Woher die Gerüchte um einen Rücktritt des Papstes kommen
Es gibt einige Anzeichen für einen Rücktritt von Franziskus. Unklar bleibt, was sie wirklich bedeuten. Braut sich im Vatikan etwas zusammen? Plant Papst Franziskus seinen Rücktritt? Geht es ihm gesundheitlich so schlecht, dass er sein Amt nicht mehr ausfüllen kann und will?
Während einige Insider das Gerücht streuen, weisen es andere Vatikanjournalisten zurück. „Totaler Schwachsinn“, erklärt ein langjähriger Korrespondent.
Doch woher kommt das Gerücht, und warum gerade jetzt? Da ist zunächst die Gesundheit des 85-jährigen Papstes. Sein rechtes Knie schmerzt. So sehr, dass er die meisten Termine im Rollstuhl absolviert. Aus dem „launenhaften Knie“, wie er es nannte, scheint ein Dauerzustand geworden zu sein. Auch sonst wirkt er teils müder und weniger präsent als früher. Er kann den Menschen nicht mehr so nahe kommen, sie umarmen und herzen.
Was nicht fehlt, ist Tatendrang. Ende Juli will Franziskus nach Kanada reisen, im September nach Kasachstan. Er wäre nicht der erste Papst, der im Rollstuhl reist. Seine für Anfang Juli geplante Afrika-Reise dagegen wurde wegen seiner Knieprobleme verschoben; auf wann, ist noch offen.
21 neue Kardinäle
Und woran entzündet sich das Gerücht noch? An Kardinälen. Nach langem Warten hat Franziskus Ende Juni 21 neue Kardinäle ernannt, darunter 16 zum Stichtag jünger als 80 und damit stimmberechtigt bei der nächsten Papstwahl. Das ist per se nicht ungewöhnlich. Zumal durch Todesfälle die Anzahl der päpstlichen Senatoren erheblich geschrumpft war. Doch wider Erwarten soll das Konsistorium nicht am Hochfest Peter und Paul, dem klassischen Datum 29. Juni, sondern Ende August stattfinden. Warum? Vielleicht liegt es schlicht an einem sehr vollen Papstprogramm im Juli. Die Afrika-Reise startet am 2. Juli. Und nach zwei Jahren Pandemie wollen viele Kardinäle persönlich zum Konsistorium anreisen. Auch das braucht Vorplanung.
Dann wäre da noch die Kurienreform als Spekulationsobjekt. Überraschend veröffentlichte Franziskus am 19. März die zu Beginn seiner Amtszeit angekündigte Reform. Bis heute, obwohl die Reform seit Pfingsten in Kraft ist, liegen keine Übersetzungen des Dokuments vor. Und das Ganze muss auch noch in eine neue offizielle Kurienordnung überführt werden. Abgeschlossen ist das Reformprojekt also noch nicht.
Und für die Spekulanten gibt es ein weiteres Element: Der Papst fährt am 28. August nach L‘Aquila. Dort nimmt er an der traditionsreichen Ablass-Wallfahrt teil. Sie geht auf Coelestin V. zurück. Der war der erste Papst, der freiwillig zurücktrat. (Anna Mertens)