Redaktion der pilger

Dienstag, 30. November 2021

Eine neue Zeit der Liebe

Pieter Bruegel der Ältere, 1556: Die Predigt Johannes des Täufers (Ausschnitt eines Öl-Gemäldes auf Eichenholz, 95 mal 160,5 Zentimeter), heute im Szépmüvészeti-Museum in Budapest. (Foto: Wikimedia Commons/gemeinfrei)

Johannes ist der Prophet an der Schwelle

Es wird erzählt, dass Johannes aus der Wüste kam. Es war genau im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius; Pontius Pilatus war Statthalter von Judäa, Herodes Tetrarch von Galiläa, sein Bruder Philippus Tetrarch von Ituräa und der Trachonitis, und Lysanias Tetrarch von Abilene. Es war damals, als Hannas und Kajaphas Hohepriester waren. Genau zu diesem Zeitpunkt – der wohl sehr wichtig war, sonst hätte Lukas es nicht so hervorgehoben – kam Johannes, der später Täufer genannt wurde, aus der Wüste.
Er hatte einen Auftrag erhalten. JHWH hatte ihn gerufen. Ihn, den Sohn von Elisabeth, der Cousine Marias, der Mutter Jesu, und von Zacharias, einem Priester. JHWH hatte etwas mit ihm vor. Es waren seltsame Zeiten damals. Die Menschen waren beunruhigt, Wanderprediger malten apokalyptische Bilder, Angst ging um und Verunsicherung. Fast so wie heute. Die einen sagten, die Welt gehe unter, die anderen warteten sehnlichst auf den Messias. Es wehte ein Wind des Umbruchs, des Aufbruchs, eine neue Zeit stand bevor.

Vielleicht, weil ihm das alles zu viel wurde, er von diesem ganzen Endzeitgerede und Naherwartungsgesäusel Ruhe brauchte, ging Johannes in die Wüste. Manchmal braucht man eine Wüstenzeit, eine stille Zeit, um Gott hören zu können. Und Johannes hatte den Ruf JHWHs gehört. Und als Prophet, der letzte seiner Art, machte er sich auf mit dem Wort eines alten Kollegen im Ohr. Mit dem Wort Jesajas: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden. Und alle Menschen werden das Heil Gottes schauen (Jes 40, 3–10).

Es war ein ungeheuerliches Wort. Alles sollte gut werden. Die ganze Unsicherheit ein Ende nehmen. Alle Menschen sollten Gottes Heil sehen und er konnte etwas dafür tun.
Aber was konnte er tun? Johannes kannte nicht nur die ungeheuerlich hoffnungsvollen Trostworte der Propheten, sondern er kannte auch ihr Gerichtsworte. Ja, JHWH war schon immer ein Gott, der abrechnete. Der streng ins Gericht ging mit seinem Volk. Auch wenn er es immer wieder versprochen hatte, nicht mehr so streng zu sein. Aber das Volk, sein Volk, die Israeliten, taten sich auch schwer mit der Freiheit, die er ihnen geschenkt hatte.

Johannes war in diesem System aufgewachsen, er kannte die alten Geschichten, er wusste um die Gesetze und versuchte sich daran zu halten. Also hielt er an den alten Überzeugungen fest: Umkehr und Buße tun, war das, was half, war das, was Gott besänftigte.

Es ist wohl sehr menschlich, sich an alten Gewohnheiten festzuhalten, nicht loslassen wollen, sich daran zu klammern. Weil das alte System (noch) funktioniert, noch trägt, noch Stabilität liefert, vielleicht auch bequem ist, weil man weiß, wie man sich zu verhalten hat.  

Johannes kam also aus der Wüste mit beschwingtem Schritt. Er ahnte, Gott hatte Großes vor, aber er wusste nicht so recht was. Dennoch war er voll Zuversicht, dass es alles gut werden würde. Und er taufte die Taufe der Umkehr zur Vergebung. Und er fing an, den Weg zu bereiten, den Weg zu ebnen, für den der kommen sollte.

Johannes wusste: Es ist ungeheuerlich! Alle Menschen werden das Heil Gottes schauen! Und zwar gleich, was vorher war, gleich was sie verbrochen oder nicht verbrochen haben. Allen wird, durch den der kommen wird, das Heil zukommen! Jeder und jede wird bedingungslos, ohne Bedingungen – einfach so – geliebt werden! Gott straft nicht mehr, er liebt! Er lässt eine neue Zeit anbrechen.

Johannes mag es geahnt haben. Obwohl noch in der alten Zeit verhaftet, war ihm klar: Mit dem, der nach mir kommt, kommt eine neue Zeit. Eine Zeit der Liebe. Und der Anfang dieser Zeit ist JETZT. Hier und heute. Überall dort, wo ich spüre: Ich bin geliebt – einfach so! (Betina Reichmann)

 

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