Redaktion der pilger

Donnerstag, 10. August 2023

Neue Schritte wagen

Sturm auf dem See, ein Bild für die Kirche heute: Auch sie befindet sich in aufgewühlten Gewässern. Da braucht es neue Wege und mutige Schritte. Und ein abgrundtiefes Vertrauen auf Jesus Christus, der immer bei der Kirche ist. (Foto: AdobeStock/James)

Die Lage der Kirche verlangt Vertrauen und Mut

„Jesus ging auf dem See.“ Eines der liebsten Motive in Jesus-Filmen. Sogar die Verfilmung des „Da-Vinci-Codes“ spielt darauf an. In Tabga, wo die Brotvermehrung verortet wird, finden wir Steine im Wasser, die darauf hindeuten, dass Jesus dort über den See gegangen ist.

Auf der anderen Seite ist der Gang über den See auch Anlass zum Zweifel bis hin zum Spott. Dass so etwas von Jesus behauptet wird, zeige doch, dass an den Wundern nichts dran sein kann. Dass Jesus über das Wasser ging, kann ja wohl nicht stimmen.

Ist die Frage, ob Jesus über Wasser gehen konnte, tatsächlich die Pointe dieser Erzählung? Geht es da nicht um etwas ganz Anderes?

Ausgangspunkt ist, dass Jesus sich von seinen Jüngern trennt. Er schickt sie mit dem Boot voraus ans andere Ufer des Sees. Er sucht auf einem Berg einen Moment der Einsamkeit und des Gebets. Die Jünger sind allein auf dem See unterwegs und Gegenwind wirft das Boot hin und her. Jesus kommt ihnen entgegen, aber sie erkennen ihn zunächst nicht und halten ihn für ein Gespenst. Sie schreien vor Angst. Jesus mahnt sie mit der Zusage, die Gott immer wieder gegeben hat: Fürchtet euch nicht. Petrus will Vertrauen haben und auch auf dem Wasser gehen, aber dann überfällt ihn doch die Angst und er droht unterzugehen.

Die Themen, die hier auftauchen sind spannend: Gegenwind, Angst, Untergang, Vertrauen. Die Jünger sind auf dieser Fahrt auf sich allein gestellt. Es ist praktisch eine Vorwegnahme der Situation nach Tod, Auferstehung und Himmelfahrt Jesu. Sie sollen in einer feindlichen Umwelt ihren Glauben an den Auferstandenen verkünden. Sie erfahren eine Menge Gegenwind sowohl von Seiten der jüdischen Oberschicht als auch von den Römern, sie erleiden Verfolgung, müssen um ihr Leben fürchten. Auch sie schwanken zwischen Vertrauen und Angst. Sie glauben zwar an Jesu Zusage, dass er bei ihnen ist, aber nicht immer ist seine Gegenwart so einfach zu erkennen.

Boot oder Schiff ist auch ein uraltes Sinnbild für die Kirche. Nicht umsonst bestehen unsere Kirchengebäude aus „Schiffen“ und wir singen „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt.“

Im Moment erfahren wir als Kirche viel Gegenwind. Auf der einen Seite ist die Gesellschaft säkular geworden und Verbindungen zwischen Kirche und Staat werden in Frage gestellt. Auf der anderen Seite ist die Glaubwürdigkeit der Kirche nicht zuletzt durch den Umgang mit dem Missbrauch an Schutzbefohlenen stark erschüttert.

Diese Situation ist sicher nicht so dramatisch wie die der ersten Christen, die vom Märtyrertod bedroht waren. Trotzdem nehme ich eine Angst wahr, dass die Kirche – zumindest in der bisherigen Form – untergehen könnte.

Wie gehen wir damit um? Lässt uns die Angst am Althergebrachten festhalten oder gehen wir mutig neue Wege? Wagen wir uns – um mit dem Bild unseres Bibeltextes zu sprechen – aufs Wasser hinaus?

Ich bin noch im letzten Jahrhundert aufgewachsen und geprägt von der Theologie des Zweiten Vatikanischen Konzils. Kinder und Jugendliche des 21. Jahrhunderts zu unterrichten, ist eine Herausforderung. Ich merke im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern, dass auch für mich moderne Texte weit weg sind von ihrer Realität. Noch weiter weg von ihnen sind biblische Texte. Um sie mit ihnen vertraut zu machen, muss ich eine große Übersetzungsarbeit leisten. Fragen, über die wir innerkirchlich diskutieren, sind für sie schon lange erledigt. Und zwar für Schülerinnen und Schüler, die den Religionsunterricht – und nicht Ethik – gewählt haben. Sie haben trotzdem Fragen, auf die sie aus dem christlichen Glauben eine Antwort suchen.

Ihre Themen sind: Umweltzerstörung und Klimawandel, Krieg und Frieden, Zusammenleben der Religionen, Umgang mit Geflüchteten. Diese Themen befinden sich im Schnittfeld von Kirche und Gesellschaft. Da kann es auch schon mal Gegenwind von der Politik geben, z.B. wenn abgelehnte Geflüchtete durch Kirchenasyl vor der Abschiebung gerettet werden. Oder, wenn ein Jesuit durch Gesetzesübertretung gegen Lebensmittelverschwendung protestiert. Oder, wenn der Papst sich um eine diplomatische Lösung im Ukrainekrieg bemüht.

Das sind nur einige Beispiele, wie Menschen sich aufgrund ihres Glaubens aufs „Wasser“ gewagt haben und dabei vielleicht belächelt oder sogar angefeindet wurden. Aber das macht sie glaubwürdig, weil sie sich für christliche Werte eingesetzt haben. Und für sie selbst war es vielleicht Jesus, der ihnen in dem abgelehnten Geflüchteten, den in seiner Heimat ein ungewisses Schicksal erwartete, begegnet ist.

Der Text hat am Ende aber noch eine andere Pointe: Das Bekenntnis zu Jesus als dem Sohn Gottes. Ist er das, weil er über das Wasser laufen konnte? Doch eher nicht. Es geht hier nicht um ein Kunststück, das Jesus vollbringt, um seine Gottessohnschaft zu beweisen. So einen Beweis hat er ja in der Versuchungsgeschichte schon abgelehnt.

Er ist der Sohn Gottes, weil er Angst in Vertrauen verwandeln kann. Weil er uns in den Stürmen des eigenen Lebens, aber auch in dem politischen und gesellschaftlichen Wandel Halt geben kann. In diesem Vertrauen dürfen wir auch das verlassen, was wir als sicheres Boot betrachten und uns den Herausforderungen in Kirche und Gesellschaft stellen. (Dr. Monika Bossung-Winkler)

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