Montag, 23. Oktober 2023
Uneins über Abtreibung

Blick ins Strafgesetzbuch: Die Bundesregierung will den Paragrafen 218 zum Schwangerschaftsabbruch neu regeln. (Foto: kna/Harald Oppitz)
Evangelische und katholische Kirche zur rechtlichen Neuregelung
Die Bundesregierung will Abtreibung außerhalb des Strafrechts neu regeln. Die Kirchen sollen sich dazu äußern. Von evangelischer Seite gibt es verhaltene Zustimmung.
Die Kirchen in Deutschland positionieren sich unterschiedlich zur geplanten Neuregelung der Abtreibung. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hält es für denkbar, Abtreibungen unter bestimmten Bedingungen außerhalb des Strafrechts zu regeln. Eine „vollständige Entkriminalisierung“ sei allerdings nicht vertretbar, heißt es in einer Stellungnahme. Eine Kommission der Bundesregierung mit Fachleuten aus Medizin, Recht und Ethik hatte Kirchen und Verbände aufgefordert, Stellungnahmen abzugeben.
Laut Paragraf 218 im Strafgesetzbuch ist ein Schwangerschaftsabbruch derzeit grundsätzlich rechtswidrig. Er bleibt jedoch straffrei, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die schwangere Frau sich zuvor beraten lassen.
Der EKD-Rat spricht sich nun dafür aus, dass es weiter eine verpflichtende Beratung geben soll. Die geltende Regelung übertrage die Verantwortung für den Schutz des ungeborenen Lebens vor allem an die Frau, so der Rat weiter. Besser wäre aus dessen Sicht eine „Verantwortung, die Staat und Gesellschaft in diesem Zusammenhang“ übernehmen müssten. So sehr der Schutzstatus des werdenden Lebens bereits ab dem Zeitpunkt der Empfängnis beginne, erscheine es fragwürdig, „ihm zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft mit Mitteln des Strafrechts Geltung zu verschaffen“.
EKD: Schutzpflicht nimmt kontinuierlich zu
Das Lebensrecht des Ungeborenen und die Schutzpflicht ihm gegenüber nähmen während der Schwangerschaft kontinuierlich zu, so das Papier weiter. Die Frage sei, ob und wie sich dies in Fristen mit unterschiedlichen Sanktionen niederschlagen könne.
Anders argumentieren der Sozialdienst katholischer Frauen und die Caritas. Die bisherige Regelung sichere wirksam die Selbstbestimmung der Frau, heißt es. Beides – Selbstbestimmung sowie Schutz des ungeborenen Lebens – gelinge ohne die Gefahr, dass der Wunsch der Frau kriminalisiert werde. Eine grundsätzliche Legalisierung des Abbruchs innerhalb einer bestimmten Frist würde die Balance zulasten des Lebensrechts der Ungeborenen verschieben.
Die Bischofskonferenz erklärte, ihre eigene Stellungnahme sei noch in Vorbereitung. Die Debatte müsse angesichts des sensiblen Themas sorgfältig geführt werden. Es sei aber nicht einsichtig, „dass eine außerstrafrechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs das verfassungsrechtlich garantierte Lebensrecht des ungeborenen Kindes in gleicher Weise oder besser schützen soll als die gegenwärtige Regelung“. kna