Redaktion der pilger

Donnerstag, 20. März 2014

Es werde Licht!

Elektrische Alltagsgegenstände aus dem letzten Jahrhundert zeigt die Sonderausstellung im Mannheimer Technoseum. Foto: Bleyer

Ausstellung zur Elektrifizierung im Mannheimer Technoseum

Ganz hinten in zwei Vitrinen, da tummeln sich die Kuriositäten. Ein Krawattenbügler zum Beispiel oder ein von innen beleuchtetes Stopfei – erfunden von Konrad Adenauer. Daneben steht ein Rauchverzehrer, der nikotinbelastete Wohnzimmer von Rauch befreien soll. Oder wie wär's mit einem Bierwärmer? Für alle, die ihr Pils lieber warm als kalt trinken... Es sind ziemlich skurrile und bizarre Erfindungen, die man in den beiden Vitrinen sieht. Und doch sind sie alle einmal hergestellt worden. Heute sind es bloß noch Relikte einer vergangenen Zeit, im Mannheimer Technoseum sind sie derzeit ausgestellt. Sie bilden den Abschluss der Sonderausstellung „Die Sammlung 2: Der elektrische Haushalt“.
Damit setzt das Museum das Konzept der Sammlungspräsentationen fort, das vor drei Jahren mit „Die Sammlung. 1001 Objekte zum Hören und Sehen“ begann. Der Anlass: Die meisten der 170000 Gegenstände, die das Museum besitzt, sind nicht in der ständigen Ausstellung zu sehen, sondern werden im Depot verwahrt. Einige davon werden nach und nach den Besuchern zugänglich gemacht. Über 1600 Dinge zum Thema Elektrifizierung, die irgendwann zwischen 1900 und der Gegenwart produziert wurden, sind nun akkurat in einer großen Halle platziert – sie sollen Einblicke in den Zeitgeist geben und den stetig wachsenden Wohlstand widerspiegeln. „Außerdem wollen wir Stolpersteine für die Erinnerung legen“, erzählt Museumsdirektor Hartwig Lüdtke. „Mancher wird sich beim Durchlaufen denken: Genau so was stand auch bei Oma und Opa.“
Dafür muss man nicht einmal weit gehen: Direkt am Anfang der Ausstellung wird das Gedächtnis auf eine erste Probe gestellt. Nichtelektrische Haushaltsgeräte stehen ihren elektrischen Nachfolgern gegenüber. Auf der linken Seite ein Zinkzuber, ein Kohleofen und ein Waschbrett, auf der rechten eine Badewanne mit Warmwasserboiler, ein Elektroherd und eine Waschmaschine. Je nach Alter der Besucher sind sogar beide Szenen Stolpersteine für die Erinnerung. „Hier wird bereits deutlich, wie sehr elektrische Haushaltsgeräte unseren Alltag maßgeblich erleichtert haben“, erläutert Sammlungsleiter Thomas Kosche. „Das Reinigen und Pflegen der Wäsche war ohne strombetriebene Helfer eine der anstrengendsten Hausarbeiten.“
Was sich im Zeitalter des Internets wie eine Geschichte aus grauer Vergangenheit anhört, ist noch gar nicht allzu lange her. Denn obwohl bereits 1910 die ersten Haushalte in Berlin ans Stromnetz angeschlossen wurden, breiteten sich die elektrischen Helfer erst zwischen 1950 und 1970 flächendeckend aus.
Ventilatoren, Staubsauger, Rasierapparate, Haartrockner – all das zeigt das Technoseum ordentlich nach Kategorien sortiert und chronologisch aufgereiht. So kann der Besucher an einer anderen Stelle die Entwicklung des Wäschetrockners zurückverfolgen. Je weiter er in der Zeit zurückgeht, desto weniger erinnert das, was da steht, an einen Trockner im heutigen Sinne. Irgendwann stößt er schließlich auf ein Gebilde, das gut als überdimensionierter Suppentopf durchgehen könnte.
Solche „Aha“-Erlebnisse sind es, die der Ausstellung ihren Reiz verleihen – und die vielen Gegenstände, die den Geist mit auf eine Reise nehmen, eine Reise durch die Zeit. Kaffeemaschinen und Mixer in knalligem Orange oder Grün erinnern an die 70er Jahre, die Haartrockner ein paar Regale weiter an die 50er. Sperrige Röhrenfernseher stehen da und altmodische Lampen. Dann sind da noch so genannte Kombi-Geräte: „Wenn man schon Geld ausgab, dann sollte das Produkt auch möglichst viel können“, erklärt Kosche. „So gab es zum Beispiel einen Staubsauger, der auch als Fön fungierte.“
In einem Glasschrank gegenüber von Herden und Backöfen finden sich deren Spielzeugpendants – wohl gemerkt voll elektrisch. „Komm back mit mir“ steht auf einer Schachtel, ein blondes Mädchen lächelt. „Diese Spielzeuge wurden mit 220 Volt betrieben und waren teilweise nicht abgesichert“, so der Sammlungsleiter „Da konnte ein Kind einen mittelschweren Schlag bekommen.“ In den 70er Jahren wurden solche Miniaturbacköfen verboten.
Auf halbem Weg durch die Ausstellung laden Sofas zu einer Pause ein. Auf einer Leinwand laufen zum Teil Werbespots aus längst vergangenen Zeiten. Allzu lang wird aber nicht pausiert, schließlich liegt noch ein Stück der Ausstellung vor den Besuchern. Und ganz am Ende warten ja die beiden Vitrinen mit den Kuriositäten. (red)

Die Sonderausstellung „Die Sammlung 2: Der elektrische Haushalt“ ist bis zum 27. Juli im Mannheimer Technoseum zu sehen (Museumsstraße 1). Kostenlose öffentliche Führungen gibt es jeden ersten Freitag im Monat, ansonsten nach Vereinbarung. Das Museum ist täglich von 9 Uhr bis 17 Uhr geöffnet.
Weitere Infos unter www.technoseum.de

 

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