Donnerstag, 04. September 2014
„Ein Wein, der der Würde des Sakraments entspricht“
Auch in der Pfalz werden edle Tropfen für die Feier der heiligen Messe angebaut
Bereits im Jahr 1976 verabschiedeten die deutschen Bischöfe die „Verordnung über den Gebrauch von Wein bei der Eucharistiefeier (Messwein)“. Denn nichts ist der Kirche so kostbar wie der Leib und das Blut Christi. Für die Feier der Eucharistie sollten Brot und Wein in einer Qualität verwendet werden, die der Heiligkeit des Sakramentes entspricht. Ausgehend von der Grundordnung des Römischen Messbuchs hatten die Bischöfe die Voraussetzung, nach der „der Wein für die Eucharistiefeier vom Gewächs des Weinstockes“ (vgl. Lk 22,18) stammen muss, präzisiert. Der Wein musste unvermischt sein, er sollte ohne Beimischung von Fremdstoffen auskommen.
Jetzt hob der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz die Verordnung wieder auf. Der Grund überrascht: Das deutsche Lebensmittelrecht sei mittlerweile genauso streng wie die damalige kirchliche Verordnung. Die Bischöfe betonen: „Die besagte kirchliche Verordnung ist hinfällig und wird hiermit aufgehoben. Einer Approbation einzelner Messweinlieferanten bedarf es daher künftig nicht mehr.“ Die Priester werden allerdings stärker in die Pflicht genommen. Sie sollen „weiterhin gewissenhaft dafür Sorge tragen, dass bei der Feier der Eucharistie ein Wein verwendet wird, der mindestens den Anforderungen eines Qualitätsweines (nach deutschem Weinrecht) genügt und so der Würde des Sakramentes entspricht.“
Messwein von kirchlichen Weinlagen
Im Bistum Speyer wird seit langem auf die besondere Qualität des Messweines geachtet. Wein wird über eine eigene Stiftung sogar selbst angebaut. „Die Pfarrpfründestiftung des Bistums Speyer verfügt über rund 200 Hektar Weinbergsflächen, verstreut über den weinbaufähigen Bereich des Bistums“, erklärt Benjamin Schmitt, im Bischöflichen Ordinariat zuständig für die Liegenschaften. Die Stiftung, deren Erträge für die Besoldung der Pfarrer verwendet wird, unterliegt der Aufsicht des Bischofs. Größere Weinbergsbestände finden sich entlang der Deutschen Weinstraße im Bereich der Mittelhaardt in Deidesheim, Ruppertsberg, Forst und Diedesfeld, im Bereich der Südpfalz beispielsweise in Burrweiler oder Weyher oder in Essingen und Walsheim.
Einen eigenen „Messwein“ baute die Winzergenossenschaft Herxheim am Berg im Jahr 2012 aus. Der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft, Thomas Vogel, sagt: „Ein Mitglied unserer Genossenschaft ist Pächter der Weinanlage im Rappengarten. Für den Ausbau des trockenen Weißburgunder Kabinett sind daher wir zuständig.“ Knapp 2000 Liter brachte die Lese. Der Wein stieß auf große Nachfrage. „Mittlerweile haben wir nur noch wenige Flaschen“, informiert Vogel – und verspricht: „Wir wollen in diesem Jahr weitermachen, hoffen allerdings, dass uns Mitglieder der örtlichen Kirchengemeinde bei der Lese unterstützen.“ Die im Jahr 1937 aus wirtschaftlicher Not gegründete Winzergenossenschaft Herxheim am Berg hat heute 75 Mitglieder mit einer Rebfläche von 190 Hektar.
Früher Rotwein – heute Weißwein
Die liturgischen Vorschriften sagen nichts über die Farbe des Weines aus. „In der katholischen Kirche geht der Trend unserer Erfahrung nach zu Weißweinen“, so der Geschäftsführer der Herxheimer Winzergenossenschaft weiter. Über viele Jahrhunderte verwendeten die Priester allerdings ausschließlich Rotweine, um damit das Blut Christi zu symbolisieren. Die Ostkirche hält bis heute am Rotwein fest. Papst Sixtus IV. ließ im Jahr 1478 zum ersten Mal das Abendmahl mit einem Weißwein zu. Das hat vor allem praktische Gründe. Die Kelchreinigung ist bei Weißwein wesentlich einfacher, Rotweinflecken auf Altartüchern kann es nicht mehr geben. Im Dom wählt der Dompfarrer den Messwein aus, informiert Markus Herr, Leiter der Pressestelle des Bistums. Zurzeit stammt dieser vom Weingut Valentin Ziegler in Weyher, ein Grauburgunder Kabinett trocken von 2012. Das Weingut liefert seit über zehn Jahren den Messwein für den Dom. Von ihm stammt auch der Domwein zur Unterstützung des Gotteshauses. Zieglers Weine zeichnen sich durch „Aroma, Lebendigkeit, Mineralität“ aus. Der bei den Gottesdiensten verwendete Wein aus der Lage „Hainfelder Letten“ wurde mit der Silbernen Kammerpreismünze ausgezeichnet.
„Der Betrieb ist gut drauf, fasste Stefan Hilz, Leiter des Weinbauamtes Neustadt an der Weinstraße, seine Einschätzung des Weinguts Valentin Ziegler Sohn zusammen. Auch von den Kennern des Gault & Millau gab es in diesem Jahr überschwänglich Lob für das edle Weingut: „Offensichtlich kann es Georg Meier gar nicht schnell genug nach oben gehen. Zumindest scheint er sehr penibel an seinen Weinen zu arbeiten. Vor allem mit Riesling gelingen ihm erneut sehr gute Ergebnisse. Die Bodenunterschiede zwischen Buntsandstein, Rotliegendem und Granit sind nachvollziehbar herausgearbeitet“, heißt es dort.
Grauburgunder mit Bistumsbezug
Die Wahl eines Grauburgunders in der Domstadt Speyer ist dabei kein Zufall. Die Weißweinrebe Grauburgunder hat ihren Ursprung zwar in Burgund. Ein Speyerer trug jedoch viel zu ihrer Verbreitung bei: Der Kaufmann Johann Seger Ruland entdeckte im Jahr 1711 in einem Garten die Rebe mit ihrer eigenartigen Beerenfarbe. Die Trauben des nach ihm benannten „Ruländer“ – so die offizielle Bezeichnung laut Bundessortenamt – haben eine rötlich bis rot gefärbte Haut. Dennoch werden sie den weißen Sorten zugeordnet. Wahrscheinlich entstand der Ruländer durch eine Mutation der Knospen aus dem blauen Burgunder. Ruländer gehören heute zu den Spitzengewächsen, insbesondere bei den Prädikatsstufen Spätlese und Auslese. Sein Aroma erinnert an Melone, Birne, Ananas, Holunderblüte oder Honig. War die Traubenlese früh, wird der Wein spritzig. Reift die Traube länger, profitieren die Weine durch Ausdruckskraft hinsichtlich Aroma und Körper.
Ebenfalls in Speyer ansässig ist die Ruländer-Akademie. Deren Präsident Helmut-Peter Koch betont eine historische Entwicklung: „Unter Ruländer wird oft noch die lieblich ausgebaute Variante der Weine der Ruländerrebe verstanden, während man ihre trocken ausgebauten Weine Grauburgunder oder Grauer Burgunder nennt. Nach geltendem Weinrecht kann man aber auch den trocken ausgebauten Wein als Ruländer bezeichnen.“
Kirrweiler lässt alte Tradition leben
Eine alte Gewohnheit mit Grauburgunder lassen die Winzer aus Kirrweiler in der Südpfalz seit mittlerweile vier Jahren wieder aufleben. Historisch korrekt mit Pferden und Fuhrwerk liefern sie einmal im Jahr symbolisch eine Fuhre mit Wein, jahrhundertelang die Steuer des Ortes mit heute 2100 Einwohnern, in Speyer an. Kirrweiler ist die ehemalige Sommerresidenz der Fürstbischöfe von Speyer. In ihren Mauern befand sich das Bischöfliche Oberamt mit einem großzügigen Wasserschloss. Die Idee, den Weinzehnt symbolisch wieder aufleben zu lassen, hatte Kirrweilers Ortsbürgermeister Rolf Metzger aus Anlass des Domweihejubiläums 2011. Bischof Dr. Wiesemann freute sich über das Geschenk: „Der neue Weinzehnt ist ein schönes Zeichen der alten Verbundenheit. Da wir von diesem Wein auch verschenken, wird der Weinort Kirrweiler damit noch bekannter.“ Ausgewählt wird der Kirrweilerer Weinzehnt durch eine Blindverkostung. In diesem Jahr kam ein prämierter Grauburgunder aus dem Weingut Ralf Anton zum Zug. (Stefan Köpf)