Freitag, 13. August 2010
Große Risiken, aber sie wollen weiter bohren
Im Golf von Mexiko: Die größte Erdöl-Katastrophe wird schön geredet
Hundert Tage lang ist im Golf von Mexiko Erdöl ins Meer geschossen. 800 Millionen Liter sollen es gewesen sein. Genau weiß das niemand. Jetzt scheint das Loch geschlossen zu sein, das durch eine Explosion in 1500 Metern Meerestiefe unter einer Bohr-Station entstanden war. Und schon wird die größte Erdöl-Katastrophe schön geredet: Alles nicht so schlimm; Glück im Unglück. Solche Sprüche hören wir von der US-Regierung und vom Verursacher, dem Erdöl-Konzern BP.
In Wirklichkeit besteht die Katastrophe fort: Küstenstreifen sind von verklumptem Öl verschmutzt; große Teile des Wassers im Golf sind verseucht; viele Menschen haben ihre Existenzgrundlage verloren; die Folgen für das hochsensible Ökosystem im Golf sind noch nicht abzuschätzen; die Region leidet unter einer Ölpest, von der weder Politiker noch Wissenschaftler ahnen können, wie sie sich entwickeln wird.
Hinter dem Schönreden steht die in den USA außerordentlich einflussreiche (weil finanzstarke) Erdöl-Lobby, die ihr Geschäft nicht durch schlechte Nachrichten gefährden lassen möchte. Sie macht ihren ganzen (Wahlkampf-) Einfluss geltend. Die Milliarden Dollar, die BP zur Bekämpfung der Katastrophe und für Entschädigungen ausgeben musste, sind anscheinend zu verschmerzen; der Profit war vorher groß genug. Hauptsache das Geschäft läuft weiter. Ungeachtet der Gefahren, die sich durch Bohrungen in großer Tiefe ergeben, hat BP schon neue Felder im Blick: Gleich neben der Unglücksstelle im Golf von Mexiko, im Mittelmeer und im Nordmeer vor Alaska.
Die Konzern-Manager sagen, der Erdöl-Durst sei nun einmal weltweit sehr groß. Deshalb müsse weiter gebohrt werden. Die Wahrheit ist: Sie benutzen diesen Durst, um ihre Sucht nach Profit zu befriedigen. Dafür setzen sie sich über alle Sorgen um die Zukunft der Menschheit hinweg. Die Versorgung der Welt mit Energie, die nicht vom Erdöl abhängig wäre, könnte viel weiter sein, wenn das Geld, das für hochgefährliche Tiefsee-Bohrungen und für die Bekämpfung von Katastrophen ausgegeben wird, in die Erforschung erneuerbarer Energie investiert würde. Von den Erdöl-Konzernen ist ein solches Engagement jedoch nicht zu erwarten. Sie wollen weiter nach Geld bohren – egal was dabei kaputt geht. Der ungebändigte Kapitalismus ist zur Gefahr geworden. Er muss weltweit gebändigt werden – wegen der Menschen weltweit. Die Politik ist herausgefordert – noch einmal: wegen der Menschen und wegen der Erde, auf der wir Menschen leben.
(Rudolf Bauer)