Redaktion der pilger

Donnerstag, 09. Juni 2011

Kroatien gehört zu Europa

Besuch in Kroatien: Hunderttausende Menschen jubelten Papst Benedikt XVI. zu. Fotos: KNA

Papst Benedikt XVI. wurde bei seinem Besuch in Kroatien begeistert empfangen

So ist in Kroatien in den vergangenen Jahren selten über Europa gesprochen worden: Nicht auf Mindeststandards, die für einen EU-Beitritt erreicht werden müssen, ging Benedikt XVI. in seiner Predigt vor rund 400000 Menschen am 5. Juni ein. Vielmehr sprach der Papst auf dem Gelände der Pferderennbahn von Zagreb über grundlegende Wertvorstellungen, die die kroatischen Katholiken seit jeher prägen und die in dieser Form nicht im Brüsseler Kriterienkatalog vorgegeben werden: den Schutz und die Wertschätzung der Familie. Leider breite sich insbesondere in Europa eine Säkularisierung aus, die zu einer Ausgrenzung Gottes und einer zunehmenden Auflösung der Familie führe, sagte Benedikt XVI.

Der Erste Nationale Familientag der kroatischen Katholiken war der offizielle Anlass der zweitägigen Papstreise. Bestimmendes Thema in der öffentlichen Debatte war jedoch zuvor der EU-Beitritt. In der Tradition seines Vorgängers Johannes Paul II. (1978–2005), der zu den entschiedensten Befürwortern eines EU-Beitritt Kroatiens gehörte, hatte der Papst schon auf dem Flug nach Zagreb bekräftigt, dass dieser Schritt „logisch, richtig und notwendig“ sei.

Seine Begrüßungsansprache auf dem Flughafen dürfte Balsam für die Seele der Kroaten gewesen sein. Die Botschaft: Kroatien sei mehr als nur der Nachhilfeschüler der EU-Kommission, und Europa mehr als nur eine politische und wirtschaftliche Interessengemeinschaft. „Von Anfang an gehört ihre Nation zu Europa“, rief Benedikt XVI. den Kroaten zu. Und dieses geistige Europa könne Kroatien durch seine reiche und lange kulturelle und religiöse Tradition bereichern.

Dass Traditionsverbundenheit und moderne katholische Jugendkultur keine Gegensätze sein müssen, zeigte eindrucksvoll die Gebetswache des Papstes mit rund 50000 Jugendlichen am 4. Juni auf dem Josip-Jelacic-Platz. Fröhliche Teenager empfingen Benedikt XVI. singend und klatschend mit „Papa-wir-lieben-dich“-Sprechchören. Statt des vertrauten „Benedetto“ riefen die Jugendlichen in der Landessprache „Benediktu“ und schwenkten ihre gelbweißen Schals über den Köpfen. Die vor der Bühne zum offiziellen Lied des Papstbesuches tanzenden Franziskanerinnen widerlegten zudem all jene, die glaubten, tanzende Schwestern gebe es nur in Filmen. Auch die absolute Stille, die auf dem Platz während des Gebets herrschte – nur die Vögel konnte man singen hören – sagte Vatikansprecher Federico Lombardi. Diese konzentrierte Stille habe dem Papst besonders gut gefallen.

Über Kroatien und Europa hinaus wies die Grundsatzrede des Papstes im Nationaltheater über das Gewissen und die Gewissenfreiheit als Grundlage der Demokratie hin. Die auf den neuzeitlichen Errungenschaften von Menschenrechten und Freiheit fußenden Demokratien müssten für ihr „transzendentales Fundament“, die Religion, offen sein, forderte der Papst vor Politikern, Kulturschaffenden, Wissenschaftlern sowie Vertretern anderer Konfessionen und Religionen. Eine Reduzierung des Gewissens auf die Sphäre des Subjektiven würde nach seinen Worten einen Rückschritt für Europa bedeuten. Die Qualität einer Demokratie hänge zu einem guten Teil „von diesem kritischen Punkt ab, den man Gewissen nennt“.

Von diesem Gewissen ließ sich nach Worten des Papstes der selige Kardinal Alojzije Stepinac (1898-1960) leiten, dessen Grab in der Kathedrale von Zagreb Benedikt XVI. zum Abschluss seiner Reise besuchte. Die Seligsprechung Stepinacs durch Johannes Paul II. 1998 hatte insbesondere auf serbischer Seite auch Widerspruch hervorgerufen, weil Stepinac anfängliche Sympathien für das faschistische Ustascha-Regime nachgesagt wurden. Benedikt XVI. hingegen hob sein Eintreten für Juden, orthodoxe Christen sowie Sinti und Roma hervor. Gegenüber dem Ustascha-Regime und auch den Kommunisten sei er entschieden für einen christlichen Humanismus eingetreten. Ein christlicher Humanismus, so der Papst, müsse Grundlage auch für das künftige Europa sein.

(KNA/Redaktion)

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