Freitag, 30. August 2013
Wenn Ereignisse ins Herz des Menschen treffen

Ökumenischer Gottesdienst in der katholischen Kirche St. Nikolaus in Ramstein. Kerzen erinnern an die Opfer der Flugtagskatastrophe.Foto: view
Gedenken an Opfer der Flugtagskatastrophe – Bischof Wiesemann betont Bedeutung der Notfallseelsorge
Mit einer Gedenkfeier ist auf der Airbase Ramstein der Opfer der Flugtagskatastrophe von vor 25 Jahren gedacht worden. In einem ökumenischen Gottesdienst forderte der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad am Mittwoch (28. August) die Verantwortlichen auf, allen Bestrebungen, Flugtage auf militärischen oder zivilen Flugplätzen wieder zuzulassen, entschieden entgegenzutreten. Bischof Karl-Heinz Wiesemann dankte den Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorgern. Die Katastrophe von Ramstein sei zur Geburtsstunde der Notfallseelsorge geworden, sagte Wiesemann.
In einer Haltung der Demut angesichts der menschlichen Fehlerhaftigkeit müssten so viel Gefährdung und Leid wie möglich vermieden werden, so Schad. Totale Sicherheit könne es nicht geben. Die Menschen seien in ihrer Macht begrenzt, verletzlich und sterblich. Aber Katastrophen wie die vor 25 Jahren in Ramstein müssten zum Umdenken provozieren. Nun gelte es, denen Hilfe zu leisten, die auch 25 Jahre nach der Katastrophe noch Not litten. Außerdem sei es notwendig, mehr Nachsorge-Maßnahmen und Hilfen für Opfer zukünftiger Katastrophen und deren Angehörigen bereitzustellen.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagte, dass bei dem Unglück die Organisation der Rettungskette vollkommen unzureichend gewesen sei. Daraus hätten die Verantwortlichen viel gelernt. Dennoch hätten die Rettungskräfte damals Übermenschliches geleistet.Aus der Katastrophe seien auch noch andere Lehren gezogen worden, sagte Dreyer. Solche riskanten Flugschauen gebe es heute in Deutschland nicht mehr. Zudem würden die psychischen Verletzungen bei den Opfern anders betrachtet und besser behandelt. Auch sei das Bewusstsein dafür gewachsen, dass die Einsatzkräfte bei derartigen schrecklichen Ereignissen extremen psychischen Belastungen ausgesetzt seien. Es existierten heute Programme zu ihrer besseren Bewältigung.
Die furchtbare Katastrophe hat nach Dreyers Worten allerdings nicht das gute Verhältnis der Menschen in Rheinland-Pfalz zu den amerikanischen Streitkräften infrage gestellt. „Die Angehörigen der Air Force waren genauso Opfer und Betroffene und sind mit uns in der Trauer vereint.“ Allerdings würden heute die Gemeinsamkeiten nicht mit der Bewunderung von technischen Leistungen, sondern mit der Betonung der menschlichen Verbundenheit unterstrichen.
Bischof Karl-Heinz Wiesemann dankte den Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorgern. In all dem lähmenden Entsetzen sei mit der Notfallselsorge eine neue Art der seelsorgerlichen Begleitung von Menschen nach Hochstressereignissen entstanden. Die Flugfigur „Das durchstoßene Herz“, bei der die italienische Flugstaffel „Freece Tricolori“ verunglückte, habe auch das Herz der Kirchen angestoßen, sagte Wiesemann. Sie hätten erkannt, dass bei solchen Katastrophen tröstende Worte alleine nicht ausreichten. Deshalb begleiteten seither Seelsorger Menschen in schwierigen Lebenslagen und kümmerten sich um die Einsatzkräfte. Das „durchstoßene Herz“ sei so zum Synonym für eine professionelle Betreuung von traumatisierten Menschen geworden.
Bei dem Flugtagsunglück am 28. August 1988 auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein kamen 70 Menschen ums Leben, als nach der Kollision dreier Jets einer italienischen Kunstflugstaffel eine Maschine in die Menge stürzte und explodierte. Mehr als 1.000 der geschätzten 350.000 Besucher wurden verletzt, 450 von ihnen schwer. (epd)