Redaktion der pilger

Freitag, 29. April 2022

„Pälzisch“ ist ihre Leidenschaft

Mittlerweile gibt es bereits eine kleine Auswahl an Mundart-Büchern, die aus der Feder der beiden Hobby-Autoren stammen (Foto: Klaus Landry)

Ihre Sprecher werden mitunter belächelt. In manchen Milieus ist sie sogar verpönt: die Pfälzer Mundart. Schade, denn sie verkörpert ein Stück Kultur. Umso schöner und wichtiger, dass es Autoren gibt, die seriöse und religiöse Literatur in ihrer pfälzischen Muttersprache schreiben. Wie sie dazu kamen und warum sie es tun, darüber hat sich der Pilger mit den Theologen Dr. Thomas Kiefer und Matthias Zech, beide Mitarbeiter im Bischöflichen Ordinariat in Speyer, unterhalten.

Wo immer es geht, „babbeln“ Zech wie Kiefer „uff Pälzisch“: ob in der Familie – die Ehefrauen der beiden sind des Dialekts allerdings nicht mächtig –, mit Freunden, Verwandten oder mit Kollegen. Reines Hochdeutsch beherrsche er eigentlich nicht, sagt Thomas Kiefer, der im Neustadter Stadtteil Mußbach aufgewachsen ist. Immer wieder meldeten ihm nämlich Bekannte aus ganz Deutschland zurück, „dass meine Sprache der Pfalz zugeordnet werden kann“.

In der Mundart zu schreiben, habe er indes nie vorgehabt, bekennt Kiefer. Vor über 20 Jahren wurde er von seiner Heimatpfarrei angefragt, ob er an einer meditativen Reihe zum Advent mitarbeiten wolle. „Um mich von den anderen abzuheben, habe ich die Texte in meiner Muttersprache formuliert und auch vorgetragen.“ Da die Hörer begeistert waren, wurde die Reihe fortgesetzt. Mittlerweile sind die Beiträge in drei Büchern veröffentlicht. Das vierte ist in Arbeit.

Diesem Genre ist Kiefer, der sich selbst als „Mundart-Katechet“ bezeichnet, bislang treu geblieben. „In der Regel such‘ ich mir ein Thema, eine Überschrift aus und schaue dann, was uns die christliche Botschaft dazu sagen kann.“ Manchmal werden ihm „Themen geschenkt“. In der kleinen Nikolauskapelle in Gimmeldingen gibt es „ein wunderschönes Glasfenster“ mit dem Namenspatron. Das inspirierte ihn, über diesen Heiligen zu schreiben. Mit „Leid und Tod“ hat er sich im Zusammenhang mit den Psalmen beschäftigt. Und schließlich verfasste er auf Anfrage der Gemeinde St. Johannes in Königsbach ein Gebet zu den 14 Nothelfern anlässlich der jährlichen Wallfahrt.

Die Sprache ist dieselbe. Doch Matthias Zech reflektiert über Begebenheiten, eigene Erfahrungen und Erlebnisse, die er in Prosa oder Lyrik verarbeitet. Mal witzig und komisch, mal seriös und melancholisch, mal lautmalerisch und ausdrucksstark – die Inhalte sind meist tiefgründig und bedenkenswert. Außerdem liebt er Wortspiele. Und warum in Mundart? Weil er damit groß geworden sei, „weil es tatsächlich meine Muttersprache ist“, schließt sich der gebürtige Hambacher seinem Freund und Kollegen Thomas Kiefer an. „Beim Studium habe ich mir sogar schwierige philosophische Inhalte uff Pälzisch vorgesagt. Dann habe ich sie am besten verstanden.“ Kiefer pflichtet ihm bei: „Herzensdinge wie Glaubensüberzeugungen kann ich so am besten ausdrücken.“

Matthias Zech schrieb schon in jungen Jahren Moritaten für Geburtstagsfeiern im Dialekt. Mutig reichte er vor Jahren ein Werk beim Mundartdichterwettstreit in Bockenheim ein – und ergatterte prompt den Preis für Neulinge. Inzwischen nimmt er dort alljährlich teil. Auch bei anderen Wettbewerben wie in Dannstadt-Schauernheim oder Hermersberg ist Zech mit von der Partie. Und nicht selten lande er auf den ersten Rängen, sagt er zurückhaltend.

Was das Schreiben im Dialekt betrifft, haben sich beide Autoren inspirieren lassen. Kiefer nennt als „großes Vorbild“ Karl-Jörg Walter aus Neustadt. Dieser habe das Pfälzische benutzt, um seiner Gefühlswelt Ausdruck zu verleihen – „und zwar mit größter Sensibilität“. Von ihm habe er gelernt, bei religiösen Themen „die Sprache achtsam und ehrfurchtsvoll einzusetzen“. Keinesfalls dürfe nämlich die biblische Botschaft „entstellt oder gar lächerlich gemacht werden“. Matthias Zech haben Dichter wie Lina Sommer, Arno Reinfrank oder Gert Runck beflügelt. Auch wenn ihn der eine oder andere Inhalt nicht ansprach, hat er sich wie Kiefer einiges im Umgang mit dem Pfälzischen abgeschaut.

Einhellig betonen die zwei Autoren, dass es nicht einfach ist, auf Pfälzisch zu schreiben. „Ich habe es anfangs mit Lautschrift probiert“, erinnert sich Zech. Das habe aber gar nicht funktioniert. Schließlich habe er versucht, mit dem normalen Alphabet so nahe wie möglich an die gesprochene Sprache heranzukommen. Dass das mitunter ein längerer Prozess werden kann, bestätigen beide. „Schreibe ich nun ,brät‘ oder ,brääd‘“, gibt Zech ein kleines Beispiel. Die Variante hänge natürlich nicht zuletzt von der Gegend oder gar der Gemeinde ab, in der man lebe, fügt er hinzu. Einflüsse der Eltern kämen hinzu. So hätten auch seine Eltern in verschiedenen Orten der Pfalz gelebt. Auch er selbst sei mehrfach umgezogen. Heute wohnt der Theologe in Speyer. „Ich spreche also kein reines Hambacherisch“, sagt Zech, der seine Kindheit und Jugend in dem Neustadter Ortsteil verbrachte. Ausdrücklich betont er indes: „Wichtiger als die exakte Widergabe des gesprochenen Pfälzisch ist mir aber, dass das rüberkommt, was ich ausdrücken will.“

Kiefer schließt sich dieser Ansicht an: „Über Schreibweisen lässt sich trefflich dischbediere.“ Er erinnert sich an etliche Diskussionen mit dem evangelischen Mundartkollegen Michael Landgraf. Gemeinsam haben sie das Buch „Kärchejohr“ herausgegeben. „Da ging es manches Mal heiß er“, sagt er lachend. Selbst an Zechs Schreibungen nimmt er hin und wieder Anstoß. Für den Titel von dessen jüngstem Werk „mol widder dehääm“ hätte Kiefer nur ein „d“ und ein „ä“ verwendet. Angelegt hat er sich inzwischen ein Glossar, an das er sich zu halten sucht. „Ich habe einen echten Lernweg beschritten“, sagt der Gimmeldinger. „Sehr hilfreich war für mich Rudolf Post, Fachmann in Sachen pfälzischer Sprache.“ So orientiere er sich an dessen Grundregel, Worte, die im Hochdeutschen wie im Pfälzischen gleichklingen, nicht umzuschreiben. Seine Texte lässt er außerdem von dem früheren Liturgiereferenten des Bistums Speyer, Bernhard Böhm, Korrektur lesen. „Der ist eigentlich kein Pfälzer, aber er ein Sprachtalent und ein ,Dibbelschisser‘.“ Zech achtet vor allem darauf, dass in einem Gedicht oder Prosastück die Wörter durchgängig gleich geschrieben sind – das sei auch ein bedeutendes Kriterium bei Jurys, weiß er. Auf orthographische Zeichen, wie sie sich in manchen alten Mundartwerken finden, verzichten beide.

Wenngleich sie nicht als Bestseller über die Ladentheke gehen, werden ihre Bücher doch gern gekauft und gelesen, bestätigen Kiefer und Zech. Und weil sie selber große Freude daran haben, werden sie auch weiterhin schreiben. Thomas Kiefer plant nach einer zweijährigen Pause das Thema „Ostern“ aufzugreifen. Und ein Theaterstück stehe auch noch aus. Matthias Zech indes hat noch einige Gedichte und Texte in der Schublade, und neue Ideen kommen stetig dazu. „Stoff für einen weiteren Band habe ich auf jeden Fall“. (Regina Wilhelm)

Buchtipps:
Thomas Kiefer, Vun Hirte, Engelscher un vum Woihnachtsesel,  Pilger Verlag Speyer, ISBN: 978-3-946777-02-1, 96 Seiten, 14,80 Euro. Weitere Informationen unter www.pilgerverlag.de Matthias Zech, mol widder dehääm – Leewensbilder in Pfälzer Mundart, ISBN 978-3-00-069641-1, 120 Seiten, 19,80 Euro.

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