Redaktion der pilger

Donnerstag, 13. Januar 2011

Ohne den Dom wäre Speyer nicht Speyer

Das Widmungsbild aus dem „Codex  aureus“, dem prachtvollen Evangeliar, das in Echternach für den Speyerer Dom geschaffen wurde, zeigt, wie die Salier ihre Herrschaft auf die Gottesmutter Maria beziehen: das Herrscherpaar kniet bei der Gottesmutter als Patronin des Domes und ihres „Hauses“, im Hintergrund ist der Speyerer Kaiser- und Mariendom dargestellt. Foto: Archiv

„Salierjahr 2011“: Blick zurück auf turbulentes Jahr 1111

Ganz im Zeichen des salischen Herrscherhauses und „seines“ Domes steht Speyer in diesem Jahr, alles zusammengenommen unter dem Titel „Salierjahr 2011“; drei historische Ereignisse begründen dies denn auch: Vor 950 Jahren, am 4. Oktober 1061, erhielt der Speyerer Dom seine kirchliche Weihe, vor 900 Jahren, am 13. April 1111, wurde der letzte Salier Heinrich V. in Rom zum Kaiser gekrönt, und am 14. August 1111, verlieh er den Bürgern von Speyer grundsätzliche Privilegien. Das können jedoch lediglich „Eckdaten“ sein, an denen die Jubiläen festgemacht werden, ihre Geschichte holt weiter aus.

Im Zusammenhang mit der Kaiserkrönung Heinrichs V. spielen einige andere Ereignisse des turbulenten Jahres 1111 eine Rolle, die ihrerseits wiederum eingebunden sind in die gesamte Geschichte der salischen Zeit und der salischen Idee vom Herrscherhaus; letztlich sind sie nur zu verstehen auf dem Hintergrund der Auseinandersetzung zwischen Heinrich IV. und Papst Gregor VII., benannt als „Investiturstreit“, obwohl sie ganz gewiss nicht nur um die Einsetzung der Bischöfe und Äbte geht, sondern um die grundsätzliche Stellung von Kaiser und Papst; „Canossa“ heißt das historische Stichwort, das für diese Geschichte steht, die im legendären „Bußgang“ Heinrichs IV. zu der Burg Canossa in Oberitalien im Jahr 1077 ihren dramatischen Ausdruck fand. Erst im Jahr 1111 stand eine Einigung in der Investiturfrage an, die am 4. und 9. Februar in Rom und in Sutri mit einem Kompromiss zwischen König Heinrich V. und Papst Paschalis II. erreicht wurde, der jedoch wenige Tage später bereits scheiterte: am 12. Februar kam es im Petersdom zu heftigen Ausschreitungen, die in der Gefangensetzung des Papstes endeten; erst der erzwungene Vertrag von Ponte Mammolo vom 11. April – und das so genannte „Pravileg“ des Papstes – führte zu einer vorläufigen Lösung, der die Krönung von Heinrich V. zum Kaiser am 13. April 1111 folgte;  ein Jahr später zerfiel das Werk, und Heinrich V. wurde mit dem Bann belegt. 

Zu dieser Zeit war auch Heinrichs Vater, Heinrich VI., der 1106 gestorben war, noch in Acht und Bann und deshalb provisorisch in der noch nicht geweihten Afra-Kapelle am Speyerer Dom beigesetzt, von den Bürgern  von Speyer hoch verehrt; erst als Heinrich V. die Lösung seines Vaters vom Kirchenbann durch den Papst erreicht hatte, konnte Heinrich IV. am 7. August 1111 in der Krypta des Domes bestattet werden; daraufhin gewährte Heinrich V. den Speyerer Bürgern die Freiheitsrechte.

Auch das Jubiläum des 950. Weihetages des Domes zu Speyer ist in einem weiteren, nicht nur historischen Rahmen zu sehen. Natürlich wird der Dom immer als dieses monumentale, großartige Bauwerk erinnert, das das Stadtbild von Speyer bis heute beherrscht. Aber nicht zuerst die Architektur macht ihn so bedeutsam, sondern die Tatsache, dass er der Gottesmutter Maria geweiht ist. Da es nämlich im völlig unbedeutenden Speyer bereits seit Jahrhunderten einen, wenn auch äußerst bescheidenen Mariendom gab, wählte der erste salische Herrscher Konrad II. Speyer zu „seiner“ Stadt, obwohl ihm bedeutendere zur Verfügung standen wie etwa Mainz, wo er zum deutschen König gekrönt wurde, oder Worms, die Stadt seiner Vorfahren. Das Marienpatronat war ihm deshalb so wichtig, weil er sein Herrschertum unter den besonderen Schutz der Gottesmutter wähnte: Es bot ihm gewissermaßen den „ideologischen“ Unterbau seiner Sicht der Herrschaft; deshalb wählte er Speyer zur Grablege seines „Hauses“ und damit zur „Hauptstadt“ seines „Reisekönigtums“, das ihn ansonsten von Pfalz zu Pfalz führte; deshalb auch begann er, den monumentalen Dom zu errichten, dessen Bau nahezu die ganzen hundert Jahre der salischen Herrschaft dauerte. Nicht also die Privilegien Heinrichs V., so bedeutsam sie auch sind, begründen den Aufstieg Speyers, sondern das Patronat der Gottesmutter Maria legte den Grund dafür, dass Speyer von der einstigen „Kühstadt“ zur „Metropolis Germaniae“ aufstieg. 

Wenn am 4. Oktober der 950. Weihetag des Speyerer Domes begangen wird, steht noch aus einem anderen Grund nicht so sehr das monumentale Bauwerk mit seiner herausragenden Architektur im Mittelpunkt: Es wird ja der Weihe gedacht, die den Dom zu dem macht, was er eigentlich ist: nicht Kaiserdom, sondern Gotteshaus und Mariendom; die geistliche Bedeutung des Domes steht also im Mittelpunkt, seine spirituelle Dimension. So muss einmal mehr die „Idee“ gerade dieses Domes in den Blickpunkt rücken: die Botschaft, die seine Baumeister – drei große Bischöfe – mit ihm verbanden. Der Dom ist ja nie nur Baukunst, so beeindruckend sie auch ist, sondern in sich schon das, was in ihm geschieht: Verkündigung der Heilsgeschichte Gottes, die im Mensch gewordenen Wort Jesus Christus gipfelt und die Menschen zu ihm ruft; eine rein baugeschichtliche oder kunsthistorische Betrachtung kann dem Dom niemals gerecht werden; er muss als „Domus Dei“, als Haus Gottes, und als Kirche, als dem „Kyrios“, dem auferstandenen Herrn und Heiland gehörend, geschaut werden; die Gottesmutter Maria ist dazu die kompetente Wegweiserin.

Insgesamt also ist die „Auftragslage“ für das Jubiläum „Salierjahr 2011“ äußerst vielschichtig und umfassend; dies bietet die Chance, dass dieses ganze Jahr nicht nur aus einer Aneinanderreihung großer und spektakulärer Feierlichkeiten besteht, so gut und wichtig sie sind, sondern auch ein Jahr der Besinnung und Vertiefung wird.   

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