Redaktion der pilger

Donnerstag, 19. Januar 2017

Ortskirchensteuer soll flächendeckend werden

Ein durchschnittliches Einfamilienhaus. Die Ortskirchensteuer beläuft sich auf einen Betrag zwischen 5 und 10 Euro pro Jahr. Foto: actionpress

Meist kleinere Beträge, die der Arbeit in den Pfarreien direkt zufließen – Entscheidung fällt vor Ort

Viele Kirchengemeinden haben bereits die Ortskirchensteuer. Jetzt soll sie flächendecken erhoben werden – auch mit Blick auf eine Vereinheitlichung im Zusammenhang mit den neuen Strukturen nach „Gemeindepastoral 2015“. Der „pilger“ hat die Leiterin der Bischöflichen Finanzkammer, Tatjana Mast, dazu befragt.
 
Frau Mast, im Bereich des Bistums Speyer soll – so Pressemeldungen – flächendeckend die Ortskirchensteuer eingeführt werden. Was verbirgt sich hinter dem Begriff? Warum soll sie nach dem Willen der Bistumsleitung gerade jetzt überall erhoben werden?
Während die Kirchensteuer auf das Einkommen der Kirchenmitglieder berechnet wird, orientiert sich die Ortskirchensteuer an dem Grundeigentum der Katholiken in einer Kirchengemeinde. Sie fließt direkt der örtlichen Kirchengemeinde zur Verwendung zu. Die Erhebung der Ortskirchensteuer liegt allein im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich jeder einzelnen Kirchengemeinde der Diözese Speyer. Das bedeutet, dass der Verwaltungsrat jeder Kirchengemeinde über die Einführung oder Nichteinführung entscheidet. Insofern kann das Bistum auch selber keine Entscheidung darüber treffen, sondern nur bei der Entscheidung darüber beraten.
In der Vergangenheit hatten bereits verschiedene Kirchengemeinden die Ortskirchensteuer erhoben. Durch die Zusammenlegung von Kirchengemeinden in 2016 kam es nun zu der Situation, dass auf Ebene der neuen Kirchengemeinde neu zu entscheiden ist, ob wiederum oder erstmals Ortskirchensteuer erhoben werden soll. Dabei geht es auch darum, dass die Zuschussrichtlinien für Bauzuschüsse vorschreiben, dass nur Kirchengemeinden, die alle Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen, Anspruch auf Zuschusserhöhungen haben. Ohne das Ausschöpfen aller Einnahmemöglichkeiten – zu denen eben auch die Ortskirchensteuer gehört – können aus Gerechtigkeitsgründen nur die Regelzuschüsse bezahlt werden.
Allerdings ist die Ortskirchensteuer unabhängig von der Zuschussrichtlinie auch aufgrund der voraussichtlich zurück gehenden Kirchensteuereinnahmen sinnvoll, um die Finanzierung vor Ort auf solide Beine zu stellen.

Gilt das angestrebte Verfahren für die Kirchengemeinden in Rheinland-Pfalz und im Saarland gleichermaßen?
Ja. Es gibt hier keinen Unterschied zwischen Rheinland-Pfalz und dem Saarland, die rechtlichen Grundlagen sind die gleichen. Die Ortskirchensteuer kann nur durch die Kirchengemeinde erhoben werden, denn nur die Kirchengemeinde ist ein juristische Person als Gesamtheit aller natürlichen Personen (Katholiken), die auf einem bestimmten Gebiet ihren Hauptwohnsitz haben.
Sowohl die Pfarrei als auch die Gemeinde sind keine juristischen Personen im staatlichen Recht, sondern existieren nur im Kirchenrecht. Daher können sie per se auch keine Steuern erheben.

Wer wird zur Zahlung herangezogen und wie berechnet sich die Höhe der Ortskirchensteuer? Ganz grob: Was ist ein durchschnittlicher Betrag, der sich für einen Eigenheimbesitzer pro Jahr ergibt?
Relevant ist diese Steuer nur für die Katholiken, die einer Kirchengemeinde durch Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt angehören und aufgrund von Immobilien- oder Grundbesitz dort zur Zahlung der Grundsteuer verpflichtet sind. Der Beitrag der Ortskirchensteuer beträgt durchschnittlichrund 6 Euro pro Kirchenmitglied mit Grundbesitz, summiert sich aber auf Ebene der Kirchengemeinde zu einer nicht unerheblichen Summe.
Der vom örtlichen Finanzamt festgelegte Einheitswert wird mit der Grundsteuermesszahl multipliziert (diese ist abhängig von der Grundstücksart zwischen 2,6 Promille für Einfamilienhaus und 6 Promille für ein unbebautes Grundstück) und ergibt den Grundsteuermessbetrag. Auf diesen werden jährlich 10 Prozent an Ortskirchensteuer erhoben.
Hierzu drei Beispiele:

Neue Eigentumswohnung in Speyer:
Einheitswert: 20400 Euro
Grundsteuermesszahl: 3,5 Promille
Grundsteuermessbetrag: 71,40 Euro
Ortskirchensteuer: 7,14 Euro

35 Jahre altes Einfamilienhaus bei Germersheim:
Einheitswert: 23400 Euro
Grundsteuermesszahl: 2,6 Promille
Grundsteuermessbetrag: 60,84 Euro
Ortskirchensteuer: 6,08 Euro
 
Landwirtschaftliche Fläche
von 71 ar bei Ludwigshafen:
Einheitswert: 920 Euro
Grundsteuermesszahl: 6,0 Promille
Grundsteuermessbetrag: 5,52 Euro
Ortskirchensteuer: 0,55 Euro
 
Wie ist das Procedere der Erhebung der Ortskirchensteuer?
Der Verwaltungsrat beschließt die Einführung via rechtswirksamen Beschluss und teilt diesen den Kommunalen Behörden in seinem Zuständigkeitsbereich (können also durchaus mehrere sein) mit. Dieser Beschluss ist durch die Kirchengemeinde in ortsüblicher Weise (Pfarrblatt, kommunales Amtsblatt u.ä.) bekanntzugeben. Das Kirchenmitglied mit Grundbesitz erhält über den Abgabenbescheid (Grundsteuerbescheid) die Höhe der zu entrichtenden Ortskirchensteuer. Nach Abzug einer Bearbeitungsgebühr (in der Regel 4 Prozent) werden die Erträge aus der Ortskirchensteuer von der Kommune direkt an die Kirchengemeinde überwiesen.

In wie vielen Kirchengemeinden gab bzw. gibt es bereits eine Ortskirchensteuer?
60 Prozent der 70  Kirchengemeinden erheben diese bereits seit Jahren.

Wie werden die Einnahmen aus der Ortskirchensteuer verwendet?
Die Erträge aus der Ortskirchensteuer werden ausschließlich in der jeweiligen Kirchengemeinde zur Finanzierung pfarrlicher Aufgaben verwendet.
Zur Finanzierung von Kirchenmusikern oder Sakristanen usw.
Für die Ausstattung der Kindergärten in der Kirchengemeinde
Für den Kauf von Materialien für die Kindergottesdienste oder Blumenschmuck für die Kirchen
Für Ausgaben bei kirchliche Veranstaltungen (Altennachmittage, Pfarrfeste etc.).

Kann eine Pfarrei auch sagen: Nein, wir wollen keine Ortskirchensteuer?
Ja, das kann sie. Wenn der Verwaltungsrat beschließt, die Ortskirchensteuer nicht einzuführen oder abzuschaffen, ist dieser Beschluss rechtlich bindend. Die Diözese gewährt bei Instandhaltungsmaßnahmen an den Gebäuden dann aber keine erhöhten Zuweisungen, da die Kirchengemeinde nicht alle Einnahmequellen ausschöpft. Zu diesen Einnahmequellen zählt eben auch die Ortskirchensteuer.

Wie verhält es sich bei konfessionsverschiedenen Ehepaaren?
In konfessionsverschiedenen Ehen können Ehepartner bei der kommunalen Behörde eine getrennte Festsetzung der Ortskirchensteuer beantragen. Dies ist im Paragraph 9 der Kirchensteuerordnung für Rheinland-Pfalz  bzw. im Paragraph 10 der Kirchensteuerordnung für das Saarland geregelt. Teilweise wird dies bereits automatisch durch die Kommune vorgenommen, indem sie auf die Daten ihres eigenen Meldewesens zugreift. (Interview: Norbert Rönn)

Das Bistum Speyer hat einen Flyer mit allen wichtigen Informationen zur Orstkirchensteuer erarbeitet, der in den nächsten Wochen an die Verwaltungsräte der Kirchengemeinden/Pfarreien verschickt werden wird. Auch eine Beratung vor Ort kann von den Pfarreien abgerufen werden.

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