Mittwoch, 26. Mai 2021
Plan mit Potenzial

Er will viele mitreden lassen: Papst Franziskus (hier bei der Generalversammlung der Italienischen Bischofskonferenz in Rom). (Foto: Cristian Gennari/Romano Siciliani/kna)
Papst Franziskus schickt die gesamte katholische Weltkirche auf einen synodalen Weg
Im März hatte Kardinal Mario Grech herumgedruckst auf die Frage, wie es um die für Herbst 2022 angekündigte Bischofssynode steht. „Vor allem für eine Synode über Synodalität braucht es die Beteiligung eines größeren Personenkreises“, sagte der Leiter des Synodensekretariats in Rom. Nun erklärte der Vatikan: Papst Franziskus schickt die gesamte katholische Weltkirche mit ihren gut 1,3 Milliarden Mitgliedern auf einen synodalen Weg.
Zwei Jahre lang soll die nächste Vollversammlung der Bischofssynode in Rom vorbereitet werden. Wobei die dezentrale und lokale Vorbereitung bereits Bestandteil der Bischofssynode ist. Das Thema wirkt auf den ersten Blick wie eine Nabelschau: „Was kennzeichnet eine synodale Kirche?“ Und doch hat es Potenzial für eine grundlegende Reform der hierarchisch strukturierten Weltkirche.
Die Bischofssynode soll bereits laufende synodale Projekte vernetzen
So sollen in jedem der mehr als 4000 katholischen Bistümer Laien und Kleriker beraten. Die Ergebnisse verarbeiten Grech und sein Team zu einem ersten Arbeitspapier, das im zweiten Synodenjahr auf kontinentaler Ebene beraten wird. Daraus entsteht das Arbeitspapier für die Welt- Bischofsversammlung im Oktober 2023. Synodalität, so betont Franziskus immer wieder, heißt: Aufeinander hören, um zu lernen, wohin Gottes Geist die Kirche führen will. Dabei grenzt er die Synode ab von einem Parlament. Statt um bloße Mehrheitsentscheide geht es um Zuhören, Verstehen, Gebet – um am Ende zu Lösungen zu kommen, die von allen mitgetragen werden.
Dabei gemeinsam zu beten und Eucharistie zu feiern, soll nicht nur helfen, Gottes Geist besser zu vernehmen. Es verändert auch den Ton der Debatten. Die Synodalen in Deutschland diskutieren kontrovers, oft mit schneidend scharfen Argumenten. In der Debatte wird unter dem Eindruck der Missbrauchskrise vieles infrage gestellt, was sich in Jahrhunderten an Traditionen herausgebildet hat. In Rom wird das Projekt beargwöhnt. Früh merkten auch gutwillige Beobachter wie Luxemburgs Kardinal Jean Claude Hollerich an, den Anliegen des Synodalen Weges, die ja keine rein deutschen sind, käme es zugute, wenn dieser sich mit der Kirche in Nachbarländern besser vernetzen würde.
Die Bischofssynode bietet dazu die beste Gelegenheit. Deren Sekretär Grech betonte, er stehe bereit, laufende synodale Projekte zu vernetzen – ob in Irland, Australien, Lateinamerika oder Deutschland. Das von Rom vorgeschlagene Prozedere ist so off en, dass bestehende Prozesse darin aufgenommen werden können.
In Deutschland stieß der angekündigte Beratungsprozess auf ein positives Echo. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, nannte das Vorhaben ein „starkes Zeichen für die Mitwirkung“ aller Gläubigen. Wie nie zuvor werde das Volk Gottes in die Vorbereitung und den Weg einer Weltbischofssynode einbezogen. In Deutschland werde dieser Prozess „durch den bereits eingeschlagenen Synodalen Weg ergänzt“, erklärte Bätzing.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) wertete es als „bestätigendes Zeichen“, dass die ursprünglich für Oktober 2022 geplante Bischofssynode in Rom zu einem Prozess für die Weltkirche ausgebaut werde. ZdK-Präsident Thomas Sternberg erklärte, Unterstellungen, die Laienkatholiken arbeiteten auf eine Spaltung hin, erwiesen sich als gegenstandslos. ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann betonte, niemand wolle „einen deutschen Sonderweg“, aber die Kirche müsse auch Vielfalt zulassen.
Franziskus hofft auf einen anderen Stil des Miteinanders
Franziskus hat gerade also etwas ausgerufen, das noch nicht klar zu fassen ist: einen weltkirchlichen synodalen Prozess, gar eine Welt-Synode? Neu ist nicht nur der geografi sche Umfang und stufenförmige Aufbau, sondern auch die Beteiligung von mehr Aktiven. Auch Nichtkleriker sollen sich einbringen. Auch Orden, geistlichen Gemeinschaften, katholischen Verbänden, Hochschulen und Fakultäten will Franziskus synodale Beine machen – und natürlich den eigenen Kurienbehörden in Rom.
Bleibt die Frage: Was wird’s bringen? Franziskus schweben zunächst weniger thematische Entscheidungen vor, sondern ein anderer Stil des Miteinanders. Die katholische Kirche, die sich im zweiten Jahrtausend auf Papst und Hierarchie konzentrierte, könne nun die Synodalität der frühen Kirche wiederentdecken, sagt Kardinal Grech. (Roland Juchem und Ludwig Ring-Eifel)