Donnerstag, 28. September 2023
Mögen Sie Tomaten?

Es geht nicht nur um Tomaten. Aber darum, dass wir Verantwortung tragen für die Erde, für das Klima, für die Ernte, für die Gemeinschaft ... Dazu ruft uns das Evangelium! (Foto: kaliantye/AdobeStock.com)
Unsere Verantwortung für die Früchte der Erde
Wir „feiern“ Tomaten, und zur Zeit sind sie ganz besonders lecker. Es gibt sie zum Frühstück und zum Abendessen und besonders am Samstagmorgen, der für uns oft ein kleines Erntedankfest ist. Meistens sitzen wir gemütlich am Tisch und genießen das Essen und Zusammensein. In solchen Momenten erleben wir Dankbarkeit. Wir haben alles, was wir brauchen. Das ist ein großes Glück. Vor dem Frühstück waren wir schon auf dem Landauer Markt: frisches Gemüse, Salate und natürlich Tomaten beim „Gensheimer“.
Ich habe nicht viel Ahnung von Landwirtschaft. Deshalb lese ich die Rundbriefe, die Landwirt Gensheimer über seine Arbeit in unregelmäßigen Abständen schreibt, sehr gerne: „Im Moment sind wir mitten in der Tomatenernte. Da sieht es dieses Jahr richtig gut aus. […] Und gerade stehen Pflanzungen von Herbst und Wintergemüse an. Dazu wäre Wasser vom Himmel ein Segen. Auch für unsere Gründüngungen, die sehr wichtig sind für die Fruchtbarkeit unserer Böden, ist Regen jetzt die einzige Hoffnung.“
Im August kam der Regen: „Wasser vom Himmel wie ein Segen“. Das ist nicht selbstverständlich. In anderen Regionen hatten Menschen kein Glück. Der Sommer 2023 war weltweit der heißeste seit den Wetteraufzeichnungen. Überschwemmungen, Dürren und Waldbrände haben in den letzten Wochen in Europa und weltweit viele Menschenleben gefordert und Naturräume zerstört.
„Mir macht es schon Sorgen, wie sich gerade unser Klima verändert“, schreibt Herr Gensheimer weiter. Und seine Sorge teilen mittlerweile sehr viele Menschen. Beim Klimastreik am 15. September waren bundesweit wieder rund 250 000 Menschen für mehr Klimaschutz auf der Straße.
Auch unser Bistum und die Evangelische Landeskirche haben die Proteste offiziell unterstützt. In unseren Kirchen erkennen wir immer mehr, dass die möglichst schnelle Reduktion von Treibhausgasen, der Erhalt der Artenvielfalt und der Schutz des Bodens keine Randthemen sind, sondern unmittelbar mit unserer christlichen Identität zusammenhängen: „Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen“ heißt es in der Philipperlesung (Phil 2,4).
Unser gegenwärtiges Handeln hat einen erheblichen Einfluss „auf das Wohl der anderen“, darauf, ob Menschen, Tiere und Pflanzen auch in Zukunft noch gute Lebensbedingungen haben. Wir spüren wieder stärker, wie sehr wir in Gottes Schöpfung eingebunden und von ihr abhängig sind.
Wenn wir Erntedank feiern, dann feiern wir diese Schöpfung – trotz all ihrer Zwiespältigkeit. Wir danken dem Schöpfer, und wir danken dafür, dass viele Menschen hart dafür arbeiten, dass wir genug und gutes Essen haben. Dankbar zu sein bedeutet zu spüren, dass es reicht.
Das schreibt und liest sich so schnell. Hier wäre eine Lesepause toll. Denn es ist entscheidend, der Dankbarkeit nachzugehen, sie wirklich zu zulassen und bei ihr ein paar Minuten zu verweilen. Es macht uns zufriedener, wenn wir den Gedanken auskosten: „Ja, es hat gereicht. Ja, es ist genug. Danke!“
Dankbarkeit befreit mich ein bisschen von der Sorge um mich selbst. Dankbarkeit kann mich motivieren, ins Handeln zu kommen. Denn manchmal geht es mir wie dem Sohn, von dem im Evangelium die Rede ist: Zunächst will er nicht. Vielleicht hat er andere Pläne, vielleicht weiß er, dass es im Weinberg unbequem werden kann. Vielleicht hat er auch einfach nicht nachgedacht. Aber sein Nein reut ihn. Dann geht er und handelt. Und das ist doch genau das, was wir gegenwärtig überall brauchen: Menschen, die trotz innerer oder äußerer Widerstände gehen und Verantwortung übernehmen! In allen Bereichen unserer Gesellschaft und im täglichen Miteinander: Wir brauchen Menschen, die „nicht nur auf das eigene Wohl achten, sondern auch auf das der anderen.“
„Ich hoffe, dass wir schnellstmöglich alle Maßnahmen ergreifen, bevor Kipppunkte erreicht sind, die nicht mehr umkehrbar sind“, schreibt Herr Gensheimer am Ende seines Rundbriefs. „Damit wir auch in Zukunft von unserem schönen Stückchen Erde hier leben können« und – so möchte man ihm heute zustimmen – damit unsere Kinder und Enkel auch in Zukunft noch leckere Tomaten essen und Erntedank feiern können. (Nico Körber)