Donnerstag, 10. November 2016
„Nun fühle ich mich vollständig“

Bei der Firmung zeichnet der Bischof dem Firmling mit Chrisamöl ein Kreuz auf die Stirn. Foto: Landry
Bischof Wiesemann spendet 75 Erwachsenen im Dom das Sakrament der Firmung
Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann hat am 6. November in einem feierlichen Gottesdienst im Speyerer Dom 75 Männer und Frauen aus dem ganzen Bistum das Sakrament der Firmung gespendet. Gemeinsam mit ihm feierten am Altar Domkapitular Franz Vogelgesang, Pfarrer Dariusz Stankiewicz vom Geistlichen Zentrum Maria Rosenberg und Diakon Jean-Jacques Kambakamba aus Ludwigshafen. Musikalisch wurde der Gottesdienst gestaltet von der Frauenschola „Musica in Spira“ unter Leitung von Monika Keggenhoff.
Seine Predigt stellte Bischof Wiesemann unter das Motto: „Gott ist kein Gott der Toten, sondern ein Gott der Lebenden. Gott ist Atem, Quelle und Sinn des Lebens.“ Der Glaube mache nicht lebensmüde, sondern lebendig. Nicht, dass es nicht auch verzweifelte Momente im Leben gäbe, „aber man muss doch auf das Leben setzen. Gott lebt in uns, wenn wir nicht mehr können. Er gibt uns Halt, auch wenn der Boden schwankt“. Das wolle er allen Firmlingen mit auf den Weg geben. Die Firmung wird gespendet, in dem der Bischof jedem Firmling mit Chrisamöl ein Kreuz auf die Stirn zeichnet und spricht: „Sei besiegelt durch die Kraft des Heiligen Geistes“. Währenddessen steht der Firmpate hinter ihm, die Hand auf seiner Schulter.
Zwei aus dem Kreis der erwachsenen Firmlinge sind Daiva Zech aus der Pfarrei St. Nikolaus in Bexbach und Mathias Krasinski aus der Pfarrei Heilige Dreifaltigkeit in Frankenthal. Daiva Zech ist 40 Jahre alt, in Litauen geboren und aufgewachsen. Vor zwölf Jahren kam sie nach Deutschland. „Als ich geboren wurde, gehörte Litauen noch zum Sowjetreich. Das Christentum war verpönt. Ich wurde zwar getauft wie die meisten – auf dem Lande fiel das nicht auf, aber meine Mutter war Mathematik-Professorin und stand damit unter Beobachtung“, so Daiva Zech gegenüber dem „pilger“. „Wer mit jungen Menschen zu tun hatte, durfte nicht als Christ auffallen. Ich konnte daher weder zur Erstkommunion noch zur Firmung.“ Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion habe es dann einen regelrechten Hype zum Christentum, gegeben, weil es endlich nicht mehr verboten gewesen sei. Der gesellschaftliche Druck sei dann in die andere Richtung gegangen. „Da war ich aber schon kritisch gegenüber der Kirche geworden. Lange hatte ich Fragen, aber niemanden, mit dem ich reden konnte, bis ich im letzten Jahr bei der Erstkommunionvorbereitung meiner Tochter in Gemeindereferent Gregor Müller und Kaplan Dr. Jens Henning tolle Gesprächspartner fand.“ Ihr Firmpate ist der 95-jährige Großvater ihres Mannes, der auch sein Pate gewesen war.
Matthias Krasinski aus Frankenthal ist 28 Jahre alt. Als er mit 14 gefirmt werden sollte, trennten sich seine Eltern. „Es war keine einfache Trennung, und so war Firmung erst einmal kein Thema mehr. Dann kam die Berufsausbildung und die Ansprüche der Arbeit, und es passte nicht. Aber ich habe den Gedanken nie aufgegeben, und meine Eltern haben mich stets darin bestärkt, auch wenn sie geschieden sind.“ Der Auslöser für die Firmung sei nun gewesen, „dass ich zweimal als Taufpate angefragt wurde und wegen fehlender Firmung absagen musste. Nun war es einfach richtig, und ich fühle mich wohl damit, vollständig“, erzählt Matthias Krasinski. Seine Firmpatin ist die Tante seiner Verlobten. (red)