Mittwoch, 09. Juni 2021
Im Auftrag des Papstes

Die Prüfer des Vatikans: Kardinal Anders Arborelius (links), Bischof von Stockholm, und Hans van den Hende, Bischof von Rotterdam. (Foto: KNA)
Vatikan stellt Erzbistum Köln und seinen Kardinal auf den Prüfstand
Solche Tage sieht auch das Maternushaus nicht oft: Vor dem Tagungszentrum der Kölner Erzdiözese hatten sich am Nachmittag des 7. Juni knapp ein Dutzend Medienvertreter versammelt. Im Mittelpunkt des Interesses: Die beiden Bischöfe, die im Auftrag des Papstes das Erzbistum überprüfen sollen. Doch statt durch das Hauptportal kamen die erwarteten Geistlichen gleichsam durch den Hintereingang, genauer durch die Tiefgarage. Über die Visitation des Stockholmer Kardinals Anders Arborelius und des Rotterdamer Bischofs Hans van den Hende war im Vorfeld wenig verlautet. Entsprechend gespannt warteten die Journalisten.
Eineinhalb Stunden nach ihrem Eintreffen traten die beiden Bischöfe dann doch noch vor die Presse. Ihr Auftreten im Eingangsbereich des Tagungshauses war bescheiden, fast zurückhaltend. Beinahe schien es ihnen unangenehm, im Zentrum des Blitzlichtgewitters zu stehen. Arborelius, Schwedens einziger Kardinal, trug den braunen Habit der Karmeliter. Als 22-Jähriger war er dem Orden beigetreten, zwei Jahre nach seiner Konversion zum Katholizismus. Van den Hende, der Vorsitzender der niederländischen Bischofskonferenz ist, erschien in einfacher Priesterkleidung.
Schon vor dem Fototermin hieß es, dass die Kontrolleure keine Fragen beantworten würden. Und so blieb es dann auch still – abgesehen vom Klicken der Fotokameras. Es gab nur ein kurzes Nicken zur Begrüßung, doch über die Lippen der Geistlichen kam kein einziges Wort. Von der anderen Straßenseite, aus dem Garten des Kölner Kardinals, dröhnte der Rasenmäher. Trotz der hohen Mauern des Erzbischöflichen Hauses.
Arborelius und van den Hende sollen sich „vor Ort ein umfassendes Bild von der komplexen pastoralen Situation im Erzbistum Köln verschaffen“, wie die Botschaft des Papstes in Berlin mitgeteilt hatte. Zudem sollen sie untersuchen, ob Kardinal Rainer Maria Woelki, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße und die Kölner Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff Fehler gemacht haben beim Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs.
Erst vor zehn Tagen war die Visitation im Erzbistum Köln angekündigt worden. Der in die Kritik geratene Woelki sieht darin eine Chance, dass sein Aufarbeitungskurs durch den Blick von außen eine Bestätigung findet. Viele Stimmen jedoch sehen in dem römischen Kontrollbesuch selbst bereits Kritik an Woelkis Wirken. Von einem „Misstrauensbeweis des Papstes“ spricht etwa der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller. Andere Fachleute glauben, dass für die Beurteilung entscheidender noch als der Umgang mit Missbrauch der tiefe Graben zwischen vielen Gläubigen und der Bistumsleitung sein dürfte. Bislang ist wenig bekannt über das Gesprächsprogramm während der Prüfung. Umso größer ist die Spannung in Köln.(kna)