Dienstag, 13. Mai 2025
50 Jahre Partnerschaft mit dem Globalen Süden: Der Faire Handel stärkt

Mehr als nur Schokolade und Kaffee - der faire Handel stärkt Menschen. Bild: Visions-AD / AdobeStock.com
Durch die Kaufentscheidung etwas Gutes in der Welt tun. Seit einem halben Jahrhundert verbindet der faire Handel die Konsumenten in Deutschland mit den Produzenten im Globalen Süden. Das ist aktuell wichtiger denn je.
Um schwierige Zeiten zu überstehen gibt es fast nichts wichtigeres als stabile und verlässliche Partnerschaften. Das gilt ganz klar im Zwischenmenschlichen aber ebenso auf der weltpolitischen Bühne. Die weiterlaufenden Kriege in der Ukraine und Nahost, eine brenzlige Situation zwischen den Atommächten Indien und Pakistan und natürlich die unberechenbaren Manöver von US-Präsident Donald Trump haben in der Welt ein Klima der Unsicherheit geschaffen, dem sich am besten durch Einigkeit begegnen lässt.
Dementsprechend wichtig ist es für Deutschland aktuell, stabile Partnerschaften zu pflegen und das nicht nur in Europa sondern ausdrücklich auch mit Staaten des Globalen Südens. Umso verheerender schätzen deswegen Experten aber auch zahlreiche Politiker die geplanten Mittelkürzungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit ein. Die Bundesrepublik drohe dadurch, an Ansehen und Einfluss zu verlieren.
Kooperationen durch fairen Handel
Als umso wichtiger können sich in dieser Situation Kooperationen herausstellen, die weitestgehend unabhängig sind von staatlicher Unterstützung. Zu den erfolgreichsten zählen hier die Initiativen für fairen Handel. Durch garantierte Mindestpreise für die Waren im Handel sowie Prämien erhalten die Produzenten vor Ort existenzsichernde Löhne. Letztendlich kann das zur Stabilität der dortigen Wirtschaft und Gesellschaft beitragen und diese widerstandsfähiger gegen drohende Krisen machen.
Der faktische Beginn des fairen Handels in Deutschland liegt dabei in diesem Jahr genau ein halbes Jahrhundert zurück. Am 14. Mai 1975 wurde die Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt, kurz Gepa, gegründet. Leitende Akteure kamen damals aus kirchlichen Kreisen, von katholischer und evangelischer Jugend und dem Aachener Entwicklungshilfswerk Misereor etwa.
Konsum und Information
Dabei war die Gepa schon von Beginn an unabhängig von staatlicher Entwicklungshilfe oder dem Geld der Hilfswerke, erinnert sich Erwin Mock. Der 90-jährige engagierte Katholik trug damals als Misereor-Referent maßgeblich zur Gründung der Gesellschaft bei. Das besondere am Ansatz der Gepa war das Sichtbarmachen der Bäuerinnen und Bauern im Globalen Süden. "Wir verkaufen das Produkt und informieren über die Produzenten, ihre schwierigen Lebensbedingungen, aber auch über ihre menschlichen Werte", erklärt Mock. "Wir sollten den Menschen dort nicht nur Geld geben, sondern auch ihre Produkte zu uns holen."
Gepa-Produkte wurden zunächst vor allem in Weltläden vertrieben. Seit den 1990er Jahren finden sich die Produkte auch in einigen Supermärkten, wohlgemerkt nicht in Discountern, da sich deren Preispolitik mit den Grundsätzen des Unternehmens nicht vereinbaren ließe. Dennoch macht das Unternehmen inzwischen einen Jahresumsatz von rund 80 Millionen Euro. Dadurch habe für tausende Produzenten ein verbessertes und sicheres Einkommen geschaffen werden können. "Ich kann nur staunen, dass aus dem Samen von damals so ein großer Baum geworden ist", sagt Gründer Mock heute.
Der Grundstein, den die Gepa gelegt hat, konnte sich in Deutschland inzwischen auch im größeren Stil etablieren. Weiter verbreitet als Gepa-Produkte ist inzwischen das Fairtrade-Siegel, das seit 1997 die Organisation Fairtrade International auf Produkte vergibt. Im Dachverband sind dabei auch Produzentennetzwerke aus Afrika, Südamerika und Asien vertreten.
Rekorderlös für fairen Handel
Untersuchungen von Marktforschern belegen, dass das Fairtrade-Siegel inzwischen zu den bekanntesten und meistbeachteten Gütesiegeln im Lebensmittelbereich zählt. Und auch in Zahlen schlägt sich der Erfolg nieder: Anfang Mai meldete Fairtrade Deutschland einen Rekorderlös für fair gehandelte Produkte von 2,9 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Durchschnittlich 35 Euro im Jahr habe der deutsche Verbraucher pro Kopf für faire Lebensmittel und Handwerksprodukte gezahlt. Auch der Absatz in fast allen Produktgruppen sei gestiegen: Beim Kaffee liege der Marktanteil bei etwa 5 Prozent, beim Kakao bei 21 Prozent.
Es zeigt sich also, dass trotz einer derzeit als herausfordernd wahrgenommenen wirtschaftlichen Situation offenbar dennoch gesteigertes Interesse an den in der Regel teureren fair gehandelten Produkten bei den Verbrauchern vorhanden ist. Die positive Entwicklung, die der faire Handel in den vergangenen 50 Jahren genommen hat, scheint sich also zu verstetigen. Das kann letztlich dazu führen, immer neue Marktteilnehmer zu gewinnen und die klamme Entwicklungszusammenarbeit stärker durch Handelskooperationen zu stützen. (Johannes Senk, kna)
Wofür stehen die Fairhandels-Siegel im Supermarkt?
Fair gehandelt, aber auch nachhaltig produziert - Auf Lebensmitteln oder Kleidung im Einzelhandel findet sich inzwischen eine Vielzahl von Gütesiegeln. Doch was bedeuten sie eigentlich? Und: Sind alle gleich gut?
Seit 50 Jahren steht die Gepa für fair gehandelte Waren. Wer Gepa-zertifizierte Lebensmittel oder Kleidung kauft, unterstützt damit die Produzenten, die deutlich mehr vom Kaufpreis erhalten als im herkömmlichen Handel. Doch Gepa ist bei weitem nicht das einzige Gütesiegel, dass sich hierzulande auf Waren findet - nicht mal was den fairen Handel angeht. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) stellt die verbreitetesten Siegel vor.
- Gepa: Das Gepa-Symbol zeigt ein G mit einer sich daraus entwickelnden Spirale und gleicht ein wenig dem @-Zeichen. Es handelt sich hierbei allerdings nicht um ein Qualitätssiegel sondern um eine Eigenmarke, die in manchen Fällen auch noch andere Siegel tragen kann. Gepa vertreibt zahlreiche Lebensmittel wie Kaffee, Kakao-Produkte, Tee, Honig und Wein sowie einige Handwerks- und Textilprodukte. Gepa-zertifizierte Lebensmittel werden in Deutschland in einigen Supermärkten - allerdings keinen Discountern - und in Weltläden geführt. Das übrige Segment findet sich in der Regel nur in Weltläden oder online.
Für Einzelprodukte wie Kaffee oder Tee gilt ein Anteil von 100 Prozent aus fairem Handel. Bei Mischprodukten, also etwa Gebäck oder Schokolade, können auch Anteile von nicht fair gehandelten Waren enthalten sein. Das Unternehmen gibt an, in 70 Prozent seiner Mischprodukte zu über 75 Prozent fair gehandelte Zutaten zu verwenden. Auch Nachhaltigkeit spiele eine Rolle: Laut Gepa stammen 80 Prozent der Produkte aus geprüft ökologischem Anbau. Zudem werde größtenteils auf recycelbare und alufreie Verpackung geachtet.
- Fairtrade: Das Fairtrade-Siegel ist wohl das bekannteste Fairhandels-Siegel in Deutschland. Es wird vom Verein Fairtrade International vergeben und zeigt eine schwarze schematische Darstellung einer Person vor einem blauen und grünen Hintergrund. Produkte mit Fairtrade-Siegel finden sich in praktisch allen deutschen Supermärkten und Discountern. Die Produktspanne reicht von Kaffee über Bananen und Blumen bis zu Textilien.
Wie bei Gepa müssen auch für das Fairtrade-Siegel Produkte mit nur einer Zutat aus 100 Prozent fairem Handel stammen. Bei Mischprodukten gilt jedoch nur ein Mindestanteil von 20 Prozent. Ansonsten werden auch bei Fairtrade-Waren Mindestpreise und Prämien an Produzenten gezahlt sowie lokale Akteure wie Gewerkschaften in den Prozess eingebunden. Der Fairtrade-Standard fordert den Schutz bestehender Ökosysteme, schreibt aber etwa die Einhaltung von Klimaschutzstandards nur teilweise vor.
- Rainforest Alliance: Auch das grün-weiße Siegel mit dem Frosch der Rainforest Alliance findet sich auf vielen Produkten wie Bananen, Tee und Kaffee. Bei der Initiative steht vor allem die Nachhaltigkeit im Vordergrund. Rainforest Alliance fordert etwa von Vertragspartnern den Einsatz von ökologischem Pflanzenschutz, ein umfassendes Abwasser- und Abfallmanagement sowie Maßnahmen zur Wiederbelebung von belasteten Ökosystemen.
Ebenso will Rainforest Alliance nach eigenen Angaben auch bessere Voraussetzungen für Erzeugerinnen und Erzeuger schaffen. Die Christliche Initiative Romero (CIR) kritisiert jedoch, dass dafür wichtige Maßnahmen bei der Zertifizierung nicht berücksichtigt würden. So würden die Zahlung von Mindestpreisen sowie eines existenzsichernden Lohns für die Produzenten nicht aktiv gefördert. Stattdessen sei nur die Zahlung des jeweiligen nationalen Mindestlohnes Voraussetzung; der kann jedoch auch unter dem Existenzminimum liegen.
- Naturland fair: Das Naturland-Siegel mit den drei grünen Blättern ist in Deutschland vor allem als Gütezeichen für heimische landwirtschaftliche Produkte bekannt. Mit dem Naturland fair-Siegel breitet sich die Initiative auch auf den fairen Handel aus. Wie bei Gepa und Fairtrade müssen Rohwaren wie Tee, Kaffee oder Milch zu 100 Prozent fair gehandelt sein. Zudem wird die Zahlung existenzsichernder Löhne gefördert, auch für oft in der Landwirtschaft beschäftigte Saisonarbeiter.
Gleichzeitig werden vor allem solche Produkte zertifiziert, die lokale Ökosysteme schützen sowie zu deren nachhaltiger Nutzung und Revitalisierung beitragen. Der Standard fordert ebenso den Einsatz von ökologischem und mechanischem Pflanzenschutz anstelle von Pestiziden und fördert artgerechte Tierhaltung.
- Rapunzel Hand in Hand: Das grüne Siegel mit der weißen und der schwarzen Hand findet sich fast ausschließlich in Reformhäusern, Hofläden oder Bio-Supermärkten. Ähnlich wie Gepa handelt es sich nicht um eine unabhängige Zertifizierung sondern um ein Label für die Eigenmarke Rapunzel. Die Produktpalette beschränkt sich auf Lebensmittel, darunter Rohwaren wie Kaffee und Nüsse und verarbeitete Produkte wie Pasta, Aufstriche und Wein. Die CIR bescheinigt der Marke hohe Sozialstandards, die auch unabhängig geprüft würden. Verbesserungsfähig sei allerdings noch die Einbeziehung von lokalen Gewerkschaften sowie die Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeiter und Produzenten. (kna)