Mittwoch, 15. Januar 2025
Trumps Gegenspieler

Außergewöhnliche akademische Qualifikation: Robert McElroy, neuer Erzbischof von Washington (Foto: Paolo Galosi/Romano Siciliani/kna)
Washingtons neuer Erzbischof McElroy gibt dem Präsident Kontra
Papst Franziskus hat den Kardinal aus gutem Grund ernannt – pünktlich zu Trumps Amtseinführung.
Während viele seiner Amtsbrüder schwiegen, erhob der Bischof von San Diego seine Stimme. 2017, als US-Präsident Donald Trump massenhaft Einwanderer ohne Papiere abschieben wollte, sagte Robert McElroy: „Wir müssen jene stören, die Flüchtlinge als Feinde darstellen statt als unsere Brüder und Schwestern in großer Not.“ Nun wirkt der 2022 von Papst Franziskus zum Kardinal erhobene Kleriker als neuer Erzbischof von Washington in Nachbarschaft zum Weißen Haus, wo nun Trumps zweite Amtszeit beginnt.
Gegenüber Trumps Migrationspolitik will er klar die Position der Kirche vertreten. McElroy mahnte, dass Massenabschiebungen mit der katholischen Lehre unvereinbar seien. Zwar lehre die Kirche, dass ein Land das Recht habe, seine Grenzen zu kontrollieren, doch müsse man „ein Gespür für die Würde eines jeden Menschen“ haben.
Als promovierter Historiker und Politologe mit Abschlüssen aus Stanford und Harvard verfügt McElroy über eine für Kirchenleute außergewöhnliche akademische Qualifikation. Nach Ansicht des Kolumnisten Michael Sean Winters vom Magazin „National Catholic Reporter“ zählt der Kardinal zu den wenigen in der US-Kirche, die die Beziehung zwischen Politik und Theologie durchdrungen haben.
Brillant und wortgewandt
McElroy gilt als einer der profiliertesten Verbündeten von Franziskus im konservativ geprägten US-Episkopat. Er steht nicht nur für eine pastorale Vision, sondern auch für gesellschaftliches Engagement. In seiner Berufung erkennen viele Analysten eine Antwort des Papstes auf die Entsendung seines langjährigen Kritikers Brian Burch als US-Botschafter in den Vatikan – sowie als Korrektiv des zum Katholizismus übergetretenen Vizepräsidenten J.D. Vance, der zu den Erzkonservativen zählt. Während dieser kein Problem mit Trumps Anti-Einwanderungspolitik hat, steht McElroy für einen an den Bedürfnissen der Menschen orientierten Kurs.
„McElroy ist die beste Wahl für den Job in der Hauptstadt“, urteilt der Jesuit Tom Reese. Der Kardinal sei brillant, wortgewandt und ein klarer Unterstützer von Franziskus: „Er teilt dessen Überzeugung, dass die Kirche auf der Seite der Armen und Ausgegrenzten stehen muss.“
Besonders deutlich wird McElroys Position in der Abtreibungsdebatte. Während viele seiner Amtsbrüder das Thema zum alles überragenden Thema erheben, argumentiert er differenzierter. „Abtreibung ist nur einer von mehreren kritischen Punkten der katholischen Morallehre“, schrieb er 2023 in einem Essay für das „America Magazine“. (Thomas Spang)