Mittwoch, 05. Mai 2021
Singen ist wie beten

Auftritt Sarah Brendel – hier in einem ökumenischen Jugendgottesdienst beim Evangelischen Kirchentag 2005 in Hannover. (Foto: imago images/epd)
In der Musik findet Sarah Brendel ihr inneres Zuhause
Mit 16 Jahren entschied sich Sarah Brendel für ein Leben mit Jesus. Heute lebt die Musikerin mit ihrer Familie in der christlichen Künstlerkommunität Schloss Röhrsdorf. Hier nahm sie auch ihr aktuelles Album auf.
„Immer wieder denke ich darüber nach, was es bedeutet, jeden Tag mit Gott zu leben, und finde heraus, dass Glaube und Kirche zuerst in meinem Herzen beginnen“, sagt Sarah Brendel. Diese Herzenshaltung bestimmt ihr Leben bis in den Alltag hinein. Weiter sagt sie: „Menschen sind oft ganz anders, als sie auf den ersten Blick scheinen, ich sehe nur Ausschnitte und nie das Ganze, das kann nur Gott erkennen. Das ist für mich ein tägliches Lernen, vorurteilsfrei und am besten mit liebenden Augen die Menschen in meiner Umgebung wahrzunehmen.“ Gott im Alltag heißt für Sarah Brendel auch ganz praktisch Liebe weiterzugeben. Beispielsweise bei der Herausforderung, ihre beiden Kinder zu Hause zu unterrichten oder die Ehe und Freundschaft mit ihrem Mann zu pflegen. „Ich kann nicht sagen, heute liebe ich und morgen nicht. Liebe beginnt zu Hause, jeden Tag aufs Neue.“
Sarah Brendel ist Musikerin und Mitbegründerin der Künstlerkommunität Schloss Röhrsdorf (Gemeinde Dohna) bei Dresden. Weiter gründete sie das „Refugeeum“-Projekt, das in Syrien Witwen und geflüchteten Familien hilft. Geboren wurde sie in Hannover, wuchs in Vechta zusammen mit fünf Schwestern auf und besuchte die Liebfrauenschule. Neben ihrem vollen Alltag begann sie, ihre ersten Lieder zu schreiben. „Musik wurde mein inneres Zuhause, immer wenn ich sang, kam ich innerlich zur Ruhe und erfand meine eigene Welt.“ Der Glaube an Gott inspirierte sie, ihre ersten Texte und Melodien zu schreiben. Die Musik wurde Sarahs Ausdrucksmittel und immer wieder gibt sie den Unterdrückten eine Stimme. „Singen ist wie beten. Eine Sprache des Herzens.“
Mit 16 Jahren auf der Suche nach Gott, begann sie, in der Bibel zu forschen. Religiös zu sein, lag ihr fern. „Eines Abends las ich in meinem Zimmer von der Kreuzigung und ich begann zu weinen, weil mich das, was ich las, so tief in meinem Inneren ergriffen hat.“ Die Bibel wurde ihr zum ständigen Wegbegleiter und der Glaube an Jesus Christus ihr Lebensfundament. Seit zwölf Jahren leben Sarah und ihre Familie in der Künstlerkommunität Schloss Röhrsdorf. Als Freunde und mit Hilfe lokaler Firmen renovierten sie das Schlossgebäude und richteten Gästezimmer ein. Fünf Familien leben hier zusammen in einer Lebensgemeinschaft, von denen nicht alle Künstler sind, die aber Vision und Leben teilen. Das Schloss Röhrsdorf und die Gemeinschaft sind ein Ort der Begegnung für Menschen aus der ganzen Welt, ein Ort für kreative Prozesse, ein Ort zum Innehalten und zum Ankommen.
Zu den Gottesdiensten sind alle eingeladen
Zudem gibt es ein Tonstudio und eine Pension für Musiker, die im Studio Musik aufnehmen, und es gibt Platz für Gäste, die einfach mal raus wollen und Ruhe gebrauchen können. Die Gemeinschaft trifft sich regelmäßig zum Gebet und Austausch und zu ökumenischen Gottesdiensten, die auch für Menschen von außerhalb offen sind. Werte wie Gastfreundschaft, Barmherzigkeit und Großzügigkeit sind der Gemeinschaft wichtig. In einer solchen Lebensform zu leben, ist immer wieder ein Abenteuer, das es zu erkunden und zu bewältigen gilt, betont Sarah Brendel. Und sie ergänzt: „Gemeinschaftliches Leben ist wie eine Großfamilie, es ist wunderschön und anstrengend zugleich.“
Gerade in der Zeit des ersten Corona-Lockdowns wuchs die Gemeinschaft enger zusammen, durch gemeinsames Homeschooling der Kinder und regelmäßigere Mahlzeiten wurden Freundschaften vertieft, auch das gemeinsame Gebet verstärkte sich. „In einer gesunden Kommunität wird man aufgefangen, gerade in Zeiten von Not kann eine Gemeinschaft zu einem Zufluchtsort werden“, sagt Sarah Brendel. „Ich wünsche mir Gemeinschaften, in denen einsame Menschen ein Zuhause finden.“
Ihre Songs sind von Bob Dylan beeinflusst
Eins von Sarah Brendels Herzenprojekten ist neben ihrer Familie, der Kommunität und der Musik das Projekt „Refugeeum – Direkte Hilfe vor Ort in Syrien“ für Menschen, die alles verloren haben. Zweimal besuchte Sarah Brendel in Griechenland Flüchtlingslager und traf dort viele Menschen, die aus Syrien fliehen mussten.Besonders auch die Menschen, die es nicht geschafft haben, dem Krieg zu entkommen, liegen Sarah Brendel und ihrem kleinen Team in Syrien am Herzen. Hunderte in der Region Idlib konnten sie schon mit Lebensmitteln und anderem Lebensnotwendigen unterstützen. Auch ein Projekt in Damaskus für Witwen und ihre Kinder, die ihre Männer im Krieg verloren haben, konnten sie aufbauen und regelmäßig helfen.
Kurz vor dem ersten Corona-Lockdown hat Sarah Brendel mit ihrer Band ihr neues Album „AMONG 10.000“ im Studio der Künstlerkommunität aufgenommen. Ihre poetischen Folksongs sind von Bob Dylan und alten Gospelmusikern beeinflusst und widmen sich tiefen Themen wie soziale Gerechtigkeit, Flucht, Kindheit und Zuhause. „AMONG 10.000 ist ein großes Liebeslied an die Menschen, die ich getroffen habe und deren Geschichten ich, auch unter Zehntausenden, nicht vergessen will.“
Sarahs Stimme trägt all das nach außen, was in ihr lebt, sie bringt das Herz in Aufruhr und zur Ruhe. Inzwischen gibt es schon viel positive Resonanz zum Album. Eine Hörerin schreibt: „Ich habe gelacht und geweint, ich fühle mich getröstet und verstanden.“ Ein anderer Hörer schreibt: „Lege ich deine Platte auf, habe ich Angst, sofort in Tränen auszubrechen, weil deine Lieder etwas so spitz Ehrliches beinhalten und transportieren. Ich höre diese Platte von vorne bis hinten und erfahre sie komplett.“ Glaube und Musik gehen für Sarah Brendel Hand in Hand. „Ich möchte nicht nur auf der Bühne über die Liebe singen, sondern möchte vor allem, dass sie in meinem Leben praktisch wird.“
(Holger Jakobi)
Info und CD-Bestellung: www.sarahbrendel.de
Zum Verein: www.refugeeum.org