Dienstag, 02. November 2021
Um etwas zu bewegen, braucht es Geld

Domkapitular Peter Schappert (rechts) im Interview mit Bistumssprecher Markus Herr. (Foto: Scherer/Pressestelle)
Gespräch mit Diözesanökonom Schappert: Wozu das Bistum sein Vermögen und seine Einnahmen einsetzt
In einem Interview gibt Diözesanökonom Peter Schappert aktuell Einblicke in die finanzielle Situation des Bistums Speyer. Um die Höhe des kirchlichen Vermögens, die jährlichen Einnahmen und Ausgaben und künftige Herausforderungen geht es in dem Interview, das die Pressestelle des Bischöflichen Ordinariates geführt hat.
„Alles Vermögen der Kirche hat den einzigen Sinn, die Verkündigung des Evangeliums zu ermöglichen. Geld in der Kirche ist niemals Selbstzweck, sondern immer nur Mittel zum Zweck. Ausgaben müssen zielgerichtet, nach ethischen und rechtlichen Maßstäben, wirtschaftlich und nachhaltig erfolgen“, betont Peter Schappert. Jesus habe in seinen Gleichnissen immer wieder Bezüge zur Welt des Arbeitens und Wirtschaftens und auch zum Geld selbst hergestellt. „Wer in dieser Welt etwas bewegen möchte, braucht die Mittel dazu. Das ist etwas ganz Normales, für jeden von uns und auch für die Kirche“, unterstreicht der 59-jährige Domkapitular, der in der Leitung der Diözese für die Bereiche Finanzen und Bauen verantwortlich ist.
Er sieht eine Kirche mit Vermögen im Einklang mit dem Auftrag, für die Armen da zu sein. „Die Kirche hat ein gewisses Vermögen, so wie auch jede Organisation und jedes Unternehmen ein bestimmtes Vermögen braucht, um seine Ziele zu erreichen. Ich finde das weder kritikwürdig noch unchristlich. Denn wir setzen dieses Vermögen ein, um jeden Tag aufs Neue unserem Auftrag der Verkündigung, der Seelsorge, der Bildung und der Hilfe für Arme und Notleidende gerecht zu werden“, so der Standpunkt des Speyerer Diözesanökonoms. Jesus habe den Jüngern, seinen Nachfolgern und damit auch der Kirche den Auftrag gegeben, ihre Kräfte für die Verbreitung der frohen Botschaft und das Kommen des Reiches Gottes in dieser Welt einzusetzen. „Dazu gehört auch, die dafür erforderlichen Mittel zu sammeln und zu vermehren. Nur so kann man in dieser Welt etwas bewirken. Geld ist nichts, was aus sich heraus schlecht wäre. Entscheidend ist der Gebrauch, den man davon macht.“
Zum Vermögen der Kirche
Zum Vermögen nannte der Domkapitular mehrere Zahlen. Zum einen die knapp 1 500 Gebäude im Eigentum der katholischen Kirche zwischen Rhein und Saar. Außerdem rund 1 950 Grundstücke mit etwa 1 000 Hektar Fläche, die an Winzer und Landwirte verpachtet sind. Dazu gibt es weitere einzelne Grundstücke im Eigentum von Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften. Gerade die Gebäude sowohl im Eigentum des Bistums als auch der Kirchengemeinden sind aber auch ein Ausgabeposten: Rund 27 Millionen Euro werden im Bistum Speyer jährlich in Sanierung und Erhalt gesteckt, davon 20 Millionen Euro in Gebäude der Pfarreien sowie je 3,5 Millionen für bistumseigene Gebäude und für Kitas.
Zum Vermögen des Bistums zählten sodann Beteiligungen, etwa am Gemeinnützigen Siedlungswerk Speyer (kirchliche Wohnungsbaugesellschaft), am Peregrinus-Verlag Speyer (Bistumszeitung und weitere Produkte) sowie am Institut für Lehrerfortbildung und der Katholischen Fachhochschule Mainz. Das Finanzvermögen der Diözese ist nach Schapperts Angaben in einem großen Fonds angelegt, der rund 350 Millionen Euro umfasse. Der größte Teil davon seien Rückstellungen für die Altersversorgung der Priester und der Kirchenbeamten. Die Diözese ist verpflichtet, die Altersversorgung dieser beiden Berufsgruppen zu gewährleisten, da diese nicht im öffentlichen Rentensystem gegriffen sind.
Zu Einnahmen und Ausgaben
Peter Schappert räumt ein, dass es für den Laien eher schwierig ist, sich einen Überblick über kirchliche Vermögensstrukturen und Aufgaben zu verschaffen. Neben Pfarreien und Orden gibt es zum Beispiel in Speyer sechs verschiedene Haushalte: Bistum, Bischöflicher Stuhl, Domkapitel, Kathedralkirchenstiftung, Emeritenanstalt und Pfründestiftung.
Anteilig speisen sich die Einnahmequellen des Bistums derzeit zu 78 Prozent aus der Kirchensteuer. Spenden machen 0,2 Prozent der Einnahmen aus. Sonstige Erträge, vor allem selbst erwirtschaftete Gelder, tragen mit 13,8 Prozent zu den Gesamteinnahmen bei. Es kommen acht Prozent aus staatlichen Zuschüssen hinzu. Peter Schappert sagte, der Staat wolle diese Leistungen, die aus der Säkularisation von 1803 (der Enteignung der Kirche durch den Staat) und mit den Verpflichtungen des Staates im bayerischen Konkordat zusammen hängen, ablösen. „Die verschiedenen Versuche dazu unterstützen wir.“
Die Ausgabenseite bezifferte Domkapitular Schappert mit derzeit circa 165 Millionen Euro. Etwas mehr als die Hälfte davon fließe in die Pfarreien für Personal, Gebäude, Kitas und anderes. Weitere Gelder gehen in mehrere Aufgabenfelder von Bildung bis Verwaltung (siehe Grafik auf Seite 14 oben). So fließen knapp zehn Prozent der Kirchensteuereinnahmen in den Bereich Caritas, wobei für Caritasarbeit natürlich mehr ausgegeben werde als dieser Teil aus der Kirchensteuer. In allen Haushaltsposten sind Personalkosten enthalten, 47 Prozent der Mittel (oder 78 Millionen Euro) werden für Kirchenmitarbeitende ausgegeben. Zahlen nannte Peter Schappert auch zum Thema sexueller Missbrauch: An bislang 62 Betroffene seien in Anerkennung ihres Leides oder für Therapiekosten insgesamt 770 000 Euro gezahlt worden – dies aus dem Haushalt des Bischöflichen Stuhles und nicht aus Kirchensteuermitteln, wie der Domkapitular betont.
Mit Blick auf die Finanzen sieht der Diözesanökonom das Bistum Speyer vor großen Herausforderungen: „Nach einer Prognose der Universität Freiburg wird sich die Zahl der Katholikinnen und Katholiken im Bistum Speyer bis zum Jahr 2060 voraussichtlich um mehr als 50 Prozent verringern.“ Das habe massive Auswirkungen auf die Finanzen. Schappert plädiert für eine Reduzierung der Aufgaben. „Wenn wir weniger Einnahmen haben, dann können wir unseren Haushalt nur dadurch ausgeglichen erhalten, dass wir auch weniger Ausgaben haben. Das heißt, dass wir entsprechend dem Sinken unserer Einnahmen auch unsere Aufgaben reduzieren müssen.“
Konkret heißt dies, innerhalb der nächsten zehn Jahre jährlich ein Prozent der Haushaltssumme zu reduzieren, insgesamt also 16,5 Millionen Euro. Schappert geht jedoch davon aus, dass aufgrund der kirchlich-gesellschaftlichen Situation (Kirchenaustritte, weniger neue Kirchenmitglieder) weitere „x Prozent“ eingespart werden müssen, „um den Haushalt im Lot zu halten“. Die Ab- oder Aufgabe von Vermögenswerten, etwa der Verkauf von Gebäuden, sei dafür nicht die passende Lösung, wenn sie nicht das langfristige Problem löse. (is/hm)
Das etwa 18-minütige Interview ist auf dem Youtube-Kanal des Bistums Speyer: https://youtube /SQwTCF9V-Q4 zu sehen.