Freitag, 21. Januar 2022
Aus der Anonymität holen

Sarah Ditscher, Janet Weisbrodt-Barth, Wolfgang Ettmüller und Norbert Amberger (von links) in der Werkstatt der Bildhauerei Weisbrodt in Niederkirchen. (Foto: Clemens)
Gedenkstein für fünf jüdische Mitbürger, die Opfer der Naziverbrechen wurden
Konzentriert arbeitet Steinmetz- und Steinbildhauergesellin Sarah Ditscher von der Bildhauerei Weisbrodt in Niederkirchen mit Bildhauerklüpfel und -eisen an der feinen Schrift auf dem 180 mal 55 mal 14 Zentimeter großen Ocean-Beige-Kalkstein. Mit dem Gedenkstein soll den fünf aus Rödersheim stammenden jüdischen Mitbürgern Elias Reiss, Richard Reiss, Alice Reiss, Isidor Heim und Paula Kahn geborene Heim, die im Nationalsozialismus Entrechtung, Vertreibung, Deportation und Ermordung ausgesetzt waren, gedacht und sie aus der Anonymität geholt werden.
Initiiert wurde die Aufstellung eines Gedenksteins aus den Reihen der Geschichtswerkstatt im Turnverein Rödersheim, die 2018 zur Vorbereitung des 125-jährigen Vereinsjubiläum gegründet worden ist. 2020 haben Wolfgang Ettmüller und Norbert Amberger von der Geschichtswerkstatt zu Spenden für die Ausführung des Gedenksteins aufgerufen und können sich über 8 100 Euro für die Finanzierung der Stele freuen.
Die von den Initiatoren entwickelte Inschrift mit den Namen sowie zwei Texten wurde von der Steinmetz- und Bildhauermeisterin Janet Weisbrodt-Barth ausgearbeitet. Durch verschiedene Vertiefungen entsteht optisch ein Kontrast zwischen Namen und Textteilen. „So einen Auftrag hat man nicht jeden Tag, auch nicht jeden Monat oder jedes Jahr“, formuliert sie die Besonderheit dieses Gedenksteins für ihre Werkstatt.
Wenn der Gedenkstein fertig ist, soll er in Abstimmung mit dem Gemeinderat auf dem Rödersheimer Friedhof als Teil des geplanten Memoriam-Gartens aufgestellt werden. Die Einweihung ist für den 15. Mai geplant. Dazu hat Wolfgang Ettmüller Ministerpräsident a. D. Kurt Beck als Festredner gewinnen können. „Außerdem werden die örtlichen Kirchengemeinden und die jüdische Gemeinde Rheinpfalz an dem Festakt beteiligt sein, der musikalisch vom ,MusikGesangVielfalt Frohsinn‘ sowie Instrumentalisten umrahmt wird“, beschreibt Ettmüller einen Teil des hochkarätigen Programms der Zeremonie.
Über die Einweihung hinaus wird es rund um die Stele ein umfangreiches Exkursions- Angebot zu jüdischen Stätten geben, das in Kooperation zwischen Geschichtswerkstatt und Kirchengemeinde St. Leo organisiert wird. Die dabei besuchten Stätten stünden alle in einem engeren oder weiteren Zusammenhang mit den Rödersheimer Juden, betont Ettmüller, der sich umfangreichen historischen Forschungen zu Geschichte der Rödersheimer Juden und ihrer Schicksale widmet.
Zu der Gedenkstele wird es zudem eine Informations- broschüre geben, und es ist geplant einen QR-Code anzubringen, um die Informationen Besuchern auch digital zugänglich zu machen. (acl)