Mittwoch, 23. März 2022
Neue Kurienreform

In den vergangenen hundert Jahren wurde die Weltkirchenzentrale 1967 unter Papst Paul VI. und 1988 unter Papst Johannes Paul II. reformiert. (Foto: actionrpress)
Papst Franziskus öffnet am Josefstag Kurienspitze auch für Frauen
Am 19. März, dem Tag des heiligen Josef, wurde vom Vatikan sehr überraschend die Kurienreform veröffentlicht. Neun Jahre wurde an ihr gearbeitet; seit vier Jahren schon wurde sie erwartet. Dass die meisten Änderungen bekannt und schon in Kraft sind, hatte Franziskus zuletzt mehrfach gesagt. Gleichwohl bietet die Apostolische Konstitution „Praedicate evangelium“ (Verkündet das Evangelium) einige wichtige Neuigkeiten:
Kurienchefs können künftig auch Laien sein, ob Mann oder Frau. Eine Behörde leitet der Papst selbst. Und sein Sozialarbeiter wird aufgewertet. Spätestens mit 80 Jahren muss jeder Kuriale künftig in Rente gehen – mit Ausnahme des Papstes selbst.
Betroffen sind rund 2 500 Menschen; ein Großteil davon Kleriker, die in der Kurie und im Vatikanstaat arbeiten. Doch auch für die Weltkirche ändert sich einiges. So sollen künftig mehr Laien als besser ausgebildete Fachkräfte am zentralen Leitungsorgan der katholischen Kirche arbeiten. Zugleich soll die Kurie auch den Ortskirchen zuarbeiten, statt sich zwischen Papst und Bischöfe zu stellen.
Mit der neuen Verfassung relativiert Franziskus traditionelle Hierarchien zwischen den Behörden. Sie alle heißen nun „Dikasterium“, nicht mehr „Kongregation“ oder „Rat“. Inwiefern die Reihenfolge ihrer Nennung bedeutsam wird, muss sich zeigen. Dass die neue Behörde für Evangelisierung an erster Stelle genannt wird, vor der altehrwürdigen Glaubenskongregation, ist ein Zeichen – zumal der Papst selbst sie leiten will.
Dass eine Kurienbehörde von einem Papst persönlich geleitet wird, ist nicht neu. Pius XII. (1939 bis 1958) war über etliche Jahre sein eigener Staatssekretär. Formal hatten Päpste früher auch die Glaubenskongregation, damals „Heilige Römische Inquisition“, die Bischofs und Ostkirchenkongregation unter sich. Der Glaubenskongregation wird nun die 2014 errichtete päpstliche Kinderschutzkommission einverleibt; eine eigene Leitung soll sie indes behalten.
Direkt nach der Behörde für die Glaubensbehörde folgt jene für Sozial- und Nothilfe. Damit steht – zumindest im Inhaltsverzeichnis – der päpstliche Sozialbeauftragte noch vor jenen Präfekten, die für Bischöfe, Orden, Klerus zuständig sind. In der Praxis muss das nicht viel heißen; gleichwohl ist es ein klares Signal an die traditionsbewusste Kurie.
Die nun offiziell festgelegte Öffnung höchster Kurienämter für Laien, hatte sich angedeutet. Seit 2018 leitet Paolo Ruffini als erster Laie eine Vatikanbehörde, jene für Kommunikation. Im Synoden- und im Staatssekretariat, in der Entwicklungsbehörde sowie im Governatorat des Vatikanstaates hatte Franziskus zuletzt mehrere Frauen in hohe Aufgaben berufen.
Neu ist: Die Vollmacht eines Kurienamtes hängt nicht mehr an einer Weihe, sondern wird vom Papst verliehen – ob an einen Bischof, eine Ordensfrau oder einen männlichen Laien. Qualifikation und Profil der Behörde müssen zueinander passen. Demnach könnte die erste Kurienpräfektin bald eher bei der Familien- oder Bildungsbehörde folgen als bei denen für Bischöfe, Klerus und Ordensleute.
Wichtigste Aufgabe der gesamten Kirche – also auch der Kurie – ist laut Franziskus, den Menschen die christliche Botschaft nahezubringen. Neben strukturellen Veränderungen will er der weltkirchlichen Zentralverwaltung einen neuen Teamgeist einflößen: Missionarischer, vielfältiger, professioneller und synodaler soll sie werden. Und effektiver – nicht nur angesichts knapper Kassen, die der Umsetzung manches Reformideals entgegenstehen dürften.
Die neue Kurienverfassung tritt zu Pfingsten (5. Juni) in Kraft. (kna)