Freitag, 29. April 2022
Rom einmal anders erlebt
Pilgergruppe auf Spurensuche der spannungsreichen Geschichte der Kirche
Rom, das ist mehr als die klassischen Stätten der Kirche, die üblicherweise besucht werden. Davon konnte sich eine Pilgergruppe aus Speyer mit Domkapitular Peter Schappert als geistlichem Begleiter und Reiseleiter während einer sechstägigen Reise überzeugen, die vom Pilgerbüro Speyer angeboten wurde.
Am Morgen des 5. April machte sich die Gruppe, bestehend aus 23 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, vom Frankfurter Flughafen aus auf den Weg nach Rom, und jedem war klar: Dies wird eine ganz besondere Pilgerreise. Ging es doch darum, die Pracht der Renaissance zu bewundern, aber auch die schweren Entwicklungen für die Kirche, die in dieser Zeit begründet wurden – einschließlich der Kirchenspaltung in der Reformation – realistisch zu beleuchten. Diese Spannung zwischen künstlerischen Höchstleistungen und der offensichtlichen kirchenpolitischen Katastrophe zu erkennen, kann für die heutige Zeit hilfreich sein, die richtigen Weichenstellungen für die Zukunft der Kirche zu finden.
Die Päpste in der Renaissance, mit denen sich die Gruppe intensiv unter der sehr kompetenten Führung von Domkapitular Schappert beschäftigte, umfassten den Zeitraum von 1471 bis 1534, beginnend mit Sixtus IV. über Innozenz VIII., Alexander VI., Julius II., Leo X., und Clemens VII.
Bereits die beeindruckende Statue des Moses von Michelangelo, Teil des Grabmals von Julius II. in der Kirche San Pietro in Vicoli, machte deutlich, dass in der damaligen Zeit die Führung der katholischen Kirche, die eigentliche Aufgabe des Papstes, nicht immer im Vordergrund stand. Vielmehr hatten häufig die Unterstützung der eigenen Familie sowie das Vermehren des Reichtums des Kirchenstaates höhere Priorität.
In der Kirche S. Maria dell’Anima, der Nationalkirche der deutschsprachigen Katholiken, wurde der enge Bezug zum Speyerer Dom deutlich. In der Sakristei sind die Büsten der deutschstämmigen Päpste zu sehen, also auch diejenigen, die von Salierkaiser Heinrich III. vorgeschlagen wurden.
Der Besuch der drei architektonisch äußerst interessanten Palazzi Barberini, Doria Pamphilij und Colonna mit entsprechender Führung vermittelte einen Eindruck über die Kunst der Renaissance und des Barocks mit berühmten Künstlern wie zum Beispiel Raffael, Caravaggio und Bernini.
Der Besuch der Kirche S. Maria in Trastevere mit der Teilnahme am Gebet der Gemeinschaft S. Egidio bot Gelegenheit zur inneren Einkehr und regte zum Nachdenken über die eigene Lebensgestaltung an. Die Messfeier der Pilgergruppe mit Domkapitular Peter Schappert im Petersdom, in unmittelbarer Nähe des Grabes des heiligen Petrus, war ein besonderer Höhepunkt der Reise. Die musikalische Vorbereitung und Begleitung der Gesänge durch Georg Koll-Görgen trugen dazu bei, den Glauben intensiver wahrzunehmen und über dessen Wurzeln nachzudenken.
Im Anschluss wurden die Gräber der Päpste Sixtus IV. und Julius II. besucht sowie das Grabmal von Papst Sixtus IV. in der Schatzkammer des Doms. Die Verbundenheit mit Speyer wurde deutlich in der Mittel- achse des Petersdoms, hier ist im Marmorboden der Hinweis „Ecclesia Cathedralis Spirensis“ mit der Angabe der Länge des Speyerer Doms von 134 Metern zu finden.
Beim Besuch der Engelsburg unter Führung eines ehemaligen Schweizer Gardisten wurde erneut die weltliche Seite des Papsttums beleuchtet. Die Dachterrasse bot einen großartigen Überblick über Rom und den Vatikan.
Zwei Begegnungen mit Papst Franziskus standen ebenfalls auf dem Programm. Am Mittwochmorgen durfte die Gruppe bei der Papstaudienz die Warmherzigkeit des Papstes erleben, als er ukrainischen Flüchtlingskindern Geschenke überreichte. Am Palmsonntag war die Teilnahme an der Papstmesse ein unvergessliches Erlebnis, auch weil die Gruppe den Papst im Papamobil aus nächster Nähe sehen und ihm zujubeln konnte.
Bleibt noch zu erwähnen, dass es die sehr zentral gelegte Unterkunft Fraterna Domus erlaubte, fast alles zu Fuß zu erreichen. Ebenfalls erwähnenswert sind die guten Abendessen, bei denen es möglich war, das Erlebte Revue passieren zu lassen.
Etwas müde, aber mit vielen Eindrücken, trat die Gruppe am Abend des Palmsonntages die Heimreise an in dem Bewusstsein, dass diese Pilgerfahrt wirklich eine ganz besondere Reise gewesen ist. (Guenther Frei)