Freitag, 09. September 2022
Leitmotiv: Mehr vom Glauben wissen
„Würzburger Fernkurs“ besteht seit mehr als 50 Jahren
„Theologie im Fernkurs bietet mit Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz Kurse im Fernstudium für alle Interessierten an, die mehr vom christlichen Glauben wissen, sich argumentativ mit Glaubensfragen auseinandersetzen und seine Bedeutung für das eigene Leben erschließen wollen.“ So steht es auf der Webseite des sogenannten „Würzburger Fernkurses“. Seit mehr als 50 Jahren gibt es dieses theologische Bildungsangebot, das aus dem Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils entstanden ist.
„1970 starteten die ersten Kurse in allen deutschen Bistümern“, blickt Alois Moos, seit 2005 Beauftragter für den „Würzburger Fernkurs“ im Bistum Speyer, auf die Anfänge zurück. Hintergrund des Qualifizierungsangebots sei die Neuentdeckung des Volkes Gottes während des Konzils gewesen. „Von nun an wurden alle Christen als Menschen wahrgenommen, die Kirche aktiv mitgestalten. Zum Ausdruck kam dies durch die Verabschiedung des Dekrets über das Laienapostolat“, so Moos, und er fügt erklärend hinzu: „Das Wort ,Laie‘ stammt aus dem Griechischen und bedeutet ,Mitglied des Volkes Gottes‘“. Seitdem seien Laien in der Weitergabe des Glaubens aktiv, etwa in der Verbandsarbeit oder in Pfarrgemeinderäten.
Mit der Zeit wuchs das Bedürfnis, über den Glauben ins Gespräch zu kommen. Ab Mitte der 1960er Jahre gab es deshalb Überlegungen, einzelne Glaubens- und Gesprächsabende anzubieten. Ein Motor war die Domschule Würzburg, eine Art Erwachsenenbildung in dem fränkischen Bistum. Anregungen erhielten die Verantwortlichen unter anderem von der Schweiz und Österreich, wo bereits vergleichbare Fernkurse existierten. Das Kurskonzept stieß bei der Deutschen Bischofskonferenz auf Zustimmung, so dass die Domschule den Auftrag für ein theologisches Bildungsangebot für ganz Deutschland erhielt. Der „Würzburger Fernkurs“ war geboren.
„Das Leitmotiv des Fernkurses ,Mehr vom Glauben wissen‘ gilt bis heute und verdeutlicht, dass mündige Christen ihren Glauben nur richtig leben können, wenn sie die Heilige Schrift verstehen“, unterstreicht Alois Moos. Dabei reiche es nicht aus, sich mit den Texten der Bibel zu beschäftigen, sondern sie müssten auch für die Zeit ausgelegt werden, in der man lebt, und zwar so, dass sie auch in der Gegenwart als Wort Gottes verstanden werden. Als Beispiel nennt der Theologe die Homosexualität, für die es in der Entstehungszeit der Bibel keinen Begriff gegeben habe.
Es gibt vier verschiedene Kurse
Herzstück des Würzburger Fernkurses sind die Lehrbriefe, die zuhause studiert und an Wochenendseminaren in der Gruppe besprochen werden. „Die ersten Lehrbriefe waren in einer noch sehr theologischen Sprache gehalten“, erinnert sich Alois Moos. In der Zwischenzeit seien sie lerngerecht und inhaltlich verständlich überarbeitet worden. Vier Kurse stehen zur Wahl: ein Grundkurs, ein Aufbaukurs, ein religionspädagogischer Kurs für Menschen, die als Seiteneinsteiger Religionslehrer werden möchten, sowie ein pastoraltheologischer Kurs (wird im Bistum Speyer nicht angeboten, weil das Priesterseminar Pastoraltheologie unterrichtet). Ziel sei es zum einen, in seinem jeweiligen Lebensumfeld das Evangelium zu den Menschen zu bringen und zum anderen, das notwendige Rüstzeug zu erhalten, um das kirchliche Leben in den Gemeinden mitzugestalten, etwa als Katecheten.
An der Theologie interessiert
Maria Hartz hat schon früh Situationen erlebt, die sie sehr beschäftigten. Immer wieder stellte die heute 73-Jährige Bezüge zwischen dem Evangelium und dem kirchlichen Leben her. „Dabei fiel mir auf, dass beides häufig nicht so recht zusammenpasst.“ Und so suchte sie nach Antworten. Diese erhielt sie bei ganz unterschiedlichen Gelegenheiten – etwa im Rahmen der Ausbildung zur Gottesdiensthelferin in den 1990er Jahren oder auch von einzelnen Personen, Priestern und Laien.
Eine Freundin berichtete Maria Hartz vom „Würzburger Fernkurs“, den sie absolvieren wollte, um theologische Inhalte besser verstehen zu können. „Der Kurs war mir nicht unbekannt, ich hatte sogar schon Info-Material Zuhause“, erinnert sich Maria Hartz, die mit ihrem Mann in Gersheim im Saarpfalz-Dekanat lebt. Und so beschloss sie 2004, gemeinsam mit ihrer Freundin den Grundkurs zu belegen. „Am Anfang habe ich mir schwer getan – vor allem wegen der ganz eigenen sehr theologischen Sprache der alten Lehrbriefe, mit denen ich arbeitete“, entsinnt sie sich. Mit Hilfe der Studientage fand sie schließlich Zugang zu den Inhalten. 2009 schloss sie den Grundkurs mit der Prüfung ab, danach beschäftigte sie sich eine Zeit lang mit Lehrbriefen des Aufbaukurses, damals noch in der alten Fassung.
Besonders dankbar ist sie für das offene Angebot der Studientage im Bistum Speyer. Jeder und jede ist willkommen, auch wer nicht die Absicht hat, eine Prüfung abzulegen. Dieser Austausch über Theologie und religiöse Fragen – und auch über die pastorale Arbeit im Ehrenamt ist für sie eine wichtige Konstante für ihr Leben. „Für die unterschiedlichen ehrenamtlichen Tätigkeiten, die ihr im Laufe der Jahre zugewachsen sind, war der ,Würzburger Fernkurs‘ eine gute Basis“, zieht Maria Hartz Bilanz. Gerne erinnert sie sich etwa an über 30 Jahre Firm- und Erstkommunionkatechese. „In der Zeit mit dem Fernkurs bin ich offener und freier geworden und mehr gebunden an diesen Gott, dessen Unbegreiflichkeit wir nach dem Theologen Karl Rahner ein Leben lang aushalten.“ Und so wundert es nicht, dass sie große Lust verspürt, mit den neuen Lehrbriefen weiterzumachen. (pede)
Hinweise: Zum nachgeholten 50-jährigen Fernkurs-Jubiläum findet am Samstag, 17. September (9.30 bis 15.30 Uhr), im Priesterseminar in Speyer ein besonderer Studientag mit Weihbischof Otto Georgens statt. Nähere Infos/Anmeldung: Telefon 06232/102-180 oder E-Mail: keb@bistum-speyer.de
Interessierte für den Fernkurs sind eingeladen zu einem Einführungstag am Samstag, 24. September (von 9 bis 15 Uhr), im Priesterseminar Speyer. Anmeldung: Telefon 06232/102-155 oder E-Mail: personalfoerderung@bistum-speyer.de