Mittwoch, 14. September 2022
Klug handeln im Sinn Gottes

Marinus van Reymerswaele: Das Gleichnis vom ungerechten Haushalter, Gemälde auf Eichenholz, um 1540 (Ausschnitt). Im Kunsthistorischen Museum in Wien. (Foto: Wikimedia Commons/gemeinfrei)
Wie aus Unrecht auch etwas Gutes werden kann
Eigentlich ist der Text des Evangeliums bei genauerer Beschäftigung damit eine Entlastung. Einer von vielen Tipps in der Bibel, wie wir als Christen gut mit Geld umgehen können und sollen. Ich gebe zu, ein Text, der mehrere Blicke braucht.
Kaum ein Gleichnis ist so sperrig und unverständlich wie dieses mit seinen angefügten Deutungen. Wer den Text deuten will, muss ihn Schritt für Schritt auslegen.
Es ist kein Beispiel; nur als Gleichnis ist es verstehbar. Wenn es ein Beispiel wäre, dann würde Jesus uns damit sagen: Seid im Wirtschaftsleben genauso schlitzohrig wie dieser Verwalter, damit auch ihr möglichst bequem im Wohlstand leben könnt. Das ist natürlich ganz und gar nicht Jesu Botschaft. Bei einem Gleichnis liegt der Fall anders: Da gilt es zu erkennen, was der Vergleichspunkt ist. Es ist nach dem Überraschenden in der Erzählung zu fragen und dieses in Beziehung zur Herrschaft Gottes zu setzen.
Das Überraschende für mich ist: Der Mann rügt den Verwalter nicht – er lobt am Ende die Klugheit des unehrlichen Mannes. Was hat er getan: Er erlässt den herrschenden Wucherzins, der dem Gläubiger Reichtum brachte und den Schuldnern die Existenz bedrohte. In biblischen Zeiten wurden Schuldner, die nicht zurückzahlen konnten bzw. ihre Familienangehörigen, massenhaft in Schuldsklaverei verkauft. Er ist solidarisch, weil er sich selbst Solidarität erhofft – aufgrund seiner Lebenssituation.
Er erkennt: Solidarität ist wechselseitig. Denn – die Situation kann sich ändern. Wer heute solidarisch ist, kann morgen selbst darauf angewiesen sein. Darauf beruht das gelingende Zusammenleben in der Gesellschaft. Leben gelingt nur in Beziehung zu Anderen, zu Menschen und zu Gott. Das Festhalten allein an Materiellem und Eigenleistung verstellt den Blick dafür. Wirtschaft ist kein Kampfplatz für die Stärksten, sondern vor allem Sorge für ein gutes Zusammenleben.
Mit dem ungerechten Mammon, wie es im Evangelium heißt, Gutes tun, um vielleicht Güte zu finden, das war die Lösung des Verwalters. Dafür wird er dann gelobt. Jesus lobt hier nicht die Gaunerei eines Angestellten, oder die Unzuverlässigkeit, und erst recht nicht irgendwelche Faulheit. Aber er stellt uns diesen unehrlichen Verwalter vor Augen, damit wir an ihn denken.
Das führt uns zu einer wichtigen Erkenntnis: Anstatt sich resigniert zurückzuziehen oder Böses mit noch mehr Bösem zu begegnen, zeigt Jesus uns den besseren Weg. Genau genommen den einzigen Weg. Er tut das, indem er uns herausfordert, die Not als Chance zu sehen.
Jede Krise, jede Not, jede Herausforderung… all das sind nur ein paar jener unzähligen Gelegenheiten, die Welt mit Gottes Augen sehen zu lernen. All das sind auch Gelegenheiten, Chancen für das Evangelium. Dann nämlich, wenn zum Beispiel Vorschriften und Menschlichkeit sich wieder einmal beißen, wenn Richtlinien unmenschlich werden und der Blick nach oben mit dem Blick auf mein Gegenüber plötzlich unvereinbar werden.
Er lobt, dass für die, denen Schulden erlassen werden, nun mehr Raum zum Leben ist. Und das ist die nächste Erkenntnis: Geld, Talente, Macht nicht zu raffen, sondern als Mittel zu sehen, Gutes zu tun.
Jesus fordert uns auf zu überdenken, welche Ziele wir anstreben und wem wir unsere Kräfte und Ressourcen zur Verfügung stellen.
Kein Zweifel, das ist leichter gesagt als getan. Aber ein Perspektivenwechsel ist vollzogen und ich kann mich fragen: Zählt Gerechtigkeit mehr als Eigennutz? Ist das Instrument „Geld“ zum Mammon geworden, dem ich diene, oder bin ich ein Suchender, auf der Suche danach, wie Gottes Reich Wirklichkeit wird? So kann ich Prioritäten setzen.
Menschen das Leben zu erleichtern, das kommt in den Augen Jesu immer ganz gut an. Und wenn ich mich darin immer wieder übe und mich mit meinen Stärken und Fähigkeiten (und meinem Geld) einsetze für gelingendes Leben, dann geht es mir wie dem Verwalter: Von Jesus am Ende allem anderem zum Trotz gelobt zu werden – was will man letztlich mehr. (Tanja Rieger)