Mittwoch, 18. Januar 2023
Wünsche der Menschen achten
Weniger Gottesdienstbesucher – Pfarrei Germersheim sucht nach Ursachen
Das Pastoralteam und der Pfarreirat in der Germerheimer Pfarrei fragen sich schon länger, weshalb sich Menschen nicht mehr so stark für liturgische Angebote interessieren. Um Thomas Bauer, Pastoralreferent der Pfarrei Germersheim, hat sich deshalb eine Arbeitsgruppe von etwa zwölf Personen gegründet, die sich gezielt mit dieser Frage beschäftigt.
Konkret hat diese Arbeitsgruppe, bestehend aus Personen aus dem Pfarreirat, Pastoralteam und Ehrenamtlichen, einen Prozess im November 2022 gestartet. In einer ersten Phase werden Menschen aus der Pfarrei befragt, die entweder gar nicht mehr oder nur noch sehr selten ein liturgisches Angebot besuchen. Thomas Bauer erklärt, dass sie hierfür zunächst Personen aus dem eigenen Umfeld ansprechen, wie Nachbarn oder Freunde und sich der Kreis nach und nach auf andere Personen ausdehnen soll. „Aber es kommen auch Personen auf uns zu, weil sie davon gehört haben“, so Bauer.
Bei diesen Gesprächen sollen keine festen Fragebögen abgearbeitet werden. Bauer möchte vor allem mit den Menschen ins Gespräch kommen und individuelle Rückmeldungen erhalten. Der Pastoralreferent macht bei diesen Gesprächen die Erfahrung, dass es den Befragten „gut tut, wenn sie merken, dass sich jemand für Ihre Meinung interessiert“. Der Einstieg bei diesen Gesprächen erfolgt mit einer positiven Frage: „Gab es einen Gottesdienst in deinem Leben, den du als positiv empfunden hast?“. So kann es auch einfacher möglich werden, auf die Themen zu kommen, die heute bei den Gottesdiensten vermisst werden.
Aus den Gesprächen, die bisher stattgefunden haben, haben sich schon ein paar Themen herauskristallisiert, die immer wieder als Grund genannt werden, weshalb Gottesdienste nicht mehr so ansprechend wirken. Thomas Bauer erklärt dazu, dass manche angeben, sich nicht genug aktiv in der Liturgie einbringen zu können. Einige würden sich mit der Liturgiesprache schwer tun, die als alt und alltagsfremd wahrgenommen wird. Wieder andere wünschten sich eine andere Form von instrumenteller oder gesanglicher Begleitung in der Liturgie. Manche vermissen Phasen der Stille in einem Gottesdienst.
Aber auch die Sitzanordnung in einer Kirche wird als ungünstig wahrgenommen. Wiltrud Siepenkothen, die Pfarreiratsvorsitzende der Pfarrei, merkt dazu an, dass „wenn ich in eine andere Gottesdienstform als die klassische reingehe, zum Beispiel auch die Sitzordnung verändert werden könnte“. Dekan Jörg Rubeck, leitender Pfarrer der Germersheimer Pfarrei, erklärt, dass aus dem ganzen Prozess „ein breiter gefächertes Angebot entstehen kann. Es geht nicht darum, etwas Bestehendes zu verdrängen. Es geht darum, Platz zu schaffen für Neues.“ Außerdem betont Rubeck: „Wir möchten neue Angebote generieren, die uns näher an die Bedürfnisse der Menschen bringen“.
Ein weiteres wichtiges Bedürfnis der Menschen hat Thomas Bauer bei seinen Gesprächen durch die folgende Abschlussfrage herausgefunden: „Was sind für dich Kraftquellen im Leben“. Fast alle geben an, dass dies tragfähige Beziehungen für sie seien, so Bauer. Aber „die Gottesdienstgemeinde ist oft eher anonym“, erklärt er dazu. „Das wäre deshalb auch eine ganz wichtige Frage, wie wir uns stärker wieder in Beziehung setzen könnten.“ In dieser ersten Phase des Prozesses sollen auch Menschen aus der Pfarrei befragt werden, die weiterhin regelmäßig die Gottesdienste besuchen oder sich in einem Gremium oder Chor engagieren. Die Meinungen sollen möglichst breit gefächert sein. Es wird noch eine zweite Phase geben, in der es darum geht, die Erkenntnisse aus der ersten Phase für die Gestaltung von traditionellen oder neuen Gottesdienstformen zu verwenden. In einer dritten Phase soll vor allem „ausprobiert werden“. Aber der Prozess soll im Idealfall gar nicht enden, weil es immer wichtig bleiben sollte, „das Bestehende zu reflektieren und Neues zu wagen“, so Thomas Bauer. (Yvonne Greiner)
Wer Interesse hat, sich als Gesprächspartner/in zur Verfügung zu stellen oder sich in der Arbeitsgruppe zu engagieren, kann sich an Thomas Bauer wenden: thomas.bauer@bistum-speyer.de