Mittwoch, 12. April 2023
Nehmt ihre Nöte ernst!

Teilnehmende am Klimastreik am 3. März in München fordern wirksamen Klimaschutz. (Foto: imago/zuma wire/Sachelle Babbar)
Die Proteste der Generation Z sind laut, und sie stören. Doch in ihnen steckt Potenzial für die Gesellschaft
Jugendliche und junge Erwachsene sorgen sich sehr um ihre Zukunft. Studien zeigen: Ihre psychische Belastung ist durch Corona, Krieg und Klimawandel so hoch wie nie. Die großen Kirchen rufen in der Woche für das Leben dazu auf, ihnen zuzuhören.
Diana Kotte vertraut jungen Leuten. Wo viele skeptisch auf Aktionen von Fridays for Future oder der Letzten Generation schauen, sieht sie Potenzial. „Mich lässt die junge Generation hoffen. Da liegt sehr viel Kraft, sehr viel Gestaltungswille. Da liegt viel Energie“, sagt sie.
Als Koordinatorin des Caritas-Projekts [U25] sieht sie auch die Probleme. Bei der [U25] antworten 360 Gleichaltrige ehrenamtlich in E-Mails auf die Sorgen junger Menschen mit Suizidgedanken. Im vergangenen Jahr haben sie 1400 Klientinnen und Klienten in ganz Deutschland beraten. Der Bedarf liegt weit höher.
Studien und Kliniken sagen: Die Belastungen junger Menschen haben zugenommen und auch die Suizidversuche. Kotte spricht von einer Generation, die „sehr gebeutelt ist“ und andererseits „sehr aktiv, sehr stark“. Sie erwähnt die Auswirkungen der Pandemie, den Krieg in Europa und die Klimakrise, die zu den Problemen im Elternhaus, in der Schule oder im Studium noch hinzukommen. Aus Sicht junger Leute sei die Bedrohungslage der Welt schlimmer, als aus Sicht vieler Erwachsener, erklärt Kotte.
Erwachsene können jungen Leuten zuhören und Vorbild sein
Die Kirchen stellen die Generation Z in den Mittelpunkt der diesjährigen Woche für das Leben vom 22. bis 29. April. Also jene Menschen, die zwischen 1995 und 2010 geboren sind. Was können Christinnen und Christen tun, um junge Menschen zu entlasten?
Die Kirchen müssen die Themen junger Menschen aufnehmen, wenn sie sie ansprechen möchten, sagt Kotte. Aus der [U25]-Beratung weiß sie, dass Gemeinschaft hilft, um Krisen zu bewältigen.Gemeinschaft war immer ein Anliegen der Kirchen. Doch Religiosität gehöre laut Kotte nicht zu den vorrangigen Interessen junger Leute. Hilfreich wäre es, wenn die Kirchen Gemeinschaft böten und die Möglichkeit, zusammen „die Welt zu verbessern“, sagt sie. Ohne religiöse Erwartungen.
Erwachsene Menschen, sagt sie, seien als Vorbilder gefragt. Ehrenamtliches Engagement kann jungen Menschen zeigen, dass gemeinsames Tun gegen Einsamkeit hilft. Kotte wünscht sich auch mehr Kommunikation zwischen den Generationen: „Warum nicht einfach mal zu den Fridays for Future gehen, sich dazustellen und zuhören? Und dann neugierig fragen: Warum macht ihr das? Was bewegt euch? Was bringt euch dazu, eure Freizeit bei einer Demo zu verbringen?“ Es falle leicht, Fremdes zu verurteilen, sagt Kotte.
Sie wünscht sich Neugier statt Ablehnung und kann sich gut vorstellen, dass die Jungen gesprächsbereit sind. Man könne streiten, ob einzelne ihrer Aktionen angemessen sind, sagt Kotte. Aber ihr Engagement solle man ernst nehmen. Es seien „Menschen, die was wollen in der Welt und das finde ich gut. Die nehmen nicht nur, die geben auch ganz viel.“ (Barbara Dreiling)