Montag, 18. September 2023
Klagen über Wortwahl

Zu Gast beim Papst: Swjatoslaw Schewtschuk, Erzbischof von Kiew, und weitere Bischöfe der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine (Foto: kna/Romano Siciliani)
Bischöfe aus der Ukraine beschweren sich bei Papst Franziskus
Ende August hatte Papst Franziskus russische Jugendliche ermutigt, das Erbe des „großen Russland“ zu bewahren. Damit bediente er – offenbar ahnungslos – Putins Großrussland-Ideologie.
Das kommt nicht oft vor: Nach dem fast zweistündigen Treffen von Papst Franziskus mit den Bischöfen der griechisch-katholischen Ukrainer in der vergangenen Woche veröffentlichte zunächst die ukrainische Seite ein Statement, das an einigen Stellen aufhorchen ließ. Später kam die Mitteilung des Vatikans.
Von einer „gewissen Enttäuschung“ über Äußerungen des Papstes war in der ukrainischen Erklärung die Rede. Die Bischöfe hätten davon gesprochen, dass manche Worte und Gesten des Papstes im Kontext des russisch-ukrainischen Kriegs schmerzhaft und schwierig für das ukrainische Volk seien.
Der Papst hatte Ende August in einer Videokonferenz junge russische Katholiken ermutigt, das Erbe des „großen Russland“ zu bewahren. Dabei hatte er auch die Herrscher Peter den Großen und Katharina die Große genannt. Die Äußerungen hatten für einen politischen Eklat zwischen Kiew und dem Vatikan gesorgt.
Dass der Papst – offenbar ahnungslos – mit seinem Zarenlob der von Putin propagierten Großrussland-Ideologie in die Karten spielte, hielten ihm die ukrainischen Bischöfe nun ungeschminkt vor. Und sie baten ihn indirekt, künftig mehr auf seine Wortwahl zu achten, denn die ukrainischen Gläubigen seien sehr sensibel für das, was er sage.
Bischöfe sprachen auch mit Kardinälen
Die ukrainischen Bischöfe trafen außerdem den Friedensbeauftragten Kardinal Matteo Zuppi und Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Zuppi sagte, dass ein „gerechter und sicherer Frieden“ gefunden werden müsse. Parolin hob den Einsatz des Papstes und des Vatikans für die Ukraine hervor. Angesichts dessen „wäre es ungerecht, an der Zuneigung des Papstes für das ukrainische Volk zu zweifeln“.
Die ukrainische griechisch-katholische Kirche gilt seit jeher als die Kirche, die sich in der Ukraine am stärksten Richtung Westen, hin zu einer unabhängigen Nation und gegen Russland orientiert. Mit Massengottesdiensten und Predigten in Lwiw und Kiew legte Papst Johannes Paul II. 2001 die ideelle Grundlage für das, was in den Maidan-Aufständen 2014 zur Hinwendung des Landes nach Westen führte.
Dass sich zwei Jahrzehnte später ausgerechnet der Papst nicht klar auf die Seite der Ukraine in ihrem Verteidigungskrieg gegen Moskau schlagen würde, war für die griechisch-katholische Kirche der Ukraine kaum vorstellbar. Entsprechend deutlich waren die Ansagen der Bischöfe an die Adresse von Franziskus. (kna)