Mittwoch, 23. März 2022
Valentyna Sobetska ist Vorsitzende des Vereins „Kinderhilfe Ukraine Rhein-Neckar für Novograd Volynskij“. (Foto: Internationaler Bauorden)
Die Nacht zum 24. Februar endete für Valentyna Sobetska und ihren Ehemann Peter Runck um fünf Uhr mit dem Klingeln des Handys. So haben die beiden vom Überfall Russlands auf die Ukraine erfahren. Seitdem steht das Telefon bei ihnen nicht mehr still. Geschlafen wird dann, wenn sie vor Müdigkeit umfallen, und auch dann nur selten mehr als ein paar Stunden. Jede Minute verbringen die beiden damit, Hilfe für Ukrainer zu koordinieren.
Valentyna Sobetska ist Ukrainerin und lebt seit 2013 in Ludwigshafen. Sie ist Vorsitzende des Vereins „Kinderhilfe Ukraine Rhein-Neckar für Novograd Volynskij“, der in Sobetskas nordukrainischer Heimatstadt Kriegsflüchtlinge aus der Ostukraine unterstützt und Feiern für Kinder mit Behinderungen und ihre Familien organisiert. Vom Krieg betroffene Kinder aus der Ukraine waren auch schon in Otterstadt im Feriencamp. Peter Runck ist seit 2001 Geschäftsführer beim Internationalen Bauorden. Der Bauorden organisiert internationale Jugendbegegnungen, Friedensdienst und Hilfsprojekte in Europa. Auch aus der Ukraine und Russland haben sich in der Vergangenheit Freiwillige bei Projekten des Bauorden engagiert.
„Wir dürfen nicht vergessen, dass in der Ukraine schon seit 2014 Krieg herrscht“, sagt Peter Runck. Rückblickend ist er nicht überrascht vom aktuellen Überfall der Russen auf das Heimatland seiner Frau. Schon bei der Arbeit im Bauorden hat er bei den jungen Russen in den vergangenen zwei bis drei Jahren einen Wandel erlebt. Früher seien es junge Leute gewesen, die die Welt sehen wollten, in letzter Zeit seien sie zunehmen intolerant gewesen. Putins Politik werde im eigenen Land getragen, und das liege nicht an der Desinformation. Richtig sauer wird Runck, wenn er Menschen aus seiner Zeit in der Friedensbewegung sagen hört, Schuld an der Lage seien die amerikanischen Imperialisten. „Wie blind kann man sein?“ fragt sich Runck und wundert sich, wo die ganzen Russlanddeutschen jetzt bei den Friedensdemos sind. „Sie könnten hier auf die Straße gehen und bekämen dafür keine 15 Jahre Haft.“
Vor wenigen Tagen hat Sobetskas Sohn seine Frau und die beiden Kinder nach Ludwigshafen gebracht und ist wieder zurück in die Ukraine gefahren. „Er will sein Land verteidigen und kämpfen für eine freie demokratische Ukraine“, erklärt Runck. So erlebe er es überwiegend auch bei den jungen Ukrainern, die er im Bauorden kennengelernt hat. Aber natürlich seien nicht alle mutig. „Die Leute rufen uns an und weinen, weil sie Angst haben. Meine Frau versucht, sie zu trösten. Oft kann man nicht mehr tun, als zusammen zu weinen.“ Der zweijährige Enkel von Valentyna Sobetska sagt, der Papa ist arbeiten. Der sechsjährige Enkel möchte die Arbeitshelme des Bauordens am liebsten zum Papa schicken, um die Männer dort zu schützen. Viele weitere Frauen mit ihren Kindern sind gekommen. Die meisten haben Verwandte und Bekannte in der Region.
Peter Runck und Valentyna Sobetska erleben eine riesige Welle an Hilfsbereitschaft. „Vom Rockerclub bis zu den Mormonen. Von Kindergartenkindern bis zur Oma, alle wollen etwas tun“, so Runck. Sie selbst versuchen zu helfen, wo es geht, und sehen ihre Aufgabe vor allem darin, Hilfe zu koordinieren und Menschen zu vernetzen. Sie organisieren Treffen für Ukrainer, die schon länger in der Region leben, und für solche, die jetzt geflüchtet sind. Sie koordinieren Sammelaktionen, vermitteln Wohnungen, organisieren einen Rechtsanwalt, der sich darum kümmert, wenn der Vermieter die Aufnahme der geflüchteten Verwandten nicht erlauben möchte, stellen Übersetzer, wo sie benötigt werden, helfen, Ausgabestellen zu organisieren, wo Geflüchtete gespendete Dinge abholen können. Besonders wichtig seien Geldspenden, denn dann könne gezielt das gekauft werden, was benötigt wird.(chr. kr.)
Spenden können auf das Konto der Kinderhilfe Ukraine Rhein Neckar für Novograd-Volynskij e.V., Sparkasse Vorderpfalz, IBAN: DE51 5455 0010 0193 0706 04, BIC: LUHSDE6AXXX, überwiesen werden.