Mittwoch, 25. Mai 2022
Arbeit am Reich Gottes

Im Gebet können wir all das Belastende, das wir in der Welt nicht verändern können, an Gott abgeben. (Foto: kna/Julia Steinbrecht)
Der Glaube verändert, erleichtert und motiviert in schwierigen Zeiten
Corona, Krieg, Klimakrise: Warum lässt Gott zu, dass seine Schöpfung so aus den Fugen gerät? Angesichts der Krisen kann der Glauben ins Wanken geraten. Dabei kann er Kraft geben, die Welt zu verändern.
Im Glaubensbekenntnis nennen wir Gott „Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde“. Der Blick in die Wirklichkeit aber lässt an seiner Allmacht zweifeln. Die Welt befindet sich in einer Dauerkrise: die Erderhitzung, die Corona-Pandemie und jetzt auch noch der Krieg in der Ukraine. Dazu der Niedergang der Kirchen und das Verdunsten des Glaubens in unserer Gesellschaft. Wo ist da das Wirken Gottes? Warum lässt Gott es zu, dass seine Schöpfung so aus den Fugen gerät und der Mensch – immerhin sein Ebenbild – sich so verhält?
Diese Frage kann den eigenen Glauben mächtig ins Wanken bringen. Eine überzeugende Antwort darauf gibt es nicht. Unzählige Gläubige, Theologen, Heilige haben sich darüber schon den Kopf zerbrochen. Der Zweifel gehört zum Glauben dazu. „Ein Glaube, der nicht Fragen aufwirft, ist ein Glaube, über den wir uns Fragen stellen müssen“, sagt Papst Franziskus.
Genauso wie diese Zweifel gibt es aber auch das Erleben, dass der Glaube in schweren Zeiten Kraft gibt. Es gibt Glaubenszeugen, bei denen wir das beobachten können. Einfache Gläubige wie die drei Frauen aus einer Familie, die auf den nächsten Seiten dieser Zeitung davon berichten. Berühmte, heiligmäßige Theologen wie der evangelische Pfarrer Dietrich Bonhoeffer, der angesichts der bevorstehenden Hinrichtung im Foltergefängnis der Nazis diese wunderbaren Zeilen schreiben konnte: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen. Und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“
Ein klagendes Gebet und eine Bitte werden selten direkt erhört
Wir glauben an einen Gott, dessen Sohn unser menschliches Leben bis in die tiefsten Abgründe geteilt hat und durch seine Auferstehung verkündet: Alles wird gut! In schweren Momenten kann ein Blick auf den Gekreuzigten Kraft geben. Wenn ich ihm alle Last vor die Füße werfe und klage, wie er das ja selbst am Kreuz gemacht hat: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Ein solches klagendes Gebet, die Bitte um ein Ende von Krieg, Gewalt, persönlicher Krise oder um die Antwort auf die Frage nach dem Warum wird selten direkt erhört. Aber das Gebet erleichtert, es verändert mich. Ich gebe ab, was ich nicht ändern kann. Ich bekomme Kraft und Motivation, um mich selbst und damit meine Umwelt zu ändern. Auch, wenn ich dabei nur langsam vorankomme und immer wieder in alte Muster zurückfalle.
Dieser Glaube gibt Kraft, das Leben zu bestehen. Er gibt Hoffnung auf Gerechtigkeit und Heil am Ende unserer Tage. Eben auf das Reich Gottes. Wenn wir unser Leben wirklich nach der biblischen Botschaft ausrichten, nach der radikalen Liebe, die Jesus vorlebt, schaffen wir sogar das Reich Gottes auf Erden. Noch sind wir weit davon entfernt, aber wir sollten nicht aufhören, davon zu träumen und daran zu arbeiten.
Und am Ende ist der christliche Auferstehungsglaube völlig rational. Frei nach dem französischen Philosophen Blaise Pascal: Richte ich mein Leben nach diesem Glauben aus und Gott existiert nicht, werde ich sterben und es nicht erfahren. Gibt es Gott doch, werde ich ihm am Ende meines Lebens gegenüberstehen. (Ulrich Waschki)