Mittwoch, 22. März 2023
Aktive Teilhabe der Gläubigen
Zum Pilger-Jubiläum: Die Liturgiereform von 1963
Das wohl „sichtbarste“ Ergebnis des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) ist die Reform der Liturgie, vor allem der Feier der Heiligen Messe. Sie wurde heiß diskutiert, auch im „Pilger“, in Berichten und Kommentaren, besonders in Leserbriefen.
Die „Konstitution über die Heilige Liturgie“ ist das erste Dokument des Konzils. Es wurde am 4. Dezember 1963 mit 2147 Ja-Stimmen und vier Nein-Stimmen nahezu einstimmig verabschiedet. Leiten lässt sie sich von den Grundlinien des Konzils: Die ewig wahre Heils-Botschaft muss im jeweiligen „Heute“ verkündet und gelebt werden, und: Sie verlangt die volle, bewusste und tätige Teilhabe der Gläubigen.
Die Konstitution unterstreicht die Bedeutung der Liturgie als Quelle und Höhepunkt des geistlichen Lebens. Sie ordnet sie ein ins Gesamt der Offenbarung als Heilsgeschichte Gottes in Jesus Christus, die sich in der Kirche fortsetzt. In der Liturgie handelt Jesus Christus selbst, die Gläubigen nehmen daran aktiv teil. Sie muss das je „Heute“ der Gläubigen einbeziehen.
Das gilt für alle liturgischen Vollzüge: von der Feier der Heiligen Messe, anderer Gottesdienste und der Sakramente über das Stundengebet und das Liturgische Jahr bis zur Kirchenmusik und zum Kirchenraum. Bei der Feier der Heiligen Messe sollte zum Gedanken des Opfers der des gemeinsamen Mahles treten, wie es der Heiligen Schrift und der Feier des „Herrenmahles“ in der Urkirche entspricht, sowie das Hören auf das Wort Gottes stärker betont werden.
So wurden bei der konkreten Umsetzung die Muttersprache eingeführt, der Wortgottesdienst mit der Predigt und dem Fürbittgebet aufgewertet, der Altar weiter nach vorne gerückt, die Gemeinde – wo es möglich war – um ihn geschart, zusammen mit dem Priester, der nun der Gemeinde zugewandt der Feier der Eucharistie vorsteht. Zudem wurde eine dreijährige „Leseordnung“ aus der Heiligen Schrift erarbeitet. Das Römische Messbuch des Trienter Konzils von 1570, das zuletzt 1962 reformiert wurde, kam 1969/1970 in neuer Fassung heraus, wurde 1975 und 2002 noch einmal überarbeitet.
Immer hat sich in der Geschichte der Kirche die Liturgie, auch die Feier der Heiligen Messe, „entwickelt“ durch Angleichungen an veränderte Auffassungen, neue Erkenntnisse und Bedarfe. So hat auch die Liturgie-Konstitution zuvor schon einen Weg vieler kleinerer Reformen genommen, vor allem durch eine höhere Wertschätzung der Heiligen Schrift und durch die „Liturgische Bewegung“ im 19. und 20. Jahrhundert, die viele Reformen bereits vorweg nahm.
Von kirchenamtlicher Seite wurde dies aufgegriffen, so 1903 von Papst Pius X., der die „aktive Teilhabe“ forderte, sowie 1947 von Papst Pius XII. in der Enzyklika „Mediator Dei“ und in der Reform der Feier der Karwoche und von Papst Johannes XXIII. mit dem Römischen Messbuch von 1962.
Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, das die Liturgie-Reform, die das Zweite Vatikanische Konzil auf den Weg brachte, nicht die letzte sein wird.(Klaus Haarlammert)