Donnerstag, 04. Oktober 2012
„Marienkrönung“ jetzt im Kaisersaal
Schraudolph-Fresko Höhepunkt der Dauerausstellung im Dom
So nahe wird man der Gottesmutter und ihrem auferstandenen Sohn in Schraudolphs Fresko „Marienkrönung“ so schnell wohl nicht mehr kommen. Ein Gerüst machte es möglich, denn dieses war notwendig, um das rund 80 Quadratmeter große Bildnis im Kaisersaal des Speyerer Doms anbringen zu können. „In rund zwanzig Metern Höhe“, wie der stellvertrende Dombaumeister Mario Colletto erläutert. Das 1847 vollendete Werk ist der Höhepunkt des Wirkens von Johann Baptist Schraudolph im Speyerer Dom und war bis 1957 in der Apsis des Chorraums zu sehen. Einen Glanzpunkt bildet es auch in der Dauerausstellung mit Schraudolp-Fresken, die am 28. Oktober zusammen mit der Aussichtsplattform im südlichen Turm des Doms eröffnet wird.
Das Kunstwerk war vor 55 Jahren im so genannten „Strappo-Verfahren“ entfernt worden. Dabei wurden die Farbpigmente mittels einer Leimschicht zusammen mit dem Putz von der Wand abgelöst. Restaurator Vitus Wurmdobler hat die Schraudolph-Fresken seit Mitte der 80er-Jahre in mühevoller Kleinarbeit konserviert. Neun ausgewählte Fresken kehren nun in den Speyerer Dom zurück und finden im Kaisersaal über der Vorhalle des Domes eine neue Heimat. „Für die Marienkrönung musste eine eigene Kuppelkonstruktion geschaffen werden“, erklärt Colletto. Dabei habe man sich an der Konstruktion eines Schiffsrumpfs orientiert – nur dass die „Planken“ von außen die Kuppel halten. Mit Gipsschalen wurde die Wölbung in der Apsis des Chorraums nachgebildet. Das Kunstwerk misst etwa elf Meter in der Breite und etwa siebeneinhalb Meter in der Höhe. Es zeigt die Krönung Marias – die auch die Patronin des Speyerer Domes ist – durch ihren auferstandenen Sohn Jesus Christus. Von jedem Ort im Kaisersaal aus ist die „Marienkrönung“ zu sehen.
Die Pläne zur Präsentaton der konservierten Fresken gibt es seit 1965. Die fehlenden technischen Möglichkeiten verhinderten die Umsetzung. Vor allem mit dem Kuppel-Projekt habe man jetzt „Neuland betreten“, so Colletto. Noch nie zuvor sei eine solche Technik in dieser Größenordnung zur Anwendung gekommen – bis hin zur ausgeklügelten Beleuchtug der Kuppelkonstruktion, die ungewollte Schattenbildung verhindert. Theoretisch sei es sogar möglich, ergänzt Vitus Wurmdobler, die Fresken samt Marienkrönung wieder in den Dom zurückzubringen.
Der Kaisersaal im Westbau des Domes erfährt durch die Dauerausstellung der Schraudolph-Fresken erstmals eine konkrete Bestimmung. Die Ausgestaltung erfolgte nach Entwürfen Mario Collettos, der jedoch selbst lieber von einem „Gemeinschaftwerk“ spricht. Der Raum mit rund 38 Metern Länge, 15 Metern Breite und 12 Metern, in der Kuppel 23 Metern, Höhe ist bestens geeignet, die monumentalen Fresken aufzunehmen. Die zwölf Apostel aus der Marienkrönung und einige Engel haben noch keinen Platz gefunden.
Die Bauzeit betrug mehr als drei Jahre; dazu gehört auch die spektakuläre Aussichtsplattform, die vom Kaisersaal zugänglich ist. Die Gesamtkosten belaufen sich auf insgesamt rund 4,3 Millionen Euro. Getragen werden sie zum größten Teil aus dem zweckgebundenen Zweiten Konjunktursonderprogramm der Bundesregierung für bedeutende Kulturstätten in Deutschland.
Ein einmaliges Museum nicht nur der Bilder der Domausmalung ist entstanden, sondern überhaupt der Kunst der Nazarener, die sich noch einmal von der bloßen Historienmalerei des 19. Jahrhunderts durch ihre religiöse Prägung abheben. Deshalb sind im Kaisersaal auch zuerst „Glaubensbilder“ zu sehen. (Redaktion)