Mittwoch, 12. März 2014
Wie Bergoglio im zweiten Anlauf
Deutsche Bischöfe entscheiden sich mit Kardinal Reinhard Marx für ihren starken Mann.
Die Parallele zu Papst Franziskus, der vor einem Jahr in Rom gewählt wurden, ist unübersehbar: Wie Kardinal Jorge Mario Bergoglio brauchte auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx zwei Anläufe, bevor ihn seine Mitbrüder an die Spitze wählten. Vor sechs Jahren in Würzburg war Marx noch auf Platz zwei nach dem Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch gelandet - so wie seinerzeit auch Bergoglio im Ratzinger-Konklave von 2005 nur die zweitmeisten Stimmen erhielt.
Wichtiger als diese zufällige Gemeinsamkeit sind die inhaltlichen Verknüpfungen zwischen dem neuen Vorsitzenden und dem seit einem Jahr amtierenden Papst. Marx hat sich in den vergangenen Monaten konsequent an den neuen Vorgaben aus Rom orientiert und sein früheres Image eines forschen konservativen Wortführers abgelegt. Wohl auch unter dem Einfluss des Dialogprozesses, in dem er eine wichtige Rolle spielte, und beeindruckt von der ernüchternden Umfrage der Bischöfe unter den Gläubigen zum Thema Ehe und Familie zeigt sich Marx jetzt als nachdenklicher, dialogorientierter Seelsorger.
Dass sein mitunter als "barock" bezeichnetes Auftreten mit feierlicher Liturgie, einem schmuckem Bischofs-Palais und der Liebe zu gutem Essen und feinen Zigarren im Kontrast zum Armut-Ideal von Papst Franziskus steht, fällt angesichts dieser inhaltlichen Nähe offenbar nicht ins Gewicht. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Papst den Deutschen bereits in zwei seiner wichtigsten Beratungsgremien (für Kurienreform und für Wirtschaftsfragen) berufen hat.
Seine guten Drähte nach Rom waren denn offenbar auch bei seiner Wahl eines der ausschlaggebenden Kriterien. Da er bereits vor der Wahl signalisiert hatte, er werde mindestens eines seiner vielen Ämter zwischen Brüssel und Bayern aufgeben, konnte er das Unbehagen einiger Bischöfe angesichts der Marxschen "Ämterhäufung" wohl glaubhaft ausräumen.
Eine weitere Trumpfkarte des neuen Vorsitzenden ist seine rhetorische Begabung, die ihn deutlich von seinem Vorgänger Robert Zollitsch unterscheidet. Als Meister der mediengängigen Formulierung ist er in allen Talkrunden einsatzfähig, zudem gilt er als entscheidungsfreudig und durchsetzungsfähig. Hinter der Wahl für Marx steht daher der Wunsch, jemanden an der Spitze der Konferenz zu haben, der "Vorsitzender kann", wie es einer der wählenden Weihbischöfe griffig ausdrückte.
Wofür Marx in den innerkirchlichen Debatten in Deutschland steht, ist nicht immer leicht auszumachen. Da er das nötige Selbstbewusstsein mitbringt, lässt er sich jedoch von Konflikten und Widerständen nicht aus dem Konzept bringen. Strukturreformen in den Bistümern Trier und München-Freising hat er unbeirrt von innerkirchlichen Bedenkenträgern durchgezogen, und im großen Weltbild-Finanzdebakel hat er es gemeinsam mit seinem Generalvikar Peter Beer verstanden, das Heft des Handelns in der Hand zu behalten.
Mit der Entscheidung für den machtbewussten "Macher" Marx an der Spitze der Bischofskonferenz wachsen die Chancen der deutschen Bischöfe, organisatorisch und medial aus der Defensive herauszukommen, in der sie sich seit etlichen Jahren befinden. Geistlich und theologisch bestehen dennoch weiter Lücken, die von den großen Alten wie Joseph Ratzinger, Walter Kasper oder dem nur noch eingeschränkt aktiven ehemaligen Vorsitzenden Karl Lehmann hinterlassen wurden. Auf diesem Feld werden sich in den kommenden Jahren einige von denen profilieren können, die diesmal bei der Wahl zum Vorsitzenden den Kürzeren gezogen haben.
Weitere Beiträge zu diesem Thema
Wie Bergoglio im zweiten Anlauf
Predigtgedanken: Es geht um Verkündigung
Link zur Bischofskonferenz: Biographie von Reinhard Marx
Glückwünsche für den neuen Vorsitzenden der Bischofskonferenz
Vorsitzender braucht Mut und Stehvermögen