Freitag, 26. März 2021
Richtungsfrage noch nicht geklärt
In der Union rumort es: Armin Laschet findet nur schwer Tritt, und innerparteiliche Flügelkämpfe drohen
In der CDU hat es ja einmal den Plan gegeben, den Übergang von der Ära Merkel in die Zukunft möglichst reibungs- und geräuschlos zu gestalten. Der ist allerdings schon beim ersten Anlauf schief gegangen. Annegret Kramp-Karrenbauer, die von Angela Merkel ausgeguckt Nachfolgerin, musste sich nicht nur heftigster Konkurrenz erwehren, was demokratisch allerdings sehr zu begrüßen war. Sie schaffte es aber nur denkbar knapp als Erste durchs Ziel. Der hauchdünne Vorsprung reichte nicht, um mit der nötigen Rückendeckung und Autorität die Partei künftig führen zu können.
Wer geglaubt hatte, es werde nach dem neuerlichen Anlauf und dem neuen Vorsitzenden Armin Laschet besser laufen, der sieht sich getäuscht. Auch er setzte sich gegen zwei Konkurrenten durch. Das gelang ihm zwar etwas deutlicher, als Kramp-Karrenbauer – aber offenbar auch nicht deutlich genug, um von Anfang an festen Tritt zu fassen. Und auch bei ihm kommen Startschwierigkeiten dazu. Nach den Wahlniederlagen seiner Partei in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg war erst einmal nichts von ihm zu sehen oder zu hören. Natürlich werden Vorgänge in den Ländern zuerst in den Ländern kommentiert. Das ist die Regel. Aber von Laschet war erwartet worden, dass er im Jahr der Bundestagswahl die Ausnahme macht und für die Partei resolut die Führung übernimmt. Zumindest seine Kritiker forderten das.
Dass diese Kritiker trotz schwieriger Umfragensituation für die Partei und im Jahr der Bundestagswahl sofort wieder an die Oberfläche kommen zeigt, dass die Richtungsfrage in der CDU noch immer nicht geklärt ist. Nach Kramp-Karrenbauer ist mit Laschet erneut ein Vorsitzender gewählt worden, der eher in der inhaltlichen Nachfolge von Angela Merkel steht und dafür für Kontinuität der bisherigen Politik. Das lässt den konservativen Parteiflügel nicht ruhen, der allerdings mit seiner Gallionsfigur Friedrich Merz zwei Mal unterlegen ist – wenn auch knapp. Dieser Flügel ist aber offensichtlich noch immer nicht bereit, sich hinter dem neuen Vorsitzenden zu versammeln. Schließlich ist ja immer noch eine Position in der Union vakant – die Kanzlerkandidatur.
Für diese Position hat innerhalb der Union zwar der CDU-Vorsitzende qua Amt und Tradition das Vorschlagsrecht – und damit den ersten Zugriff. Aber da ist nichts in Stein gemeißelt. Der innerparteiliche Konkurrent Merz bringt sich mit einer Bundestagskandidatur in Stellung, für die er übrigens auch einen heftigen lokalen Verdrängungswettbewerb nicht scheut. Und der schwesterparteiliche Mitbewerber Markus Söder ist auch zu nur noch wenig verhüllter Kritik übergegangen – ohne die eigenen Ambitionen offen zu legen.
Es ist also endgültig nichts mit reibungs- und geräuschlosem Übergang von Angela Merkel zu ihren Nachfolgern. Vermutlich war die Hoffnung darauf von Anfang an eine Illusion. Der Richtungsstreit lässt sich nicht unter den Teppich kehren – auch wenn er von Parteiströmungen forciert wird, die den Beweis der Erfolgs bisher schuldig geblieben sind. Das Lager der Merz-Fans ist dort am größten, wo die Karre gerade gegen die Wand gefahren wurde – in Baden-Württemberg. Kleinlaut hat sie das nicht gemacht. Der verschärfte Richtungsstreit wird verschärft durch die Unwägbarkeiten der Pandemie – und durch Bereicherungsskandale, die die Führungsfrage noch einmal völlig anders und neu stellt. Es wird von Tag zu Tag ungewisser, woran sich die Wählerinnen und Wähler im Herbst überhaupt orientieren werden. Die CDU wird sich rasch und robust entscheiden müssen – ohne noch weniger als sonst zu wissen, wohin die Reise dann geht.