Montag, 15. November 2021
Handfeste Ergebnisse gefragt
„Wir sind Kirche“: ZdK-Vizepräsidentin referierte über den Synodalen Weg
Wo stehen wir auf dem Synodalen Weg? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Herbsttreffen der Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ am 6. November im Gemeindezentrum St. Bernhard in Neustadt. Antworten sollte der Vortrag von Dr. Claudia Lücking-Michel geben. Sie ist Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK) und leitet gemeinsam mit dem Essener Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck das Synodalforum „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“.
„Die katholische Kirche befindet sich in einer massiven Krise“, eröffnete Dr. Rudolf Walter, Mitglied des Sprecherteams, die Veranstaltung. „Wir haben schon vor 26 Jahren gesagt, dass es Reformen geben muss. Aber es ist nicht viel geschehen. Erst der Missbrauchsskandal hat die Sache ins Rollen gebracht.“
Das bestätigte auch Claudia Lücking-Michel. „Der Synodale Weg war kein freiwilliger Aufbruch, sondern die Flucht nach vorne nach der Veröffentlichung der MHG-Studie 2018 zum Thema sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland. Sie zeigte, dass der Missbrauch nicht nur die Schuld von Einzelnen ist, sondern auch systemisches Versagen. Daraufhin haben das ZdK und die Bischofskonferenz einen zweijährigen Reformprozess verabredet.“ Denn mit der Studie sei der Druck gestiegen, nicht zu vergessen die Kirchenaustritte, die 2021 auf ein Rekordhoch hinsteuerten und die 200 000-Marke von 2020 wahrscheinlich noch überschreiten könnten.
„In dieser Gemengelage fiel die Entscheidung zum Synodalen Weg. Leider hat Corona das Vorankommen gehemmt. Dennoch gibt es Bewegung. Die 200 Teilnehmenden der Synodalversammlung greifen neben den Themen, die im Kontext zum Missbauchsskandal stehen, in einem vierten Forum auch den Aspekt ,Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche‘ auf.“ Die Synodalen zeigten sich produktiv und verhandlungsfähig, so die Referentin. Die von den Foren erstellten Texte und Beschlüsse seien auf der Homepage Synodaler Weg einzusehen. Allerdings blieben Gegenspieler nicht aus wie etwa der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, der massive Kritik am Synodalen Weg übe und seinerseits Alternativtexte vorgelegt habe.
„Es gibt keine Wanderkarte für den Synodalen Weg. Was es braucht, sind Strukturen und Leute, die sich engagieren und den Prozess mit aller Kraft vorantreiben“, sagte Lücking-Michel und verwies dabei auf den Limburger Bischof und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing. Der Weg sei nicht das Ziel, die Synodalversammlung und die Foren dürften nicht zur Gesprächstherapie und Beteiligungssimulation werden, sondern müssten handfeste Ergebnisse liefern. Mutige Veränderungen seien gefragt. „Dabei müssen wir uns einigen, was zum Beispiel das Weiheamt bedeutet, wie ein neues Priesterbild aussehen kann und wie Frauen gleichgestellt einbezogen werden können.“
Der Synodale Weg sei ein begrenztes Projekt und könne nicht ewig weitergehen. „Synodalität kann es nur mit einem Gremium geben, das dauerhaft Entscheidungen trifft. Aber wir sind nicht allein unterwegs, es gibt eine große Zahl von Beobachtern im In- und Ausland, die mit großen Erwartungen auf das schauen, was bei uns passiert.“ Deutschland habe die Rolle eines Mutmachers für andere. Aber es gebe auch Bremsklötze. „Die Weltkirche als Referenzrahmen soll uns stoppen. Zudem enthält das Kirchenrecht kein Format der Synode, das unseren Vorstellungen entspricht.“ Es stelle sich die Frage, etwas jenseits des Kirchenrechts zu versuchen oder innerhalb der bestehenden Strukturen etwas zu verändern. Manches könne man sich von der evangelischen Kirche abgucken, sagte Lücking-Michel und kam auf die Ökumene zu sprechen. Hier könne es nur Fortschritte geben, wenn sich die katholische Kirche bewegt.
So zäh sich der Prozess des Synodalen Wegs gestalte, ein kleines Zwischenergebnis sei doch zu melden. „Die Leute treten mutig auf, äußern ihre Meinung frank und frei, auch Betroffene, die über den Umgang mit ihnen als Homosexuelle reden. Wir sind noch weit entfernt von Veränderungen, aber wenigsten hat sich auf der Gesprächsebene etwas getan.“
In der anschließenden Diskussion wurden unterschiedliche Stimmen laut. Während die einen Hoffnung in den Synodalen Weg setzen, zeigten sich andere skeptisch, dass sich in der katholischen Kirche etwas ändert. Kritik geäußert wurde am Unfehlbarkeitsdogma des Papstes und am Amtsverständnis mancher kirchlicher Würdenträger. „Vielleicht sollten wir im Sinne guter Subsidiarität einfach schon mal machen, nicht ohne die große Debatte weiterzuführen“, meinte Claudia Lücking-Michel. (friju)