Mittwoch, 29. Dezember 2021
An der Schule im Freiwilligendienst

Liliane Cadoso (links) und Eva Gollnau helfen nicht nur im Unterricht, sie decken auch mal die Tische fürs Mittagessen. (Foto: Jung)
Zwei junge Frauen bieten tatkräftige Unterstützung
Das Jahr 2020 hat auch bei Kindern und Jugendlichen Spuren hinterlassen. Viele leiden noch unter Lernrückständen, die durch die pandemiebedingten Homeschooling-Phasen verursacht wurden. Sie brauchen besondere Förderung, um Anschluss zu finden. Dazu tragen zwei junge Frauen bei, die am St. Franziskus Gymnasium und Realschule in Kaiserslautern einen sechsmonatigen Freiwilligendienst leisten.
Sie mit ins Boot zu holen, sei im Zusammenhang mit dem bundesweiten Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ geschehen, sagt Michael Martin. Er ist Lehrer für Mathematik, Physik und Informatik und stellvertretender Schulleiter des Gymnasiums. „Auch bei uns sind die Schülerinnen unterschiedlich gut mit dem Homeschooling zurechtgekommen. Es ist nicht leicht, konsequent Lernstunden einzuhalten, wenn der schulische Tagesrhythmus entfällt, und auch mit dem selbständigen Arbeiten tut sich manch einer schwer.“ Deshalb sei es wichtig, denjenigen die Hilfe zu geben, die sie brauchen.
„Um zusätzliche Unterstützung zu bieten, haben wir im vergangenen Jahr den Kontakt mit dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend aufgefrischt, der ja auch als Anbieter des Freiwilligen Sozialen Jahres fungiert.“
Über ihn ist Eva Gollnau (21) im September an die Schule gekommen. Einen Monat später ist Liliane Cadoso (19) im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes unter dem Dach des Caritasverbandes Speyer und des Bistums dazugestoßen. Ihr Engagement bringt die beiden wieder an die Schule zurück, allerdings in einer anderen Rolle.
„Sie sind jeden Tag da, werden in verschiedenen Fächern und Bereichen in den Unterricht integriert und unterstützen dabei gezielt einzelne Schülerinnen. Der Bedarf ist groß und wird vom jeweiligen Fachlehrer ermittelt“, erklärt Michael Martin.
Während Liliane Cadoso in der Unter- und Mittelstufe eingesetzt wird, ist Eva Gollnau schwerpunktmäßig in den sechsten Klassen tätig. Ihr gemeinsames Aufgabenspektrum reicht von der Mithilfe im Unterricht über die Einzelförderung von Kindern bis hin zur Mitgestaltung von Projekten. Wenn Not am Mann ist, springen sie schon mal eine Stunde als Vertretung ein.
„Es gibt regelmäßig sogenannte freie Still-Arbeit, dann unterrichtet der Lehrer nicht, sondern lässt die Schülerinnen selbständig arbeiten. Das sind gute Gelegenheiten, um sich völlig auf ein Kind oder auch mehrere Kinder zu konzentrieren und sie gezielt zu unterstützen. Manche haben noch sprachliche Barrieren, weil sie aus einem anderen Land kommen“, sagt die 21-Jährige.
Die Unterstützung entlastet die Lehrer und kommt bei den Kindern gut an. „Ich traue mich mehr, nachzufragen, und Frau Gollnau erklärt es mir deutlich und öfter“, meint Jetesa aus der 6d. Und ihrer Klassenkameradin Aisha macht es Spaß, „weil es lockerer ist.“ Beide finden es schön, Hilfe in Deutsch und Mathe zu bekommen.
„Oft decken wir auch die Tische fürs Mittagessen ein, an dem manche Schülerinnen regelmäßig, andere nur nach Bedarf teilnehmen“, erzählt Liliane Cadoso. Bei der anschließenden Nachmittagsbetreuung, die bis 15 Uhr angeboten wird, helfen die beiden Freiwilligendienstlerinnen den Kindern bei den Hausaufgaben. Da komme es dann hin und wieder auch zu persönlichen Gesprächen. Oft gehe es um Corona und wie lästig es ist, überall Maske zu tragen, selbst jetzt wieder im Unterricht. „Manchmal kommen auch ernste Themen zur Sprache. Ich bin überrascht, was die Kinder mir anvertrauen. Mal geht es um die Scheidung der Eltern, mal macht ihnen ein Sterbefall in der Familie zu schaffen oder sie haben panische Angst vor Klassenarbeiten“, sagt Eva Gollnau und erklärt die Offenheit der Kinder damit, „dass wir altersmäßig näher an den Kindern dran sind als die Lehrer. Außerdem sind wir sozusagen außer Konkurrenz, da wir keine Noten vergeben.“
In einigen Fällen habe sie allerdings Beängstigendes gehört. Wenn das Kind einverstanden ist, gibt sie die Informationen an eine Lehrkraft weiter. „Wir stehen in engem Kontakt mit unserer Schulsozialarbeiterin Schwester Matthea, die wir dann einschalten und wenn nötig, entsprechende Maßnahmen ergreifen. Denn die Verantwortung liegt bei der Schule. Unsere Freiwilligen sollen ja nicht überfordert werden und bekommen natürlich auch Unterstützung, wenn sie etwas belastet“, sagt der stellvertretende Schulleiter.
Für die zwei jungen Frauen ist die Freiwilligen-Zeit eine gute Möglichkeit, ihren Berufswunsch zu überprüfen und dabei etwas Sinnvolles zu tun. Anders als Eva Gollnau, die sich darin bestärkt sieht, Grundschullehrerin zu werden, will Liliane Cadoso einen neuen Weg einschlagen und entgegen ihrer Ausbildung zur Sozialassistentin sich für ein Design-Studium bewerben. „Ich denke, das ist eher das Richtige für mich, auch wenn mir die Arbeit an der Schule gefällt.“ Ihre Mitstreiterin, die 2020 Abitur gemacht hat, sagt: „Für mich ist das Freiwillige soziale Jahr eine tolle Chance, den Schulalltag aus einer anderen Perspektive zu erleben.“
Michael Martin sieht in beiden eine große Bereicherung. „Sie arbeiten sehr selbständig und bringen sich mit Anregungen und eigenen Ideen ein. Leider gehen sie zum kommenden Frühjahr. Wir würden uns wünschen, dann wieder neue Unterstützung zu bekommen. Wer Interesse hat, kann sich gerne an unserer Schule melden“, sagt er und hofft, dass es nicht zu einem erneuten Lockdown samt Homeschooling kommt. „Denn es geht bei den Kindern und Jugendlichen ja nicht nur um Bildung, sondern auch um die sozialen Kontakte. Deshalb tun wir alles, um die möglichen Schutzmaßnahmen auszuschöpfen. Schließlich möchten wir alle, Schülerschaft wie Kollegium, gesund bleiben.“ (friju)