Dienstag, 25. Oktober 2022
„Weil es unfassbar ist“
Interreligiöse Gedenk-Andacht in Christ König für die Opfer der Amok-Tat vom 18. Oktober 2022
Ludwigshafen. Neun Minuten lang, genau zur Zeit der Bluttat am Dienstag vor einer Woche, läuteten in Ludwigshafen-Oggersheim und anderen Stadtteilen die Kirchenglocken, bevor die interreligiöse Gedenkfeier in der Kirche Christ König begann. Rund 200 Menschen nahmen Abschied von den beiden ermordeten jungen Männern und gedachten des schwerverletzten dritten Opfers.
„Weil es unfassbar ist – darum kommen wir jetzt zusammen. Als Trauernde. Als Erschrockene. Als Erschütterte. Als Angehörige. Als Betroffene. Als Helfende. Als Zeugen. Als Bevölkerung dieser Stadt und als interreligiöse Gemeinschaft.“ — Mit diesen Worten eröffnete Pfarrerin Kerstin Bartels, stellvertretende Dekanin des protestantischen Kirchenbezirks Ludwigshafen, die Gedenkfeier. Sie erinnerte an die Bluttat, bei der eine Woche zuvor zwei junge Männer ihr Leben verloren haben und ein weiterer schwer verletzt überlebte. „Augenzeugen und Nahestehende behalten Wunden an ihren Seelen“, sagte Bartels. Der Tod der Männer mache alle betroffen.
Einer der beiden Verstorbenen wurde in der Kirche Christ König getauft, die Eltern hatten dort geheiratet, wie Prodekan Pfarrer Josef Szuba berichtete. Die Eltern hatten seine Taufkerze mitgebracht und neben dem Taufbecken aufgestellt, „als ein Zeichen der Hoffnung“, so Szuba. Für die drei Opfer der Bluttat entzündeten Szuba und Bartels dann drei Kerzen an der Osterkerze. Der Oggersheimer Pfarrer Andreas Große und die muslimische Seelsorgerin Yildiz Ückan brachten in einem Zwiegespräch die Gefühle der Trauergemeinde zum Ausdruck, von Fassungslosigkeit und Hilflosigkeit über Wut bis zur Angst und Trauer.
Nach und nach wurden dann die Kerzen aller Trauergäste zu Dietrich Bonhoeffers „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ angezündet, bis die Kirche in ein Lichtermeer getaucht war. „Mit diesem Licht geben wir einander Hoffnung weiter. Hoffnung auf ein Miteinander in Frieden und gegenseitigem Vertrauen – hier in unserer Stadt und über alle Grenzen hinaus“, sagte Szuba. Den Abschluss der Andacht bildete ein gemeinsames Gebet der Seelsorger*innen zusammen mit Hausherr Pater Wojciech Kordas und dem Leiter der Notfallseelsorge, Pfarrer Martin Risch.
Die Andacht wurde auf Einladung der Katholischen und Evangelischen Kirche zusammen mit der Stadt Ludwigshafen mit interreligiöser Beteiligung gestaltet. Dekanatskantor Georg Treuheit begleitete die Andacht musikalisch auf der Orgel. Die Notfallseelsorger*innen standen während und nach dem Gottesdienst für Gespräche bereit.
Unter den Trauergästen waren neben Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck, zahlreichen Ortsvorsteher*innen und Vertreter*innen des Stadtrats auch die Landtagsabgeordneten Anke Simon und Marion Schneid sowie Bundestagsabgeordneter Christian Schreider. Als Vertreter der Landesregierung nahm Sozialminister Alexander Schweitzer teil, für die protestantische Landeskirche Oberkirchenrätin Marianne Wagner, für das Bistum Speyer Domkapitular Franz Vogelgesang.
Am 18. Oktober hatte den Ermittlungen zufolge ein 25 Jahre alter Somalier zwei jüngere Männer auf offener Straße in Oggersheim unvermittelt mit einem Messer angegriffen und dabei getötet. Zudem wurde ein weiterer Mann schwer verletzt. Erkenntnisse über die Tatmotive oder einen möglicherweise islamistischen oder terroristischen Hintergrund gibt es laut Staatsanwaltschaft derzeit nicht. An einem Trauerzug durch Oggersheim hatten am 23. Oktober nach Polizeiangaben mehr als 1 000 Menschen teilgenommen.
Für die Familien der Opfer hat die Stadt Ludwigshafen das „Spendenkonto Oggersheim“ eingerichtet:
Unter IBAN DE32 5455 0010 0193 9954 53 können Spenden für Angehörige und Überlebende überwiesen werden.
Text: Anette Konrad, Bild: Kath. Dekanat Ludwigshafen
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