Dienstag, 07. März 2023
„Das regt zum Nachdenken an“

Sylvie Randrianarisoa (Mitte) mit Monika Bossung-Winkler, Referentin für Globales Lernen im Bistum (rechts daneben), Weihbischof Otto Georgens (links) und Lehrkräften der BBS.
Sylvie Randrianarisoa aus Madagaskar zu Besuch in der Berufsbildenden Schule in Speyer im Rahmen der Misereor-Fastenaktion „Frau. Macht. Veränderung“
Speyer. Sylvie Randrianarisoa wuchs in ihrer Heimat Madagaskar in Armut auf. Sie hat gesehen, dass Frauen in der Gesellschaft dort nichts wert sind. Dagegen ist sie aufgestanden, ist ihren Weg gegangen und kämpft heute für die Rechte von Kindern in ihrer Heimat. Ihre Lebensgeschichte und ihre Ziele beeindruckten an vielen Stationen während eines Aufenthalts in Deutschland, der von dem katholischen Hilfswerk Misereor koordiniert wurde. Die berufsbildende Johann-Joachim-Becher-Schule (BBS) in Speyer war am Montagvormittag die Anlaufstelle einer ihrer Besuche im Bistum Speyer.
16 und 17 Jahre alt sind die Schülerinnen in der elften Klasse des Wirtschaftsgymnasiums des BBS. „In Madagaskar hättet ihr in dem Alter schon zwei oder drei Kinder“, sagt Randrianarisoa. In dem ostafrikanischen Land ist das normal. „Die Kultur in Madagaskar ist sehr patriarchalisch“, erklärt die junge Frau, die am 3. März in Frankfurt landete und seither im Bistum unterwegs ist. Ein Recht auf den eigenen Weg haben die Frauen in ihrem Land nicht. „Sie sind eher dazu da, den Männern zu dienen“, führt Randrianarisoa aus und blickt in erschrockene Gesichter.
Die gehören nicht nur den jugendlichen Damen in der Runde. Auch die Jungs sind betroffen angesichts der wahren Geschichten, die die Besucherin in eine Doppelstunde mitgebracht hat. „Es ist total krass, dass das, was bei uns selbstverständlich ist, dort nicht gilt“, meint ein Schüler. Ein anderer versichert: „Das regt zum Nachdenken an.“ Alle sind umso mehr beeindruckt von dem Weg, den Randrianarisoa aus eigener Kraft eingeschlagen hat.
Als sie zehn Jahre alt war, starb ihre Mutter; kurz darauf ihr Vater. Randrianarisoa – die älteste von fünf Geschwistern - kam in ein Waisenhaus, ging weiter zur Schule, machte Abitur. „Das war ganz und gar nicht einfach“, sagt die Rednerin. Auf Nachfrage betont sie: „Ich habe immer gekämpft um weiterzumachen. Ohne die Unterstützung eines Paten hätte ich es nicht geschafft. Er hat die Schulgebühren und meine Bücher bezahlt.“
Randrianarisoa studierte Rechtswissenschaften, machte ihren Master an der katholischen Universität Athénée Saint Joseph Antsirabe. Seit Januar 2018 ist sie Leiterin der Abteilung Kommunikation und Partnerschaften der Organisation „NGO Vozama“. Dort setzt sie sich für Kinderrechte ein. Sozial, wirtschaftlich und ökologisch soll es allen ermöglicht werden sich fortzuentwickeln.
„Sie ist das Gesicht von Vozama“, erklärt Weihbischof Otto Georgens, der im Anschluss an die Unterrichtseinheit zum Gespräch im Dienstzimmer von BBS Schulleiter Henning Vollrath gekommen ist.
Randrianarisoa konkretisiert: „Ich arbeite mit den staatlichen Stellen zusammen und verhandle mit ihnen.“ Ein Projekt hat sie mit dem 80-köpfigen Team von Vozama umgesetzt: Mit einer mobilen Gerätschaft fahren die Helfer von Ort zu Ort, um Geburtsurkunden auszustellen. Nur so können die jungen Menschen auf dem Bildungs- und Arbeitsweg weiterkommen. „Bildung ist der Schlüssel aus der Armut heraus“, unterstrich Georgens.
Angesichts ihrer eigenen Vita ist Randrianarisoa die beste Botschafterin der Misereor-Fastenaktion 2023, die unter dem Leitwort „Frau. Macht. Veränderung“ steht. Ihre Organisation ist Projektpartner des katholischen Hilfswerks Misereor in Madagaskar. Die Fastenaktion soll unterstützend wirken, dass Frauen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Wandel mitwirken. Beispiele madagassischer Frauen sollen dabei zeigen, wie Willenskraft und Stärke vorwärtsbringen. Die Fastenaktion dauert noch bis zum Osterfest.
Am fünften Fastensonntag (26. März) werden in allen katholischen Kirchengemeinden Deutschlands Spenden für Misereor gesammelt.
Auch online kann überwiesen werden. Spenden: www.fastenaktion.misereor.de/spenden oder direkt an das Spendenkonto:
IBAN: DE75 3706 0193 0000 1010 10, BIC: GENODED1PAX (Pax-Bank Aachen)
Weitere Informationen: https://fastenaktion.misereor.de/
Text/Foto: Susanne Kühner
Diese Meldung und weitere Nachrichten des Bistums wurde veröffentlicht auf der Internetseite www.bistum-speyer.de