Donnerstag, 08. Juni 2023
„Katholiken verlassen die Kirche und gehen auf die Straße“
Fronleichnamsfest in Speyer – Gottesdienst in St. Joseph – Prozession zum Dom
Speyer. Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann und Weihbischof Otto Georgens feierten mit der Dompfarrei Pax Christi in Speyer das Fronleichnamsfest. Die Feier, die unter dem Leitwort „Christus ist Hoffnung – Hoffnung braucht Hände“ stand, begann mit einem festlichen Gottesdienst in der Kirche St. Joseph, an dem auch Vertreter des Domkapitels und die Seelsorger der Pfarrei teilnahmen. Im Anschluss zogen die Gläubigen in einer Prozession durch die Gilgen- und Maximilianstraße bis vor den Dom, wo die Feier mit einer Statio mit Gebeten, Liedern, Fürbitten in mehreren Sprachen und dem sakramentalen Segen ihren Abschluss fand. Hauptzelebrant war Bischof Karl-Heinz Wiesemann. Er verwies in seiner Begrüßung darauf, dass am Fronleichnamsfest etwas von der Hoffnung sichtbar werde, die Christus den Menschen geschenkt habe. Die Predigt in St. Joseph hielt Weihbischof Otto Georgens.
„Katholiken verlassen die Kirche und gehen auf die Straße“ – mit diesem Impuls forderte Weihbischof Georgens in seiner Predigt die Gläubigen dazu auf, den Gottesdienstraum bewusst zu verlassen, um so gemeinsam eine sichtbare und spürbare Bewegung in die Kirche zu bringen. Das nach Außentreten und auf die Straße gehen sei mehr als ein symbolischer Akt, denn es zeige: „Wir kreisen nicht mehr ständig um uns selbst. Wir leben immer mehr, was Jesus vorgelebt hat. Wir bezeugen mit unserem Leben, was wir verkünden. Wir nehmen die Menschen in Not wahr“, so Georgens. In der gegenwärtigen Lage der Kirche gehe es um die Auseinandersetzung mit den Fragen „Wie gehen wir mit der Kritik von Menschen an der Kirche um?“ und „Wie können wir alle beitragen zu einer glaubwürdigen Kirche?“
Auf die Straße zu gehen und Christus im Alltag mitzunehmen und immer wieder von neuem zu suchen, bezeichnete der Weihbischof als die eigentliche Aufgabe der Gläubigen. „Die große Frage ist nicht diejenige, um die wir immer wieder kreisen: Wer darf kommen? Wer darf Christus empfangen? Die große Frage ist eine andere: Wohin sollen wir gehen? Zu wem sollen wir Christus tragen?“, sagte Georgens. An Fronleichnam „verlassen wir die Kirche St. Joseph und gehen auf die Straße – mit dem Allerheiligsten, mit Christus im Brot. Vorbei an den Menschen, durch die Menschen hindurch – denen in den Straßencafés, denen am Rand. Hindurch, zwischen denen, die uns zugeschaut haben: nicht unfreundlich, vielleicht interessiert, vielleicht distanziert – oder mit dem Gedanken: Zu denen habe ich auch einmal gehört. Oder: Mit denen möchte ich auch gehen“, beschrieb der Weihbischof den Blick von außen auf die Prozession und die Kraft, die die Gläubigen erzeugen, wenn sie als Katholiken die Kirche verlassen und sich sichtbar zeigen.
Gebete, Lieder und Texte, die bei der anschließenden Fronleichnamsprozession zum Dom gesungen und gesprochen wurden, hatte der Liturgieausschuss der Dompfarrei Pax Christi vorbereitet. Musikalisch gestalteten der Chor der Domgemeinde und der Kirchenchor St. Joseph sowie die Dombläser die Feier. Die Orgel spielte Domorganist Markus Eichenlaub, die musikalische Gesamtleitung hatte Monika Keggenhoff. Den Blumenteppich vor dem Dom hatte ein Team der katholischen jungen Gemeinde (Kjg) gestaltet.
Bischof Wiesemann dankte in seinem Schlusswort nach dem Sakramentalen Segen allen Mitwirkenden und Teilnehmenden und besonders den Kommunionkindern der Pfarrei, die den Gottesdienst mitgefeiert und an der Prozession teilgenommen hatten. Er stimmte spontan ein Geburtstagsständchen für den anwesenden Prälat Gerhard Fischer an, der an diesem Tag seinen 85. Geburtstag feierte. Zum Abschluss des Fronleichnamsfestes lud die Dompfarrei Pax Christi zur Reunion im Hof des Klosters St. Magdalena ein.
Fronleichnam
Die Bezeichnung „Fronleichnam“ stammt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet so viel wie "Herrenleib". Der offizielle liturgische Name lautet "Hochfest des Leibes und Blutes Christi". 1264 führte Papst Urban IV. das Fest aufgrund der Visionen von Juliana von Lüttich für die gesamte katholische Kirche ein. Seitdem gedenken die Gläubigen alljährlich am zweiten Sonntag nach Pfingsten der Einsetzung des Altarsakraments. Besonders beliebt waren die seit 1273 stattfindenden Sakramentsprozessionen, bei denen eine gewandelte Hostie feierlich durch Straßen und Felder getragen wurde. Besonders in der Diaspora oder in Zeiten religiöser Unterdrückung erlebten und erleben Katholiken diesen Tag als identitätsstiftendes Fest ihres Glaubens.
Fotos: Klaus Landry
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