Donnerstag, 21. Februar 2019
Marlies Kohnle-Gros eröffnete die Veranstaltung, Bischof Dr. Wiesemann sprach das abrundende Schlusswort.
Eine klare Ablehnung „plakativer Aussagen“ formulierte Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann bei der Podiumsdiskussion der Bischöflichen Stiftung für Mutter und Kind mit dem Thema: „Wie schützen wir den Lebensschutz?“ Er sagte: „Es gibt in der Debatte um den Schwangerschaftsabbruch ganz klare Grenzen, aber einen großen Raum dazwischen.“
Eine Grenze sei da zu ziehen, wo sich die Ablehnung von Abtreibung mit völkischem Gedankengut verbindet „denn das richtet sich gegen die einzigartige Würde eines jeden Menschen!“ Die andere Grenze sei da erreicht, wo bestritten wird, dass ungeborenes Leben schützenswert ist.
Dr. Thomas Steinforth, Bildungsreferent im Heinrich Pesch Haus, moderierte die Veranstaltung und nannte als eine wichtige Frage des Abends: „Wie können wir unsere christliche Position zum Thema Lebensschutz so in die Gesellschaft einbringen, damit sie auch von Nicht-Christen gehört und angenommen werden kann? Und wie können wir damit umgehen, dass unsere Haltungen von bestimmten politischen Kräften vereinnahmt werden?“
Denn diese Gefahr ist gegeben, wie die Juristin und Autorin Dr. Liane Bednarz anhand zahlreicher Beispiele belegte: Rechte Parteien und Gruppierungen übernähmen die christliche Position zum Schutz des ungeborenen Lebens und verknüpften sie mit völkischem Gedankengut, „weil Abtreibung dem Erhalt des deutschen Volkes schadet“. Für Christen, so die Überzeugung Bednarz´, sei diese Vereinnahmung schlimm, weil sie die Würde eines jeden Menschen aberkenne. Umso schlimmer sei es, dass sehr konservative Menschen diesen Politikern oft vertrauten, die scheinbar ihre Haltung vertreten – und dabei ausblenden, dass sie in anderen Fragestellungen eine sehr menschenverachtende Haltung einnehmen.
Die Moraltheologin Prof. Dr. Monika Bobbert ging in ihren Ausführungen unter anderem auf die jüngste Debatte um das Werbeverbot für Abtreibungen ein. Den selbst ernannten Lebensschützern warf sie vor, es gehe ihnen nicht um den Schutz des ungeborenen Lebens, sondern darum, Menschen zu kriminalisieren und zu diffamieren, wenn sie Praxen und Beratungsstellen belagern und Menschen unter Druck setzen. „Das ist keine ethisch geführte Debatte!“, betonte sie. Ein wichtiger ethischer Grundsatz laute: „Kein Sollen ohne Können.“ Deshalb müsse man in der Entscheidung über eine Abtreibung den gesamten Kontext betrachten und alle Betroffenen wahrnehmen.
Das „christliche Proprium“ brachte Prof. Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer ein. Die Lehrstuhlinhaberin für Christliche Gesellschaftslehre stellte zunächst fest, dass die Kirche sich mitten in der Welt bewege und keine „Parallelgesellschaft“ bilde. Sie habe aber kein politisches, sondern ein „humanes Mandat“, dürfe sich weder vereinnahmen lassen noch sich aus wichtigen Debatten heraushalten. Christen müssten sich an den Menschen orientieren, an ihren Sorgen und Anfragen. Was die christliche Kirche darüber hinaus zu bieten habe, sei die Hoffnungsperspektive. Hoffnung, so Nothelle-Wildfeuer, erziehe zu der Gelassenheit, die Unvollkommenheit menschlichen Lebens zu akzeptieren, sie führe zum Heil durch Versöhnung und Vergebung, fördere eine sensible Wahrnehmung für Menschen, die leiden und kaum mehr einen Ausweg sehen, und befähige zu Solidarität.
Die Moraltheologin Bobbert griff diesen Gedanken auf und verwies auf die Aufgabe von Beratungsstellen: Christliche Hoffnung bestehe darin, zuzugeben, dass Menschen alleine nicht alles tun können, sondern Manches geschehen lassen und wagen sollen. Beraterinnen und Beratern käme dann die Aufgabe zu, das Spektrum der Alternativen zu erweitern. Das gelte übrigens auch in Fragen der pränatalen Diagnostik: „Es geht hier um die Frage der Einstellung zu beschädigtem Leben, auch dazu brauchen Eltern Hoffnung“, betonte sei. Und sie seien sehr abhängig von der Einstellung ihres Umfeldes. „Die Angstprediger wenden sich genau gegen diese christliche Hoffnung“, erklärt auch Liane Bednarz: „Das ist ihr Rezept.“
Das Stichwort „Hoffnung“ griff auch Bischof Wiesemann in seinem Schlusswort auf. Lebensschutz sei deshalb christlich, weil er die Menschwerdung Gottes und daraus resultierend die Annahme eines jeden Menschen durch Gott ins Zentrum stelle. Er forderte in der Debatte „keinen christlichen Sonderweg“, sondern eine menschliche Gesellschaft, in der der Mensch im Mittelpunkt steht. Aufgabe der Kirche sei ein entschiedenes Eintreten auch für das Unvollkommene, das Scheitern und die Auseinandersetzung mit dem Dramatischen – und der Schutz derer, die sich selbst nicht schützen können.
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