Ludwigshafen
Dekanat Ludwigshafen

Montag, 18. November 2024

Ein Zeichen für Mitmenschlichkeit

In den ersten beiden Dezemberwochen findet in der protestantischen Jugendkirche wieder die KinderVesperKirche statt.


Alle Kinder sollten die gleichen Chancen auf ein gutes Leben haben, doch die Realität sieht anders aus. Kinderarmut nimmt zu. Darauf macht die Protestantische Kirche für Ludwigshafen mit ihrem Projekt KinderVesperKirche aufmerksam – solange, wie es Kinderarmut gibt. Zumindest einen Tag lang dürfen Schülerinnen und Schüler hierbei ihren Alltag vergessen und gleichermaßen an allen Angeboten teilhaben. Dieses Jahr ist zum ersten Mal die Erich-Kästner-Grundschule zu Gast. 

In der KinderVesperKirche ist es egal, was sich Eltern leisten können. Hier sind alle Kinder willkommen. „Wir wollen die Kinder mit einem Tag Sorglosigkeit beschenken“, sagt Stadtjugendpfarrerin Florentine Zimmermann. Sie leitet die Organisation des großen Projekts, an dem mehrere hundert Menschen beteiligt sind. Die Kinder bekommen ein Drei-Gänge-Menü serviert und können anschließend in Workshops gemeinsam spielen und Spaß haben. „Uns ist klar, dass die KinderVesperKirche die Not kaum lindern kann“, räumt Florentine Zimmermann ein. „Aber Jahr für Jahr wollen wir ein Zeichen setzen und die Politik darauf hinweisen, dass sich Kinderarmut weiter verschärft und mehr dagegen getan werden muss.“

„Das gesellschaftliche Klima wird rauer“, stellt Dekan Paul Metzger fest. „Deshalb ist es wichtig, Zeichen der Mitmenschlichkeit und der Nächstenliebe zu setzen. Das ist in meinen Augen eine zentrale Aufgabe unserer Kirche. Wenn wir für einzelne Kinder etwas Gutes tun, dann lohnen sich unsere Anstrengungen. Denn im Matthäus-Evangelium heißt es: ,Was ihr für einen meiner Brüder oder eine meiner Schwestern getan habt – und wenn sie noch so unbedeutend sind –, das habt ihr für mich getan.‘“


Armut berührt alle Lebensbereiche


In diesem Jahr sind die Mädchen und Jungen der Erich-Kästner-Schule eingeladen, eine Grundschule in der Ludwigshafener Innenstadt. Ihr Einzugsgebiet liegt zwischen den maroden Hochstraßen Nord und Süd, dem Rhein und dem Hauptbahnhof. Hier leben viele unterschiedliche Menschen, was sich in der Grundschule spiegelt. Kinder aus über 40 Nationen lernen hier.

Die Sprache und die Regeln in Deutschland stellen Zugewanderte vor Herausforderungen. Ob Frühstück oder Material: Eltern wissen manchmal nicht, was ihre Kinder für den Schulbesuch benötigen. In diesen Fällen suchen die Lehrkräfte den Kontakt, beraten und unterstützen die Familien. Als so genanntes Familiengrundschulzentrum ist die Elternarbeit an der Erich-Kästner-Schule besonders intensiv.

Die Familien leben teilweise in sehr schwierigen finanziellen Verhältnissen, ein Großteil bezieht Sozialleistungen. Damit einher geht die Wohnsituation. „Über die Jahre ist die Einwohnerzahl in der Innenstadt stetig gestiegen, allerdings nicht das Platzangebot“, schildert Christoph Timmerhues, der stellvertretende Schulleiter an der Erich-Kästner-Schule. „Die Wohnungen sind teilweise klein und dennoch leben größere Familien darin. Nicht jedes Kind hat ein eigenes Zimmer oder ein eigenes Bett.“

In diesem Stadtgebiet gibt es zwar ein paar Spielplätze, aber so gut wie keine freien Flächen zum Toben oder Fußball spielen für größere Kinder. „Insofern ist ein ,Rauskommen‘ für die Kinder eine willkommene Abwechslung“, meint Timmerhues. Die Schule hat das Angebot sofort angenommen. „In der KinderVesperKirche bekommen unsere Kinder eine Mahlzeit, die mit Liebe zubereitet wird. Sie können so viel essen, wie sie möchten. Sie erleben Gemeinschaft mit Freunden, eine sinnvolle Beschäftigung und erweitern ihren Horizont räumlich und gedanklich“, sagt er.

Rund 630 Kinder zu Gast

Die Erich-Kästner-Schule ist die größte Grundschule in Rheinland-Pfalz. Rund 630 Kinder besuchen sie, die Jahrgänge teilen sich in sieben bis acht Klassen auf. Die KinderVesperKirche freut sich auf die vielen Gäste. Vom 2. bis 12. Dezember empfängt sie pro Tag zwischen 61 und 90 Mädchen und Jungen. Die Organisation ist nach zehn Jahren eingespielt, das Projekt kann auf treue Spender und Sponsoren und eine stabile Gruppe von Ehrenamtlichen bauen.

Hauptsponsor bleibt der Verein „Adler helfen Menschen“, andere wichtige Unterstützer sind Odenwald-Quelle und die Bäckerei Schirmer. Das Zubereiten des Menüs teilen sich wieder Ehrenamtliche und eine Gastro-Klasse der Berufsbildenden Schule Technik 2. Sie werden über 1000 Portionen kochen, denn auch die anwesenden Erwachsenen bekommen etwas in den Magen. Den Service übernehmen Mitarbeitende von Unternehmen wie BASF und ICL sowie Klassen der Karolina-Burger-Realschule plus, der IGS Edigheim und der Berufsbildenden Schule Technik 2. Die Workshops planen und leiten wie gewohnt angehende Erzieherinnen und Sozialassistenten der Anna-Freud-Schule/Berufsbildende Schule für Sozialwesen,
Gesundheit und Hauswirtschaft.

Zwei Wochen lang fröhliche Gesichter

So läuft ein Tag in der KinderVesperKirche ab: Nach dem Unterricht kommen die Kinder in die Protestantische Jugendkirche in Ludwigshafen-Süd. Sie nehmen an langen Tafeln Platz und bekommen Salat, Nudeln mit Tomatensoße und ein Dessert. Das Essen beachtet die Speisevorschriften der verschiedenen Religionen und ist als vegane Variante möglich. Nach dem Mittagessen darf jedes Kind zwei Workshops besuchen. Zur Wahl stehen unter anderem Backen, Basteln, Schmuck herstellen, Tanzen oder Völkerball spielen. „Es wird wild und bunt und trubelig und toll“, freut sich die Stadtjugendpfarrerin.

Den Schlusspunkt setzt ein großes Fest für die Familien und alle aus dem Dichter-Quartier im Stadtteil Süd. Es findet am Freitag, 13. Dezember, 15 bis 18 Uhr, in und um die Protestantische Jugendkirche statt. Das Fest wird wieder in Kooperation mit der Berufsbildenden Schule Technik 2 gestaltet, die für das leibliche Wohl sorgt. „Ein Posaunenchor spielt und der Nikolaus kommt“, verspricht Florentine Zimmermann. Sie hofft auch wieder auf eine Autogrammstunde mit Spielern der  Mannheimer Adler. Dank der Sponsoren ist das Familienfest ebenfalls kostenfrei.

Angebot über den Aktionszeitraum hinaus

Nach der letzten KinderVesperKirche hat das Team die Schillerschule weiter unterstützt. Einmal im Monat gestaltete es mit Kooperationspartnern dort einen besonderen Nachmittag: Vereine, Initiativen und Organisationen stellten ihre Angebote vor und lieferten Lunch-Pakete. „Das kam gut an“, sagt die Stadtjugendpfarrerin. „Aber wir besitzen nicht genügend Personal, um das Angebot dauerhaft fortzusetzen“, bedauert sie. Dennoch will das Projekt KinderVesperKirche am regelmäßigen Kontakt zu den Kindern festhalten und über den eigentlichen Aktionszeitraum hinaus einen Anlaufpunkt bieten.

Daher lädt es Kinder zu Bastel-Samstagen ein, die einmal im Monat stattfinden. Zwei Stunden wird gespielt und gebastelt, dann gibt es Nudeln mit Tomatensoße. Die Bastel-Samstage sollen nicht nur in der Protestantischen Jugendkirche, sondern an verschiedenen Orten in Ludwigshafen angeboten werden.


Hintergrund

Die KinderVesperKirche sieht sich als Anwältin für Kinder, die am Rand der Gesellschaft stehen, weil sich ihre Familien eine Teilhabe nicht leisten können. Diese Teilhabe will die KinderVesperKirche ermöglichen. Sie will ein Zeichen für Chancengleichheit und Mitmenschlichkeit setzen - und gegen Kinderarmut vor der eigenen Haustür. Deshalb lädt die Protestantische Jugendkirche einmal im Jahr ein oder zwei Grundschulen aus ihrer Nachbarschaft zu sich ein. So kann jedes Kind aus diesen Schulen während seiner Grundschulzeit mindestens einmal das Angebot nutzen. Eingeladen werden Mädchen und Jungen aus der Albert-Schweitzer-Schule, der Brüder-Grimm-Schule, der Wittelsbachschule (alle Ludwigshafen-Süd), der Schillerschule (Ludwigshafen-Mundenheim) und nun aus der Erich-Kästner-Schule (Ludwigshafen-Mitte). Alle Kinder sind hier willkommen - egal ob arm oder reich, Christ oder Muslima, hier geboren oder nicht. Die KinderVesperKirche findet 2024 zum 11. Mal statt.


Unterstützende

• Adler helfen Menschen e.V.
• Odenwald-Quelle
• Bäckerei & Konditorei Schirmer, Ludwigshafen-Süd
Mitwirkende
• Anna-Freud-Schule - Berufsbildende Schule für Sozialwesen, Gesundheit und
Hauswirtschaft
• Berufsbildende Schule Technik 2
• Erich-Kästner-Schule
• Karolina-Burger-Realschule plus
• IGS Edigheim
• Gemeindepädagogischer Dienst Ludwigshafen
• Evangelische Jugend Ludwigshafen

Spendenkonto

Das Projekt KinderVesperKirche Ludwigshafen freut sich über finanzielle Unterstützung.

Protestantischer Kirchenbezirk Ludwigshafen
Sparkasse Vorderpfalz
IBAN DE43 5455 0010 5001 1206 73
Stichwort: KinderVesperKirche LU

Text und Bild:  Prot. Dekanat LU/Wagner
 

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