Sonntag, 25. September 2022
Hospizbegleiter*innentag im Heinrich Pesch Haus
Ludwigshafen. Sie sind Wegbegleiter*innen für schwerkranke und sterbende Menschen: Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleiter. Als kleines Dankeschön für die intensive ehrenamtliche Arbeit lädt die Ökumenische Hospizhilfe Pfalz/Saarpfalz einmal im Jahr alle Hospizbegleiter*innen zu einem Hozpizbegleiter*innentag ein. In diesem Jahr referierte Prof. Christian Lob-Hüdepohl über Selbstbestimmung.
Am Samstag, 24. September 2022, war es wieder soweit. Rund 90 ehrenamtliche Hospizbegleiter*innen aus der ganzen Pfalz und dem Saarland waren im Ludwigshafener Heinrich Pesch Haus zu ihrem jährlichen Treffen zusammengekommen. „Genau hierhin passt der Hospizbegleiter*innentag auch“, sagte der Vorsitzenden des Caritasverbandes für die Diözese Speyer, Domkapitular Karl-Ludwig Hundemer, in seiner Begrüßung. Er verwies auf den Namensgeber des Hauses, den Jesuitenpater Heinrich Pesch, der als Begründer des Solidaritätsprinzips gelte und christliche Ethik lehrte. „Wir sind zur Mitarbeit am Reich Gottes berufen und jetzt ist der Moment, auf den es ankommt“, sagte Hundemer in seiner geistlichen Besinnung. Jetzt gelte es, Hass und Hetze etwas entgegenzusetzen, damit es nicht irgendwann zu spät sei.
Es folgte das Referat von Professor Dr. Christian Lob-Hüdepohl, der über Selbstbestimmung sprach – ein Thema, das aktuell in aller Munde ist. Der Professor für Theologische Ethik an der Katholischen Hochschule in Berlin ist Mitglied des Deutschen Ethikrates. „Selbstbestimmung ist ein moralisches Hochwertwort“, begann er seinen Vortrag. Es sei wie Gerechtigkeit, Menschenwürde oder Nachhaltigkeit ein Begriff, der eine hohe Bedeutsamkeit signalisiere, dessen Akzeptanz nicht hinterfragt werde. „Es sind Containerbegriffe – man weiß oft nicht mehr, was sie bedeuten“, sagte der Professor.
Daher ging er zunächst der Frage nach, was Selbstbestimmung konkret für die Begleitung von Menschen am Ende ihres Lebens bedeutet, in einer außergewöhnlichen Lebenslage und Situation. Dabei nahm er auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Recht auf Selbsttötung in den Blick: „Das Recht auf Selbsttötung entspricht unmittelbar den Persönlichkeitsrechten des Menschen. Das Recht auf Selbstbestimmung schließt das Recht auf Selbsttötung ein“, erklärte er das Urteil.
Selbstbestimmung sei ein „Signalwort des Selbstverständnisses moderner Menschen“. Lob-Hüdepohl warnte vor einer Verwechslung von Autonomie und Autarkie. „Autonomie bedeutet gerade nicht Bindungslosigkeit. Das ist ein großes Missverständnis. Autonomie meint die selbstgestaltete, selbstverantwortete Lebensführung inmitten von Beziehungen zu anderen“, erläuterte er. „Beziehungen sind ganz wichtig für ein autonomes Leben“.
Gerade im hospizlichen Kontext bedeute eine Begleitung nicht den Verlust von Autonomie, sondern Menschen geben sich ganz bewusst in die Obhut eines Hospizes. Auch in dieser Lebenssituation gebe es Räume, in denen Menschen selbst entscheiden und gestalten können. „Das ist die große Aufgabe von Ihnen, solche Räume erlebbar zu machen“, rief er den Hospizbegleiter*innen zu. Eine freiverantwortliche Selbstbestimmung setze allerdings voraus, dass die Menschen wissen, was sie mit ihren Entscheidungen bewirken. Dabei maß er Gesprächen eine wichtige Rolle bei, damit sich die Menschen über die Motive ihres Lebens klar werden können. „Dass wir uns besprechen, beratschlagen und beraten, gehört zu jeder Form von Selbstbestimmung dazu“. Gerade da komme den Hospizbegleiter*innen eine wichtige Aufgabe zu: „Sie sind so wichtig für die Gespräche über Leben und Tod. Sie haben eine Wichtige Aufgabe – den Menschen in Gesprächen zu einer Selbstbestimmung zu verhelfen. Sie dienen dazu, Räume des Nachdenkens zu eröffnen.“
Das Gehörte vertieften die Teilnehmenden am Nachmittag dann in verschiedenen Workshops. „Es ist ein Tag nur für mich“, zog Margit Sattel ein positives Resümée. Das Thema Selbstbestimmung interessiere sie nicht nur für die hospizliche Arbeit, sondern auch persönlich: „Ich komme mir manchmal wie eine Marionette vor, die an Fäden hängt“. Die Otterstädterin ist seit 2017 im ambulanten Hospizdienst Schifferstadt engagiert – wie auch ihre Kollegin Beate Jesberger. Diese freute sich vor allem darauf, neue Kontakte zu knüpfen und sich mit anderen Ehrenamtlichen auszutauschenl. Leider, so bedauerten beide, haben sie aufgrund der Pandemie momentan nur wenig Begleitungen.
Der Nebentisch war fest in Saarländer Hand, wie das Team der Hospizgruppe Mandelbachtal scherzte. Edeltraud Ruffing freute sich schon auf den Feldenkrais-Workshop am Nachmittag, vom dem sie sich neue Erkenntnisse auch für sich erhoffte. Über den regelmäßigen Hospizbegleiter*innentag freute sie sich sehr: „Ich fühle mich wertgeschätzt“, dankte sie den Verantwortlichen. Gerne nutzten die Teilnehmenden auch den Büchertisch von Irene Scheike vom Hospizverein Zweibrücken, die den Austauschtag schon seit vielen Jahren bereichert.
Die Hospizbegleiter*innen können sich schon jetzt auf den Hospizbegleiter*innentag im kommenden Jahr freuen. Daniela Ball-Schotthöfer, Geschäftsführerin der Ökumenischen Hospizhilfe Pfalz/Saarpfalz, nannte den Termin: Er findet am 16. September 2023 statt.
Text und Fotos: Dr. Anette Konrad für den Caritasverband für die Diözese Speyer
Bildunterschrift:
Prof. Christian Lob-Hüdepohl und Pfarrerin Jung und Domkapitular Hundemer. Jung und Hundemer sind im Vorstandsmitglieder der Ökumenischen Hospizhilfe Pfalz/Saarpfalz.
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